Gute Sünder - böse Sünder Joh 8,1-11

Gute Sünder - böse Sünder Joh 8,1-11

3 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Dieser Tage sah ich im ZDF den Film „Honecker und der Pastor“. Er
handelt von den 10 Wochen ab Januar 1990, die Erich und Margot
Honecker nach Verlust von Macht und Wohnung bei Pastor Uwe Holmer
und seiner Familie in Lobetal unterkommen. Ein sehenswerter Film.
Nur die Darstellung der freudlos biederen Erfüllung einer
„Christenpflicht“ der Barmherzigkeit im evangelischen Pfarrhaus war
etwas klischeehaft. Die Aufnahme der Honeckers durch die Holmers
stößt auf massive Kritik. Ein Kollege findet, Holmer habe sich „zum
Komplizen“ gemacht. Demonstranten skandieren „Honecker an die
Wand!“ und beschimpfen Holmers als „Verräter“. Eine junge Frau, die
in einer Umerziehungsanstalt gequält wurde, erzählt Holmer von
ihren Erlebnissen in der „Erfindung von ihrer Margot Honecker“. Die
meisten Menschen in dem Film sind sich darüber einig: Holmers haben
sich durch die Aufnahme von schuldig Gewordenen mitschuldig
gemacht. Das ist die Einigkeit der Menschen, die im heutigen
Evangelium um eine Ehebrecherin stehen. Sie ist unverzeihlich
schuldig. Wer sie aufnimmt, macht sich mitschuldig. Viele heutige
Leser des Evangeliums bemühen sich, den genau gegenteiligen
Eindruck zu erwecken: Anders als den Anklägern erscheint ihnen die
Ehebrecherin heute eher die „gute Sünderin“ zu sein. Keine Heilige
vielleicht, aber halt „normal“ und „menschlich“. Dagegen sind ihre
Ankläger in ihrer Selbstgerechtigkeit und Unerbittlichkeit die
„bösen Sünder“, die eigentlich Schuldigen. Was, wenn ein auch im
Urteil der meisten Heutigen ein wirklich schlimmer Gewalttäter,
Kriegstreiber, Kinderquäler in der Mitte stünde, ein unverzeihlich
Schuldiger? Ich vermute, es wäre genau wie damals. Viele
 hätten wie Facebook neulich in diesem Fall ihre
Hate-speech-Regeln geändert und wären sich so einig wie die
Demonstranten von Lobetal: „Honecker an die Wand“. Jesus
unterscheidet uns schuldige Menschen von unserer Schuld. Und er
sagt, dass sich die Schuld des einen von der des anderen nur
graduell unterscheidet. Wir sollen aufhören, uns und einander zu
entschuldigen, und anfangen, um Vergebung zu bitten und Vergebung
zu gewähren. Denn ohne Vergebung hat keiner von uns eine Chance.
Der jungen Frau sagt Pastor Holmer im Film: „Ich bete für Sie, dass
Sie einen Weg [zur Vergebung] finden mögen, denn sonst frisst die
Bitterkeit in Ihrem Herzen Sie auf. Und dann hätten die am Ende
doch erreicht, was sie damals nicht geschafft haben.“ Fra' Georg
Lengerke

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