Podcaster
Episoden
17.09.2025
56 Minuten
In dieser Episode von Carl & Company geht es um die
Verführungskraft der Oberfläche: Der britische Kunsthistoriker
und Autor James Cahill führt uns mit seinem neuen Roman The
Violet Hour in jene Zwischenräume der modernen Kunst, in denen
das schillernde Sichtbare mehr sagt als jede tiefere Botschaft.
Oberflächen, so zeigt Cahill im Gespräch mit Host René
Freudenthal, sind nie bloß Fassade: Sie sind Membran, Schwelle,
Verheißung – das Erste, was uns anzieht, und vielleicht auch das
Letzte, was nach dem Verklingen aller Inhalte am Ende
übrigbleibt. Cahills raffinierte kunsthistorische Erzählung
entfaltet sich vor unseren Augen wie ein Lichtwechsel: präzise in
der Analyse, doch zugleich schwebend, tastend, immer im
Bewusstsein, dass Bilder ihr Geheimnis im Sichtbaren bergen. Als
zweite Stimme hören wir die Künstlerin und Kuratorin Lorena Juan,
die in diesem Jahr die Freiburger Biennale kuratiert hat. Hier
begegnet uns die Oberfläche nicht in der Stille des Museums,
sondern im öffentlichen Raum, wo Kunst exponiert und ausgestellt
ist, sichtbar, verletzlich, durchdrungen vom Blick der
Passant:innen. So entsteht ein transatlantisch inspiriertes
Gespräch über das Schimmern der Moderne, über Oberflächen, die
locken, täuschen oder einfach nur glänzen – und über die Frage,
ob Tiefe ohne Oberfläche überhaupt denkbar ist.
Shownotes:
James Cahill: "The Violet Hour"
Moderation & Redaktion: René Freudenthal
Produktion & Mitarbeit: Hanna Langreder
Original-Logo zum Podcast: Simon Krause
Original-Musik zum Podcast: Edward Fernbach
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29.07.2024
59 Minuten
Nur wenige prägende Persönlichkeiten der amerikanischen Politik
haben mehr gesehen – und oft auch: weniger dazu gesagt – als Mitt
Romney. Als ausgesprochener Dissident in Donald Trumps Partei hat
er in den letzten Jahren im US-Senat Schlagzeilen gemacht, weil
er allein sich gegen die „MAGA“-Fraktion positioniert hat – gegen
Politiker:innen, von denen er glaubt, dass sie die Partei, die er
2012 noch als Präsidentschaftskandidat angeführt hat, vergiften.
Romney war der erste Senator in der US-Geschichte, der für die
Amtsenthebung eines Präsidenten seiner eigenen Partei stimmte.
Als die Anhänger:innen dieses Präsidenten das US-Kapitol
stürmten, hielt Romney eine donnernde Rede im Senat, in der er
seine republikanischen Kolleg:innen beschuldigte, diesen Aufstand
geschürt zu haben. Trotz solcher Momente des Mutes hat Romney nur
sehr wenig darüber erzählt, was er in seinen drei Jahrzehnten in
der Politik hinter den Kulissen gesehen hat – in den
Hinterzimmern der Republikaner und bei Fraktionsmittagsessen, bei
seinen intimen Treffen mit Donald Trump und seiner Familie, bei
seinen Begegnungen mit John McCain, George W. Bush, Barack Obama,
Joe Biden, Mitch McConnell, Joe Manchin und Kyrsten Sinema. Erst
dem Journalisten McKay Coppins („The Atlantic“) bot Romney
Einblicke in seine privatesten Gedanken: Seine Biografie „Romney:
A Reckoning“ basiert auf dutzenden Interviews mit dem
mormonischen Multimillionär aus Utah, der sich ganz anders zeigt,
als wir ihn in seiner Kampagne gegen Barack Obama vor 12 Jahren
kennenlernten – das bisher letzte Mal, das ein konservativer
US-Präsidentschaftskandidat nicht Donald Trump hieß. Coppins
erzählt uns, wie Romney heute über seine Karriere und die
Radikalisierungsgeschichte seiner Partei im 21. Jahrhundert denkt
– und worüber sich Romney mit Präsident Biden auf dem Golfkurs
austauscht, der ihm ein später persönlicher Freund geworden ist.
Danach sortieren wir mit Arthur Landwehr, von 1999 bis 2006 und
2018 bis 2022 Hörfunk-Auslandskorrespondent für die ARD aus
Washington, D.C. und Autor des Sachbuch-Bestsellers „Die
zerrissenen Staaten von Amerika“ die aktuelle Aufstellung der
„GOP“ – „MAGA“-Märtyrer Donald Trump und sein Vize-Kandidat J.D.
