Episode 25: Brief an eine Mutter
7 Minuten
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Erweitertes Soziogramm einer Missbrauchsfamilie in Hörbuchform
Beschreibung
vor 7 Monaten
Hier wendet sich der Ich-Erzähler in der Du-Form an seine
Mutter. Er nennt Beispiele für die
Demütigung durch körperliche und emotionale
Gewalt, vor allem auch massive emotionale Erpressung,
beispielsweise dass sich die Mutter vor dem 12-Jährigen
anlässlich von dessen Wunsch, ins Heim zu ziehen, um der
häuslichen Gewalt zu entgehen, schreiend auf dem Boden wälzte und
schrie: „Wenn du gehst, dann gehst du für immer“. Dies festigte
die Kontrolle der Mutter über den Sohn, denn:
„Ich hatte Angst, etwas zu verlieren, das ich nie hatte: deine
Liebe.“ Kontrolle, gerade auch über die „heile“ Außenwirkung
ihrer Familie, war für die Mutter von zentraler Bedeutung. Für
die Dualität der Realitäten, die der
Ich-Erzähler aushalten musste, wird daher hier wesentlich die
Mutter verantwortlich gemacht: „Was Wahrheit war, bestimmtest du.
So spaltete ich mein Leben in Wahrheit und Wirklichkeit. Meine
Wirklichkeit: der Keller, die Drogen, der Alkohol, der Strich.
Das alles verdrängte ich, um für dich eine Wahrheit zu leben,
eine Wahrheit zu spielen, die in dein Leben passte.“ Wie
verinnerlicht das Schuldgefühl und die
Scham ist, dem Anspruch der Mutter nicht zu
genügen, zeigt sich an dem Satz: „Ich kann dir nicht verzeihen,
denn ich brauche immer noch all meine Kraft, um mir selber zu
verzeihen, dass ich lebe.“ Dies führt aber auch zu einer
Positionierung des Erzählers gegen die therapeutische Forderung
nach Verzeihen: „Man lehrt uns, zu verzeihen. Warum aber soll ich
verzeihen? Warum sollen die Opfer den Tätern verzeihen? Ist dies
nicht die zynische Forderung einer Gesellschaft, die es nicht
ertragen könnte, mit ihrer eigenen Gewalt und Doppelmoral
konfrontiert zu werden?“
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