Im Exil 2 Kön 24,8-17

Im Exil 2 Kön 24,8-17

2 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren
In meinem Flur hängt das Bild von Eugen Kirchner „Der König im
Exil“: Unter einem Himmel mit Schäfchenwolken steht auf einer Wiese
ein kleines Häuschen mit Schuppen und Plumpsklo. Vor dem Haus sitzt
der König in Brokatmantel, Kniebundhose und Schnallenschuhen mit
weißer Perücke und Krönchen auf einem Stuhl. Rechts dahinter rührt
auf einem Ofen mit erhobener Nase die behandschuhte Königin eine
Suppe um. Von hinter dem König nach links zieht sich eine
Wäscheleine, an die ein livrierter Diener Unterwäsche mit Krönchen
zum Trocknen aufhängt. Vorne im Bild führt der missgelaunt
dreinschauende Dauphin mit Federhütchen einen Mops Gassi. Und statt
regierenderweise am Rad der Geschichte zu drehen, dreht der König
stattdessen die Kurbel einer Kaffeemühle zwischen seinen Knien. An
dieses Bild musste ich bei der Schilderung der Verschleppung des
jungen Königs Jojachin und der Vornehmen Jerusalems nach Babylon
denken. Das Exil ist in der Schrift ein Bild für das von Gott
entfremdete Leben. Und in der Geschichte des Volkes Israel ist
Babylon der traumatische Ort solchen Exils. In schweren Zeiten war
„Exil“ auch das prägende Lebensgefühl der Christen – nach dem
Verlust des Paradieses als ungetrübte Gemeinschaft mit Gott. Auch
dieses Bild hat zwei Seiten: Es kann entweder Ausdruck einer
Lebensfeindlichkeit sein, die die Welt nicht ernst nimmt, und das
Leben und das Glück immer jeweils woanders sucht. Oder es
beschreibt den aus dem Paradies Gefallenen, der mit Gott die
gefallene Welt liebhat und auf seiner Seele (wie der König auf der
Leibwäsche) ein unauslöschliches Krönchen eingeprägt hat, dass ihn
an seine göttliche Herkunft und Heimat erinnert. Fra' Georg
Lengerke

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