Fake-Shops bei Instagram
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vor 11 Monaten
Der tragische Untergang der "Familie Müller &
Söhne"
Es begann alles mit einem herzerweichenden Instagram-Post. Auf
einem großzügig dekorierten Holzbrett lagen handgefertigte
Kerzen, daneben ein rustikales Schild mit der Aufschrift:
"Familie Müller & Söhne – seit 1978." Darunter stand die
rührende Nachricht:
"Liebe Freunde, schweren Herzens müssen wir nach 45 Jahren
Familiengeschichte unser geliebtes Unternehmen schließen. Die
steigenden Kosten, der Druck der Großkonzerne – wir können
einfach nicht mehr mithalten. Alles muss raus, bevor wir Ende des
Monats die Werkstatt für immer schließen. Helft uns, dieses
Kapitel würdevoll zu beenden! Eure Familie Müller."
Die Bilder strahlten geradezu Gemütlichkeit aus: Ein grinsender
Herr Müller mit grauem Bart in einer Schürze, ein Kaminfeuer im
Hintergrund und zwei kleine Kinder, die angeblich die "Söhne"
waren – offensichtlich Models, aber das fiel niemandem auf. Es
war, als hätte jemand Pinterest auf die Spitze getrieben.
Innerhalb weniger Stunden explodierte die Kommentarspalte:
"Wie traurig! Ich bestelle sofort eine Kerze, um euch zu
unterstützen."
"So eine rührende Geschichte – wir halten zusammen!"
"45 Jahre! Respekt, ich werde gleich 10 Stück bestellen."
Die Webseite des angeblichen Familienbetriebs brach unter dem
Ansturm zusammen. Die restlichen Social-Media-Plattformen –
inklusive TikTok – liefen über vor Trauer und Mitgefühl. Hashtags
wie #SupportSmallBusiness und #SaveMüllerUndSöhne trendeten
weltweit.
Die Preise waren sensationell: 19,99 Euro für "handgegossene"
Duftkerzen, 24,99 Euro für Holzschalen mit "einzigartiger
Maserung" und sogar 39,99 Euro für das exklusive "Erbstück"-Set
mit drei Kerzen, einer Schale und einer signierten Dankeskarte.
Wer konnte da widerstehen?
Ein paar Wochen später begann sich die Stimmung zu ändern. Die
ersten Pakete trafen ein. Euphorisch öffneten die Kundinnen und
Kunden ihre Bestellungen – nur um herauszufinden, dass die
"handgefertigten" Kerzen aussahen wie das billigste Plastik-Dekor
aus dem 1-Euro-Laden. Die "Holzschalen" bestanden aus bedrucktem
Kunststoff, und die "signierten Dankeskarten" waren so pixelig
gedruckt, dass der Name "Müller" wie "Mültonne" aussah.
Während die ersten Beschwerden in die Kommentarspalten
tröpfelten, wurde eine findige Instagram-Detektivin misstrauisch.
Nach einer kurzen Recherche deckte sie auf, dass die Fotos des
"Familienunternehmens" von einer amerikanischen Bilddatenbank
stammten. Herr Müller war eigentlich ein kanadisches Model, und
die "Werkstatt" war in Wahrheit eine Lagerhalle in Shenzhen,
China. Die Produkte kamen direkt von einer asiatischen
Handelsplattform, wo sie für weniger als 2 Euro pro Stück
verkauft wurden.
Der Shitstorm war unvermeidlich. Unter jedem Beitrag der "Familie
Müller" tauchten nun Kommentare auf wie:
"Hey, ich dachte, ich rette ein Familienunternehmen, nicht
das Konto eines Betrügers!"
"Meine ‘Holzschale’ hat sich nach einem Tag aufgelöst!"
"Das Einzige, was hier bankrott geht, ist mein Vertrauen!"
Doch anstatt sich zu entschuldigen, postete der Account ein
weiteres rührendes Update:
"Wir kämpfen immer noch gegen all die Ungerechtigkeit und den
Hass. Es ist nicht leicht, aber wir glauben an das Gute in den
Menschen. Eure Bestellungen bedeuten uns die Welt – Danke!"
Das kuriose: Es funktionierte! Einige Menschen bestellten sogar
nochmal, in der Hoffnung, dass sie vielleicht diesmal ein echtes
"Handmade-Produkt" erhalten würden.
Die "Familie Müller" verschwand schließlich so plötzlich, wie sie
aufgetaucht war. Ihre Webseite wurde offline genommen, und der
Instagram-Account war wie vom Erdboden verschluckt. Doch wenige
Wochen später tauchte ein neuer Account auf: "Familie Schneider
& Töchter – seit 1982."
Moral der Geschichte? Wenn eine Instagram-Seite euch mit zu
schönen Geschichten überzeugt, euren Geldbeutel zu öffnen, denkt
zweimal nach – oder ihr endet mit einer Plastikschale, die
aussieht wie das perfekte Accessoire für die Puppenküche eurer
Nichte.
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