Vance.
Shownotes:
McKay Coppins - "Romney: A Reckoning"
Arthur Landwehr - "Die zerrissenen Staaten von Amerika"
Moderation & Redaktion: René Freudenthal
Produktion & Mitarbeit: Hanna Langreder
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Original-Musik zum Podcast: Edward Fernbach
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19.02.2024
1 Stunde 6 Minuten
Vom Gazastreifen aus drangen am 07. Oktober 2023 Terroristen der
militant-islamistischen Hamas nach Israel ein und brachten mehr
als 1.300 Menschen um, vorwiegend Zivilist:innen. Es war die
bislang blutigste Terrorattacke auf israelischem Boden und das
schlimmste Blutbad an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust. Noch
am gleichen Tag begann Israel mit Luftangriffen auf den
Gazastreifen. Wieder einmal ist der Landstrich zum Ausgangspunkt
für einen Krieg geworden. Der zugrundeliegende Konflikt und seine
Ursachen reichen jedoch weit über Gaza hinaus – und Jahrhunderte,
wenn nicht Jahrtausende zurück. In einem Dauerzustand der uns
umgebenden Polykrise – von Corona über Ukraine bis Inflation und
Klimakrise – scheint dieser erneute Nahostkonflikt der Tropfen zu
sein, der in der deutschen Gesellschaft das Fass zum Überlaufen
bringt. Seit Monaten tobt der Deutungskampf um diese
entsetzlichen Entwicklungen auch bei uns in der Öffentlichkeit.
Eine breite Debatte um einen neuen oder vielleicht auch nur
plötzlich sehr viel sichtbareren Antisemitismus beschäftigt das
Land, von dem in den 1940er Jahren der Holocaust ausging und
Europas jüdische Bevölkerung beinahe auslöschte. Emily Tamkin ist
eine der profiliertesten jungen jüdischen Stimmen in der
US-Medienlandschaft und hat auch schon zwei Bücher zum Thema
vorgelegt – „The Influence of Soros“ und zuletzt „Bad Jews“. Sie
schreibt für die „Washington Post“, „Slate“ und „Foreign
Affairs“. Mit ihr sprechen wir über den Blick von Amerikas
jüdischer Community auf den Nahostkonflikt. Danach unterhalten
wir uns mit Julia Wolrab, seit 2020 wissenschaftliche Leiterin
des Dokumentationszentrums Nationalsozialismus Freiburg, über die
Sicht einer Historikerin der NS-Zeit auf den Resonanzraum des
Gazakriegs in Deutschland – und wie die aktuellen
Demokratieproteste gegen Rechtsextremismus ins Bild passen. Ein
Disclaimer: Zwischen den beiden Gesprächen sind einige Wochen
vergangen – die Themen, über die wir uns unterhalten, bleiben
aber dennoch über das Tagesgeschehen hinaus relevant.
Shownotes:
"Bad Jews" - Emily Tamkin
Moderation & Redaktion: René Freudenthal
Produktion & Mitarbeit: Hanna Langreder
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11.09.2023
50 Minuten
Eine schrill pinke Puppenhaus-Komödie als aberwitziges
Milliardengeschäft und Popkultur-Dampfwalze: In Regisseurin Greta
Gerwigs gleichnamigem, Rekorde aller Art brechenden Kinofilm
spaziert die berühmteste Spielzeugpuppe der Welt, Barbie – die
schon ein Girlboss war, als dieser Begriff noch nicht erdacht war
– hinaus aus den Kinderzimmern und deren imaginärem Barbieland
und hinein in eine echte Welt, in der ihr seit Jahrzehnten von
feministischen Fangirls der rosarote Teppich ausgerollt wird.
Oder irrt sich Barbie (Margot Robbie) da etwa – und
Spielzeughersteller Mattels gertenschlanke Plastik-Ikone steht
heute gar nicht mehr für die Befreiung der modernen Frau? Mit
ordentlich Selbstironie und knallbunten Sets wurde Barbie zum
populärsten Film des Jahres, zum Marketing-Phänomen, zu einem der
selten gewordenen Kinofilme, die man einfach gesehen haben muss,
um mitreden zu können. Aber was hat Barbie denn bloß mit der
biblischen Sündenfallgeschichte, mit Adam und Evas Vertreibung
aus dem Paradies zu tun? Alissa Wilkinson, Senior Culture Writer
& Critic bei „Vox“, Dozentin am King‘s College in New York
City und Sachbuchautorin („How to Survive the Apocalypse:
Zombies, Cylons, Faith, and Politics at the End of the World“)
erklärt uns die erstaunlichen Querverweise von Gerwigs
ultimativem Kassenschlager auf eine der einflussreichsten
Urerzählungen der Zivilisation überhaupt. Es geht aber natürlich
ebenso um Feminismus, amerikanischen Turbokapitalismus – und ein
ganz kleines bisschen auch um Ken. Danach unterhalten wir uns mit
unserer Sprachkursleiterin für Erwachsene Ashley Matthäus, die
ihren Master in Visual Anthropology gemacht hat, unseren
Filmemacher-Club „Schurz Shorts“ leitet und einen „Next Cohen
Brothers’ Award“ gewann, über ihre Sicht auf Barbie als cinephile
Amerikanerin.
