Das große Kleinklein Lk 17,5-10

Das große Kleinklein Lk 17,5-10

3 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

[Heute ist auch Erntedankfest. Auf einen heute im Deutschlandfunk
Kultur laufenden Beitrag werde ich an dieser Stelle zu einem
späteren Zeitpunkt nochmal eigens hinweisen.]


Um 18 Uhr klingelt mein Wecker. Nicht etwa, um mich zu wecken. Er
erinnert mich daran, den Arbeitstag zu schließen, bevor das
Abendprogramm beginnt.


Dann schaue auf das, was ich geschafft oder nicht geschafft habe,
auf Unwichtiges, was ich wichtig genommen, oder Wichtiges, was
ich aufgeschoben habe. Ich hake Erledigtes ab und verschiebe
Unerledigtes auf eine nächste Gelegenheit.


Soweit die Theorie. Das funktioniert mal besser und mal weniger
gut. In herausfordernden Zeiten gerät das auch schon mal
durcheinander.


Es müssen herausfordernde Zeiten gewesen sein, in denen die
Jünger an Jesus eine existentielle Bitte richten. Jesus hatte
gerade davon gesprochen, dass es kaum Schlimmeres gebe, als
einfache Menschen zum Bösen zu verführen, und davon, wie
entscheidend wichtig es sei, zu vergeben.


„Stärke unseren Glauben!“ sagen die Apostel daraufhin zu Jesus.
Offenbar ahnen sie, wie schnell der Glaube einfacher Menschen
möglicherweise ihretwegen Schaden nimmt und wie verhärtet das
Herz eines Menschen werden kann, wenn ein anderer in dessen
Schuld steht.


Die Antwort Jesu klingt zunächst nicht stärkend sondern
enttäuschend: Wenn ihr auch nur ein klein wenig Glauben hättet,
würdet ihr Bäume versetzen. Ein Sklave stellt auch keine
Ansprüche. Also habt euch nicht so!


Aber je länger ich hinhöre, umso weniger höre ich einen Vorwurf,
sondern eher eine Erleichterung. Das Senfkorn ist im Evangelium
immer ein Sinnbild für die große Macht im Kleinen. Aus dem
klitzekleinen Samenkorn wird ein spektakulärer Baum. Wir sollen
nicht auf einen spektakulären Glauben warten, sondern das kleine
Körnlein des Glaubens suchen und säen.


Was dann geschieht, scheint genauso unmöglich zu sein, wie dass
ein tief verwurzelter Baum sich mit einem Mal auf den Weg macht
und sich dort verwurzelt, wo man nicht wurzeln kann – nämlich im
Wasser. Niemanden zum Bösen zu verführen oder jemandem eine
lebensprägende Schuld zu vergeben – das mag uns genauso unmöglich
erscheinen, wie ein wandernder Tiefwurzler. Aber die Gotteskraft,
die solches bewirken kann, ist schon im kleinsten Glaubensakt des
Vertrauens, der Liebe und der Hingabe verborgen da, um wirksam zu
werden.


Auch beim „Gleichnis vom unnützen Knecht“ geht es um die
Entdeckung des Großen im Kleinen. Es beschreibt den Alltag. Ein
Sklave tut seine Arbeit auf dem Feld, dann im Haus, isst noch was
und geht dann schlafen. Jesus nimmt uns die Vorstellung einer
falschen Großartigkeit, die darauf wartet, für ein erfolgreiches
Werk gelobt und gefeiert zu werden. In herausfordernden Zeiten
kommt es darauf an, täglich treu den kleinen Dienst des Glaubens,
der Hoffnung und der Liebe zu tun.


Das wäre schon was, denke ich mir, um 18:00 Uhr sagen zu können:
Ich habe meine Schuldigkeit getan.


Du wirkst weiter.
Herr, stärke unseren Glauben.
Amen.


Fra' Georg Lengerke

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