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Erweitertes Soziogramm einer Missbrauchsfamilie in Hörbuchform
Beschreibung
vor 7 Monaten
Diese Episode beginnt wieder mit der Leitmotiv-Frage, wo die
Geschichte einer Vergewaltigung beginnt: „Beginnt die Geschichte
einer Vergewaltigung wirklich mit der Vergewaltigung?“ Hier wird
zunächst in der Pierre-Form berichtet, dass Pierre sich noch
genau an die Stufen der Treppe in den Keller erinnern kann, in
dem er jahrelang regelmäßig von einem älteren Nachbarsjungen
vergewaltigt wurde.
Dann erfolgt ein Wechsel in die Ich-Form.
„Manchmal glaube ich, ich kann nicht vergessen, weil ich mich
nicht an ihn erinnern kann.“ Wie der Vergewaltiger aussah,
entzieht sich der Erinnerung, an der Stelle des Täters
klafft ein Loch in der Erinnerung. Das Ich spekuliert
darüber, ob ein Vergessen möglich werden könnte, wenn noch einmal
eine Konfrontation mit dem Täter möglich wäre.
Dann folgt eine Beschreibung der ersten Begegnung mit dem
Vergewaltiger und des Beginns des Missbrauchs. Der Täter ist ein
Schüler auf dem Gymnasium, etwa doppelt so alt wie sein
achtjähriges Opfer. Er spricht das Kind an und zeigt ihm seine
Modelleisenbahn. „War ich glücklich, weil jemand mit mir spielen
wollte?“ Im Keller sei noch mehr von der Bahn. Dort kommt es zur
ersten Vergewaltigung. Sie wird sich vier Jahre lang an jedem
Werktag wiederholen, wenn die Erwachsenen außer Haus sind und die
Gefahr der Entdeckung gering ist: „1000 Mal den Kellerboden
schockhaft kalt am Bauch gespürt, 1000 Mal den Arsch
hochgestreckt.“ Jede Erinnerung an die Ereignisse wirft das Ich
wieder in diese Erfahrung zurück, die psychische Erschütterung
lässt es glauben, wahnsinnig zu werden. „Doch diese Gnade bleibt
mir verwehrt.“ Der Täter braucht es nicht oft zu sagen, das Kind
spürt instinktiv die Tabuisierung: der
Missbrauch muss geheim gehalten werden, sonst droht ihm der Tod.
„Sexuelle Neugier? Nein. Nur Angst. Nur Schmerz.“ Das achtjährige
Kind ist neu zugezogen in der Gegend und sozial isoliert, weil es
von der Sonderschule kommt. Dies begünstigt eine starke
emotionale Abhängigkeit vom Täter: Das Kind sieht den
Vergewaltiger als seinen einzigen Freund, „der
so schlimme Dinge mit mir tun musste, damit er mein Freund sein
durfte“. Das erwachsene Ich, 20 oder 30 Jahre später, hat
kaum andere Erinnerungen an diese Zeit seiner
Kindheit. Die Erinnerungen kommen stets nur in
Alpträumen, wobei das Zählen der Stufen der
Kellertreppe immer wiederkehrt.
Die Erfahrungen der Vergewaltigung führen zu einer extremen
Verletzlichkeit. Der Ich-Erzähler berichtet, wie
Alltägliches ihn in Panik und Abwehrhaltung versetzt,
etwa der Atem einer anderen Person im Nacken – in einem Laden, im
Zug oder im Fahrstuhl – sodass er am liebsten um sich schlagen
möchte. Diese extreme Verletzlichkeit führt
immer dazu, sich extrem beherrschen zu müssen, denn: „Niemand
darf es merken.“ Der Erzähler resümiert, er sei „nie erwachsen
geworden. Irgendwo in der Kindheit stehen geblieben.“
Die Beschreibung der Vergewaltigung endet damit, wie das Kind auf
die Straße tritt und das Gefühl hat, jeder könne an einem
Stigma auf seiner Stirn sehen, was es Schlechtes
getan hat: „Seht das Kainszeichen auf seiner
Stirn.“ Ab diesem Zeitpunkt verinnerlicht es das
Schuldgefühl, für alles Schlimme verantwortlich zu sein,
was – zum Beispiel in der von häuslicher Gewalt gegen das Kind
geprägten Familie – passiert: „Es gab nichts, woran ich nicht
schuld war auf dieser Welt. … „An diesem Tag machte ich mich auf
die Flucht. Flucht durch das Leben und Flucht vor dem Leben.“ Die
körperliche Erinnerung, speziell an den kalten
Kellerboden, bleibt unauslöschlich.
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