200403 Betört und besiegt Jer 20,10-13

200403 Betört und besiegt Jer 20,10-13

2 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren
Wenn sich jemand beim Hören oder Lesen der Heiligen Schrift mit den
Propheten identifiziert, geht das meistens schief. Gewöhnliche
Rechthaberei wird dann zusätzlich durch ein Leidenspathos für jede
Korrektur immunisiert. Stellen wir uns also lieber an die Seite
jener normalen Leute, die sich von den Propheten etwas sagen lassen
sollten. Das gibt uns zwar meistens nicht recht und tut ein
Bisschen weh. Letztlich aber ist es doch heilsam und befreiend. In
den Versen vor der heutigen Lesung (s.u.) beschreibt Jeremia seine
Berufung nicht als beglückende und erfüllende Erfahrung mit Gott.
Er wird vielmehr von ihm „betört“, überwunden und gefügig gemacht.
Bis an die Grenzen der Freiwilligkeit wird er in Anspruch genommen.
Der Versuch der Verdrängung scheitert. Das Wort Gottes brennt in
ihm wie Feuer und will gesagt werden. – Auch um den Preis, dass er
für jene, die gerade noch seine Freunde waren, zum Witz und zur
Plage wird. Sie wollen ihn ausrotten oder ihrerseits betören und
gefügig machen. Sein Leben ist umkämpftes Terrain zwischen Gott und
den Spöttern. Ich bin nicht selbstverständlich auf Seiten der
Propheten. Aber ich will ihnen aufmerksam und mutig zuhören. Ich
weiß, wie leicht sie auch mir zum Witz und zur Plage werden können.
Wenn aber wir zuhören, kann es geschehen, dass uns der Prophet zu
sich in die Einsamkeit zwischen Gott und den Freunden zieht. Und
das ist der Raum, wo Gott uns Neues sagen kann. Die verordnete
Einsamkeit unserer Tage ist anders. Aber vielleicht hilft auch sie
uns, genauer hinzuhören und uns von Gott betören und gewinnen zu
lassen für sein Wort und Wirken in dieser notvollen Zeit. Fra'
Georg Lengerke

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