191213 Gruß aus der Schublade Mt 11,16-19

191213 Gruß aus der Schublade Mt 11,16-19

2 Minuten

Beschreibung

vor 6 Jahren
Denken in Schubladen ist im Volk Gottes offenbar ein altes Problem:
Johannes fastet, also ist er „besessen“. Jesus isst und trinkt,
also ist er „ein Fresser und Säufer“! Das ist bis heute so. Ein
paar Beispiele aus meiner Erfahrung: Wer ein Priesterhemd trägt,
ist für die einen ein Klerikalfaschist. Wenn ihn zu viel Spitze am
Gewand an Männerballett erinnert, ist er für die anderen
antiklerikal. Wer glaubt, dass Gott einige als Priester in das
sakramentale Gegenüber zur Gemeinde ruft, ist für die einen ein
Fundamentalist. Wenn er sagt, dass vor allem Priester das Ansehen
des sakramentalen Priestertums versaut haben, ist er für die
anderen ein Nestbeschmutzer. Wer die Heilige Messe so feiert, wie
sie im Messbuch steht, ist für die einen ein Traditionalist. Wenn
er sie meistens auf Deutsch feiert, macht ihn das für die anderen
zum Modernisten. Natürlich hat es Leibverächter und Partylöwen in
der Kirche immer gegeben. Aber nicht jeder, der fastet, ist schon
ein Leibverächter, und nicht jeder, der Feste feiert, ein haltloser
Geselle. „Woran merke ich“, fragte mich neulich eine junge Frau,
„ob ich in der Mitte bin?“ Daran, dass ich mit beiden Straßengräben
im Gespräch bleibe. Daran, dass ich die Wahrheit Jesu Christi
suche, um die es beiden Seiten noch gehen mag. Und daran, dass ich
die Sorge der jeweils einen Seite um die Einseitigkeit der jeweils
anderen zumindest verstehe. In der Mitte der Straße geht die
Weisheit, die Christus ist. Ihre Taten geben ihr Recht. Sie fastet
und feiert, wenn es jeweils Zeit ist, und zieht jene an, die keine
Angst davor haben, nur wenige zu sein. Fra' Georg Lengerke

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