Geht in Euch! Um der Hoffnung willen Lk 15,1-3.11-32

Geht in Euch! Um der Hoffnung willen Lk 15,1-3.11-32

8 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Liebe Leser und Hörer des BetDenkzettels, 


es wurde der Vorschlag gemacht, im Podcast auch die
Lesung, auf die sich der BetDenkzettel bezieht, vorher
vorzulesen. Ich werde diese Anregung jetzt mal aufnehmen und
bitte um Rückmeldung, ob sich das aus Ihrer Sicht bewährt
(entweder über die Antwortfunktion dieser Homepage oder an
mail@betdenkzettel.de).
Für die Leser des BetDenkzettels findet sich der Link zu den
Texten des Tages wie gehabt unter dem BetDenkzettel unter "Schott
Tagesliturgie".


Herzliche Grüße von der Fraueninsel im Chiemsee,
Fra' Georg


Auf einer ökumenischen Tagung von Johannitern und Maltesern auf
der Fraueninsel im Chiemsee geht es an diesem Wochenende um die
Hoffnung.


Die Umkehr des jüngeren der beiden Söhne im Gleichnis vom
barmherzigen Vater beginnt mit der Hoffnung. Sie beginnt nicht
mit einem spektakulären Richtungswechsel. Sie beginnt damit, dass
er „in sich geht“ (vgl. Lk 15,17). Was findet er da? Die
Erinnerung an das Leben beim Vater. Er weiß, dass er jeden
Anspruch auf seinen Status als Sohn zerstört hat. Aber selbst den
Tagelöhnern geht es beim Vater besser als ihm in seiner
Verlorenheit.


Die Hoffnung des Sohnes beginnt mit der Erinnerung an den Vater,
an seine Großzügigkeit, an seine immer offenen, wartenden Augen
und Arme, an den vorwurfslosen Schmerz als der Sohn mit seinem
Erbe davonzog.


Christliche Hoffnung ist nicht bloß Optimismus. Sie ist mehr als
die Sehnsucht oder Zuversicht, dass sich alles zum Guten wendet.
Sie beginnt mit der Erinnerung an die Treue Gottes, die auf ihn
warten wird. Sie beginnt mit dem Glauben, dass Gott sein
Versprechen halten, seine Verheißung wahr machen und vollenden
wird, was er in uns und unter uns bereits begonnen hat.


Das alles hat der ältere Sohn vergessen. Ihm geht es, wie vielen
Christen heute: Die Vergangenheit war nur mühsame
Pflichterfüllung und Entbehrung, die er dem Vater nun bitterlich
vorwirft. Diese Amnesie prägt auch sein Verhältnis zu jenem
anderen – „der hier“, den er nicht mehr Bruder nennen will. Der
dem Vater den Tod gewünscht, sein Erbe genommen und es versoffen
und verhurt hat und jetzt frech meint, einfach so wieder zurück
kommen zu dürfen.


Die Bitterkeit des Zuhause Gebliebenen gleicht jener Bitterkeit,
die heute viele gewöhnt und verbittert in der Kirche Gebliebenen
den Wiederkommenden entgegenbringen. Deren Glaube an Jesus, der
am Kreuz selbst zum verlorenen Sohn geworden ist, und an Gott,
der wie ein gütiger Vater mit offenen Armen den Anfang eines
neuen Lebens schenkt, ist dem älteren Bruder suspekt. Für ihn
sind sie Eiferer und Radikale. Ihre Erinnerung an die Güte des
barmherzigen Vaters ist für ihn eine gefährlich unzeitgemäße
Gestrigkeit.


Eiferer und Radikale mag es unter den Wiederkommenden sogar
geben. Aber sie sind keine Gefahr für den Älteren. Seine
Lebensgefahr besteht vielmehr darin, dass er den Grund seiner
Hoffnung vergessen hat. Er hat vergessen, dass alles, was „des
Vaters ist“ auch ihm gehört – einschließlich der Freude, dass da
einer tot war und wieder zum Leben kommt. – Zu einem Leben in der
Güte des Vaters, das der Ältere aus Trotz, Vergessenheit und
Verbitterung gar nicht mehr leben will.


Auch für ihn ist es Zeit, „in sich zu gehen“. Nicht in die
Selbstgenügsamkeit seines bockigen Egos. Sondern dahin, wo jener
andere verlorene Sohn, wo Jesus auf ihn wartet, damit sie
gemeinsam hineingehen zum Vater, zu den verloren geglaubten
Schwestern und Brüdern, zu dem schon begonnenen Fest, in dem sich
unsere Hoffnung erfüllt.


Fra' Georg Lengerke

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