Shownotes:
"In the beginning, there was Barbie" von Alissa Wilkinson.
Moderation & Redaktion: René Freudenthal
Produktion & Mitarbeit: Hanna Langreder
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Original-Musik zum Podcast: Edward Fernbach
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15.05.2023
1 Stunde 5 Minuten
Wir erkunden diesmal, wie die Geschichten, die wir uns über
psychische Erkrankungen selbst erzählen, ihren Verlauf in unserem
Leben – und in unserem Wesenskern – prägen können: Die „New
Yorker“-Starjournalistin Rachel Aviv schreibt in „Strangers to
Ourselves: Unsettled Minds and the Stories That Make Us“ über
Menschen, die an die Grenzen psychiatrischer Erklärungen für ihre
von der neurotypischen ‚Normalität‘ abweichenden Identität
gestoßen sind. Sie folgt einer als Heiligen gefeierten Inderin,
die in Heilungstempeln in Kerala religiöse Erfüllung sucht; einer
wegen Kindstötung inhaftierten afroamerikanischen Mutter, die um
die Vergebung ihrer Familie ringt, nachdem sie sich von einer
Psychose erholt hat; einem Mann inmitten der „Midlife Crisis“,
der sein Leben der Rache an seinen Psychoanalytikern widmet; und
einer jungen Frau aus wohlhabenden Verhältnissen, die nach einem
Jahrzehnt, in dem sie sich völlig über ihre Diagnose definiert
hat, beschließt, ihre Medikamente abzusetzen – weil sie ohne
Pillen nicht mehr weiß, wer sie eigentlich ist. Durchdrungen von
ihrem tiefen Sinn für Empathie wird Avivs Erkundung des
Innenlebens durch ihren eigenen Bericht darüber bereichert, wie
sie im Alter von gerade einmal sechs Jahren mit einer
Magersuchtsdiagnose ins Krankenhaus kam und eine Mitpatientin
traf, die ihr zur Doppelgängerin wird – bis sich ihre Lebenswege
und Selbstfindungen wieder trennen, auf radikale Weise. Danach
unterhalten wir uns mit Dr. Ismene Ditrich, Funktionsoberärztin
und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an der
Freiburger Universitätsklinik und Co-Host des Podcasts „Jung und
Freudlos“, über ihre praktische Arbeit als Medizinerin sowie
Vermittlerin von psychiatrischen Themen und wie sie damit umgeht,
dass vieles in ihrem Feld immer in Bewegung bleibt.
Shownotes:
"Strangers to Ourselves - Unsettled Minds and the Stories that
Make Us" - Rachel Aviv
Moderation & Redaktion: René Freudenthal
Produktion & Mitarbeit: Hanna Langreder
Original-Logo zum Podcast: Simon Krause
Original-Musik zum Podcast: Edward Fernbach
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Über diesen Podcast
„Carl & Company“ – das ist der transatlantische Podcast des
Carl-Schurz-Hauses, Insidern auch bekannt als das
Deutsch-Amerikanische Institut in Freiburg. Alle paar Wochen packen
wir hier zwei Gespräche zu einem gemeinsamen Thema in eine pralle
Folge: Eins mit einem amerikanischen Autor oder einer Autorin,
einem Experten oder einer Expertin aus den USA oder auch einer
Künstlerin oder einem Künstler von der anderen Seite des großen
Teichs. Wir laden ein, mit wem wir schon immer einmal über „Pod und
die Welt“ sprechen wollten, und probieren einen Rundumschlag. Das
andere mit einer spannenden, schlagfertigen Person vor Ort, die
dazu Stellung bezieht, eigene Eindrücke mitbringt und mit Moderator
René Freudenthal thematisch den „Sack zuschnürt“, wie man so schön
schnöde sagt. Transatlantisch, transzendental, tragikomisch und ab
und an vielleicht auch mal tanzbar – so sollen die Gespräche von
„Carl & Company“ sein.
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