#72 – Busgeräusche und Snacksünden
Auditive Dissonanz im öffentlichen Personentransport: Eine
explorative Meta-Studie zu unerwünschten Klangphänomenen im
Busverkehr Dr. rer. soc. Halvard F. Übelmann, Institut für auditive
Urbanforschung, Universität Bielefeld-Süd Veröffentlicht in:
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Beschreibung
vor 7 Monaten
Auditive Dissonanz im öffentlichen Personentransport: Eine
explorative Meta-Studie zu unerwünschten Klangphänomenen im
Busverkehr
Dr. rer. soc. Halvard F. Übelmann, Institut für auditive
Urbanforschung, Universität Bielefeld-Süd
Veröffentlicht in: Journal of Applied Socioacoustics, Vol. 42,
Ausgabe 3, März 2025
Abstract
Der urbane Busverkehr stellt nicht nur eine logistische, sondern
auch eine akustische Herausforderung dar. Während bisherige
Forschung primär auf Verkehrsgeräusche und Umweltlärm
fokussierte, widmet sich diese Studie erstmals den psychosozialen
Effekten sogenannter „businterner Klangbelästigungen“ (BiKB).
Basierend auf der siebzehnjährigen Langzeitstudie „Noise &
Neurosis“ (Leiden, 2008–2025) konnten wir 17.423 busbedingte
Mikrotraumata erfassen, kategorisieren und taxonomisch zuordnen.
Die Ergebnisse zeigen: Der moderne Mensch hat feine Antennen –
besonders, wenn es um andere Menschen geht.
1. Einführung
Busse sind mobile Mikrokosmen sozialer Interaktion, in denen
Menschen unfreiwillig akustischen Reizen ausgesetzt sind, die sie
in freier Wildbahn kategorisch meiden würden. Die auditive
Belastung, auch als sonische Sozialinvasion (SSI) bekannt, kann
zu erhöhter Reizbarkeit, innerem Grollen oder dem reflexartigen
Wunsch führen, sich „einfach aufzulösen“ (vgl. Thomalla, 2014).
2. Methodik
Zwischen 2008 und 2025 wurden 612 Buslinien in sieben Ländern
mithilfe des patentierten Geräusch-Toleranz-Barometers (GTB-9)
vermessen. Probanden trugen während der Fahrt Hirnstromsensoren,
ein sogenanntes “Noise Diary” und ein kleines Knautschkissen zur
Sofortbewältigung akustischer Überforderung.
Ergänzt wurde die quantitative Analyse durch qualitative
Tiefeninterviews mit 34 sogenannten Geräusch-Resignaten –
Menschen, die nach eigenen Angaben „seit Jahren keinen Kopfhörer
mehr abgenommen haben, außer beim Duschen“.
3. Ergebnisse
Die Daten zeigen eine klare Hierarchie auditiver Ablehnung. Die
fünf häufigsten Aussagen:
RangUnerwünschter KlangAblehnungsrate1Handygespräch mit lautem
Lachen über private Intimitäten94,2 %2Kinderlieder auf voller
Lautstärke aus Bluetooth-Speakern91,6 %3Erklärungen zur eigenen
Astrologie-Karte im Detail87,3 %4Essgeräusche mit Kommentaren
(“Mmmmh, schön saftig!”)84,5 %5Heimliche Mitsingversuche zu leise
mitgespieltem Techno82,7 %
4. Der Klangvermeidungsinstinkt
Ein besonderer Fokus lag auf dem sogenannten „Prä-Ohrenzucken“,
einem neurokognitiven Frühwarnsignal des Körpers. Prof. Dr. Kuno
Hammerschmidt (Uni Salzburg-Mitte) beschreibt dieses Phänomen als
„den letzten evolutionären Versuch, sich durch innere Flucht dem
akustischen Angriff zu entziehen – ohne den Bus zu verlassen“.
5. Typologie auditiver Übeltäter
Basierend auf 1.800 Fahrten entwickelten wir die Taxonomie der
Auditorischen Archetypen des Busses (AAB):
1. Der Lautsprecher: Muss jedes Gespräch doppelt führen – einmal
mit dem Telefonpartner, einmal mit dem ganzen Bus.
2. Der ASMR-Esser: Snackt stilecht, mit vollen Backen und
auditiver Penetranz.
3. Die Playlist-Penetrante: Spielt Musik ohne Kopfhörer,
vorzugsweise Deutschrap, Balkan Beats oder Meeresrauschen.
4. Der Spontanphilosoph: Beginnt Monologe über „die Matrix“ – an
sich, an niemand oder an die ganze Menschheit gerichtet.
5. Das Murmelmonster: Spricht permanent halblaut mit sich selbst,
aber nie verständlich.
6. Diskussion und Grenzen der Forschung
Obwohl die Ergebnisse eine klare Präferenz für Stille (bzw. „bloß
keine Menschen“ – Zitat eines Probanden) zeigen, bleibt unklar,
warum Menschen dennoch immer wieder ohne Kopfhörer oder
Rücksichtnahme Bus fahren. Eine Hypothese ist das soziophonische
Narzissmus-Syndrom (SNS), erstmals beschrieben von der Prager
Klanganthropologin Dr. Ivana Rumova (2019).
7. Fazit
Wer im Bus etwas hören möchte, hat verloren. Der moderne Mensch
sehnt sich nicht nach Gemeinschaft, sondern nach selektiver
Isolation mit Bluetooth-Kopfhörer. Der Bus aber ist ein
chaotisches Klangbiotop, in dem nur eine Spezies wirklich
gedeiht: der Ignorant mit externem Lautsprecher.
Fußnoten
1. Übelmann, H.F. et al. (2021). Urban Soundscapes and the
Decline of Public Courtesy. Lärm Verlag, Bad Salzuflen.
2. Rumova, I. (2019). Echoes of the Ego: Narcissism in Public
Sound Environments. Czech Institute of Sonic Behavior.
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