Leben mit Handgepäck Lk 9,28b-36

Leben mit Handgepäck Lk 9,28b-36

3 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Wenn irgend möglich reise ich nur mit Handgepäck. Auch neulich,
als ich am Bahnhof auf eine Gruppe ukrainischer Flüchtlinge traf.
Auch viele von ihnen – nur mit Handgepäck. Aber alles ist anders.
Ich fahre hin, wo ich willkommen bin. Und sie? Ich werde
vermutlich bald zu meinen Siebensachen zurückkehren. Und sie?


Immer, wenn ich packe, frage ich mich, was ich mitnehmen würde,
wenn ich nicht wüsste, ob ich je zurückkehren kann. Was brauche
ich wirklich, und was ist wert mitgenommen zu werden? Die
Schrift, das Brevier, alles für die Heilige Messe, eine
Festplatte mit allem Geschriebenen, ein Satz Wäsche, etwas zum
Schreiben…?


„Es ist gut, dass wir hier sind“, sagt Petrus während der
Verklärung Jesu inmitten von Mose und Elija. „Wir wollen drei
Hütten bauen.“ Die Baupläne des Heiligen Petrus auf dem Berg der
Verklärung wurden sehr unterschiedlich gedeutet: als Verlegenheit
und weil „er nicht wusste, was er sagte“ (V. 33), als Bereitung
für das Laubhüttenfest oder als Lehrhäuser für Moses, Elias und
Jesus. Es mag aber auch einfach das Bedürfnis gewesen sein, den
Augenblick festzuhalten. Das muss ja so ein Moment gewesen sein,
indem ein Mensch sagt: Jetzt ist alles gut. So kann das bleiben.


Aber so bleibt es nicht. Nach diesem kurzen, überwältigenden
Aufscheinen von Ostern und eines lichten Lebens, das
unvergänglich ist und in dem sich die Verheißung an Mose und
Elija erfüllt, geht Jesus weiter. Und mit ihm die Jünger. Sie
gehen in hinab in den Alltag einer vergänglichen Welt. Und
vielleicht wird Petrus bald danach gemerkt haben, dass er in
einem recht hatte: „Es ist gut, dass wir hier sind.“ Luther
übersetzt: „Hier ist gut sein!“ Aber „hier“ ist nicht der Berg.
„Hier“ ist die Nähe Jesu. Bei Dir ist gut sein! Wo immer wir
sind.


Die Ukrainer am Bahnhof erinnern mich daran, dass uns allen das
passieren kann: dass wir aufbrechen müssen – nur mit dem, was wir
tragen können. Und sie erinnern mich daran, dass uns allen das
passieren wird: dass wir einmal aufbrechen müssen – und nichts
mehr mit uns tragen können.


Ich reise mit Handgepäck, weil ich weiß, dass es Menschen gibt,
zu denen ich sagen werde: Bei Dir ist gut sein. Heute kommen
Menschen mit Handgepäck, die zu uns sagen können sollen: Bei Dir
ist gut sein!


In jedem Moment will ich bei dem sein, zu dem Petrus gesagt hat:
„Meister, hier ist gut sein!“ Und verbunden mit ihm will ich
jemand werden, zu dem andere sagen können: „Bei Dir ist gut
sein!“


Bis wir alle einmal auch noch unser Handgepäck stehen lassen und
weitergehen. In die Arme dessen von dem die Stimme auf dem Berg
sagt: „Das ist mein geliebter Sohn […], auf ihn sollt ihr hören.“


Fra' Georg Lengerke

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