Die Nanowelt der Zelle: zelluläre Kommunikation neu entdeckt | Podcast Wissen Schafft

Die Nanowelt der Zelle: zelluläre Kommunikation neu entdeckt | Podcast Wissen Schafft

21 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat
Stellen Sie sich eine lebende Zelle als ein hochkomplexes
Hauptquartier vor, das ständig Hunderte von Befehlen gleichzeitig
erhält. An der Oberfläche docken unzählige Botenstoffe wie Hormone
und Neurotransmitter an über mehr als 800 verschiedene
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs) an, von denen bis zu 100
Typen auf einer einzigen Zelle sitzen können. Das große Rätsel für
die Wissenschaft war lange Zeit: Wie kann die Zelle all diese
unterschiedlichen Signale spezifisch und gleichzeitig verarbeiten,
wenn sie im Inneren nur eine Handvoll universeller zweiter
Botenstoffe nutzt, vor allem das Molekül cAMP(Cyclisches
Adenosinmonophosphat)?. Bisher galt das Zellinnere (Cytosol) oft
als ein großes, freies "Schwimmbecken", in dem sich cAMP schnell
ausbreiten und überall die gleiche biochemische Reaktion auslösen
müsste – die Zelle sollte also nur wie ein einfacher
„An/Aus“-Schalter funktionieren. Die bahnbrechende Entdeckung: Das
Forschungsteam um Prof. Dr. Martin Lohse und Prof. Dr. Andreas Bock
(unter anderem vom Max-Delbrück-Centrum, der Universität Würzburg
und ISAR Bioscience) konnte nun zeigen, dass dies nicht der Fall
ist. Sie entdeckten winzige, abgeschottete Kommunikationsräume –
die Rezeptor-assoziierten unabhängigen cAMP Nanodomänen (RAINs).
RAINs als unabhängige Schalter: RAINs sind winzige,
selbstversorgende und unabhängige zelluläre Signaleinheiten. Diese
Domänen sind extrem klein: Ihr Radius liegt zwischen 30 und 60
Nanometern. Die Funktion der RAINs erklärt die lang beobachtete
Spezifität der Zellsignale: 1. Lokalisierte Spezifität: Bei
schwacher Stimulation durch Botenstoffe beschränkt sich die
Erhöhung der cAMP-Konzentration auf diese Nanodomänen, direkt um
den aktivierten Rezeptor herum. 2. Unabhängigkeit: Diese lokalen
cAMP-Signale sind vor Signalen anderer Rezeptoren geschützt und
vermischen sich nicht mit dem restlichen zellulären cAMP. Dies
ermöglicht es der Zelle, verschiedene Signalwege sehr lokal ein-
und auszuschalten. Die Zelle kann so Tausende unabhängiger
zellulärer Signale gleichzeitig orchestrieren und funktioniert eher
wie ein „Chip“, der viele Schalter parallel verarbeitet, und nicht
wie ein einzelner Transistor. 3. Medizinische Relevanz: Die RAINs
beinhalten nicht nur lokal produziertes cAMP, sondern auch
gebundene PKA (Proteinkinase A) und Phosphodiesterasen (PDEs), die
die Größe und Form der Domänen steuern. 4. Fusion bei Starker
Reizung: Erst bei starker Stimulation kommt es zum „Überlaufen“ der
Signalmoleküle. Die RAINs beginnen zu verschmelzen, die
Konzentrationen gleichen sich an, und das cAMP-Signal wird zellweit
generalisiert. Fazit und Ausblick: Die Entdeckung der RAINs
eröffnet ein komplett neues Forschungsfeld in der Zellbiologieund
erhöht die Komplexität der Signalwege um ein Vielfaches. Wenn RAINs
bei kranken Zellen (wie Leberkrebszellen oder im kranken Herzen)
nicht mehr richtig funktionieren, bietet dieses Wissen neue
therapeutische Potenziale. Wollen Sie erfahren, wie man mit dieser
Erkenntnis in Zukunft Substanzen entwickeln könnte, die nicht nur
quantitativ, sondern auch qualitativ unterschiedliche Effekte im
Körper erzielen (zum Beispiel bei Opioiden)? Quelle:
https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.02.011 /// Podcast Wissen
Schafft ///Dieser Podcast wird vermarktet von der
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