"A House of Dynamite": Wenn Kontrolle zur Illusion wird

"A House of Dynamite": Wenn Kontrolle zur Illusion wird

51 Minuten
Podcast
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Texte, Kritiken und ein wöchentlicher Podcast über Kino, Erinnerung und die Magie der Bilder - zwischen VHS-Nostalgie, Streaming-Gegenwart und dem, was Film in uns auslöst.

Beschreibung

vor 1 Monat

Kathryn Bigelow ist zurück. Und sie tut das mit einem Film, der
wieder dort ansetzt, wo sie schon in “Zero Dark Thirty” oder “The
Hurt Locker” glänzte: an der Grenze zwischen Macht und
Zusammenbruch. In “A House of Dynamite” wird das Undenkbare wahr.
Eine atomare Bedrohung steht im Raum, niemand weiß genau, woher
sie kommt oder wie sie aufgehalten werden kann. Während in
Washington die Minuten verrinnen, kämpft ein Netzwerk aus
Militär, Politik und Beratern gegen das eigene System. Und gegen
die Angst, die alles lähmt.


Bigelow filmt das mit der Präzision einer Chirurgin. Ihre Kamera
sucht Gesichter, nicht Explosionen. Sie interessiert sich nicht
für den Knall, sondern für den Moment davor, in dem Menschen
Entscheidungen treffen, die über Millionen Leben bestimmen. Die
Spannung entsteht nicht durch Action, sondern durch Schweigen,
durch die Schwere eines Blicks, durch das Geräusch eines Atemzugs
im falschen Moment.


Idris Elba und Rebecca Ferguson tragen Passagen des Films mit
ruhiger Präsenz. Die Kamera von Barry Ackroyd fängt Gesichter und
Räume mit dokumentarischer Genauigkeit ein, während Volker
Bertelmanns Musik kaum hörbar, aber wirkungsvoll Spannung
erzeugt. Alles wirkt bewusst reduziert, fast spröde, als wolle
Bigelow vermeiden, dass Emotion über das Konzept hinauswächst.


Inhaltlich ist “A House of Dynamite” zweifellos sehenswert. Doch
nicht alles zündet, was Bigelow anlegt. Die Figuren bleiben in
manchen Momenten distanziert, fast symbolisch. Der Film will
viel, doch er schafft es nicht immer, seine Themen und
Spannungsmomente in Einklang zu bringen. Trotz eindrucksvoller
Szenen wirkt die Erzählung an manchen Stellen zu sehr mit sich
selbst beschäftigt.


Und trotzdem: Bigelow bleibt eine Meisterin der Atmosphäre. Sie
inszeniert Macht und Ohnmacht mit der gleichen Ruhe, mit der
andere Panik verbreiten. Ihr Film ist kein Spektakel, sondern ein
Nachdenken über Kontrolle, Vertrauen und Verantwortung in Zeiten
des Chaos. Am Ende bleibt weniger die Handlung als das Gefühl,
Zeugin eines gewaltigen inneren Bebens gewesen zu sein.


“A House of Dynamite” ist kein lauter Film, aber ein
eindringlicher. Er fragt, wie lange man die Welt noch festhalten
kann, wenn sie längst beginnt, sich selbst zu lösen.


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