Deutsch-russische Beziehungen und die Erinnerungspolitik

Deutsch-russische Beziehungen und die Erinnerungspolitik

32 Minuten

Beschreibung

vor 4 Monaten
In einer am 5. Juni veröffentlichten Umfrage des Levada-Zentrums in
Russland, eines soziologischen Instituts, geben 55 % der Russinnen
und Russen an, dass Deutschland Russland gegenüber das
feindseligste Land sei. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump hat
sich der Fokus von den USA auf Deutschland verschoben. Ein Grund
dafür ist u.a. die erfolgreiche Instrumentalisierung der
Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Als Deutschland die Ukraine
im Kampf gegen die russische Aggression mit Leopard-Panzern
unterstützte, gab es in Russland einen Aufschrei der Entrüstung und
die propagandistische Parallelisierung, man habe es mit der
Schlacht von Kursk 2.0 zu tun. Die engen Beziehungen zwischen
Deutschland und Russland lassen sich bis ins 18. Jahrhundert
zurückverfolgen. Zar Peter I. holte gezielt deutsche Fachleute zum
Aufbau seines modernisierten Reiches nach Russland und betrieb eine
systematische Heiratspolitik. Für seine Kinder und Nichten wählte
er ausschließlich dynastische Verbindungen mit den deutschen
Fürstenhäusern. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Herrschaft von
Prinzessin Sophie Friederike Auguste von Anhalt-Zerbst in Russland
unter dem Namen Katharina II. In St. Petersburg, der damaligen
russischen Hauptstadt, gab es eine deutsche Vorstadt, in der 1850
schon 40 000 Deutsche lebten. Mit Hitlers Überfall auf die
Sowjetunion im Sommer 1941 und dem darauffolgenden deutschen
Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion beginnt eine
traumatische geschichtliche Erfahrung. Das Putin Regime macht sie
sich heute für seine antiwestliche Propaganda zunutze. Der Zweite
Weltkrieg bildet den Kern von Putins Ideologie. Für die
Erinnerungspolitik zieht das weitreichende Folgen nach sich.
Russische Historiker können sich mit dem Zweiten Weltkrieg
wissenschaftlich nicht mehr beschäftigen, zahlreiche Institutionen
wie das Deutsche Historische Institut in Moskau mussten schließen,
das Zentrum für Osteuropa und internationale Studien (ZOiS)
erklärte das russische Justizministerium zur "unerwünschten
Organisation". Wie geht es weiter mit der deutsch-russischen
Erinnerungspolitik? Mit den deutsch-russischen Beziehungen
überhaupt? Darüber diskutieren wir mit der Petersburger
Historikerin Ekaterina Makhotina und dem deutschen Historiker Jörg
Morré.

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