Die Anfängerin (Hochfest der Gottesmutter acht Tage nach Weihnachten)

Die Anfängerin (Hochfest der Gottesmutter acht Tage nach Weihnachten)

4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Am Anfang des Jahres frage ich mich, was eigentlich ein Anfänger
ist. Ein Anfänger ist ein Mensch, der etwas zu lernen beginnt und
es noch nicht gut kann.


Ein Anfänger ist aber auch jemand, der etwas Neues beginnt.
Jemand, der etwas mit dem anzufangen weiß, was er ist oder hat.


Und schließlich kann ein Anfänger jemand sein, mit dem andere
etwas anfangen können. Jemand, der andere etwas mit sich anfangen
lässt und ihnen so zu einem Anfang verhilft.


An Weihnachten feiern wir, dass Gott mit der Welt einen Neuanfang
macht. Nicht, wie wir Menschen es oft tun, indem wir das Alte
verwerfen und abschaffen, sondern indem er es durch Neues
erneuert. Dieses Neue ist, dass Gott selbst in die alte Welt und
das alte Leben kommt. Der Anfang geschieht, weil er jemanden hat,
mit dem er etwas anfangen kann. Dieser Jemand ist Maria.


Am Anfang des neuen Jahres feiert die Kirche den Oktavtag von
Weihnachten und das Hochfest der Gottesmutter Maria. Sie ist die
„Anfängerin“ schlechthin.


Sie ist die Lernende, die fragt, wie das gehen soll mit der
Menschwerdung, die Wort und Tat Gottes mit der Welt
zusammenbringt und in ihrem Herzen bewegt.


Sie ist auch die, die etwas Neues beginnt, indem sie das, was
Gott ihr sagt und schenkt, empfängt und annimmt und damit etwas
anfängt.


Sie ist schließlich die, mit der Gott etwas anzufangen weiß, weil
sie ihm Raum und Stimme gibt und den Weg mitgeht, den er nicht
ohne sie gehen will.


Maria ist die Lernende, die Beginnende und die, mit der Gott
etwas anfangen kann – um unseretwillen. Denn Maria ist ja nicht
zuerst ein Vorbild, sondern zuerst Schenkerin der menschlichen
Gegenwart Gottes und Anfängerin des von ihm geschenkten neuen
Lebens.


Und das soll auch uns zu Anfängern machen. Zu Lernenden, zu
Beginnenden und zu Menschen, mit denen Gott etwas anzufangen
weiß.


Nun fällt das den meisten Menschen nicht ganz leicht. Anfänger
dürfen zwar mit Rücksicht rechnen, werden aber häufig nicht so
richtig ernst genommen. Auf die Dauer ein Anfänger zu sein (so
wie ich zum Beispiel im Italienischen), ist eine unbefriedigende
Sache. Wer etwas anfängt, muss sich etwas Neues trauen. Und wer
will, dass andere mit ihm etwas anfangen können, muss sich ihnen
anvertrauen.


Viele Anfänger möchten ihr Anfänger-Sein möglichst bald hinter
sich bringen. Sie wollen Fortgeschrittene und Erfahrene sein –
oder dafür gehalten werden. Es ist seltsam: Viele wollen einen
Neuanfang. Aber nur wenige wollen Anfänger sein.


Aber wir brauchen keine Angst haben um unsere Erfahrung, unsere
erlernten Fertigkeiten, unseren Fortschritt im geistlichen Leben.
All das wird oder bleibt gut durch die dauernde Erneuerung von
dem, der an Weihnachten in die Welt gekommen ist. Weil Christen
zu Christus, also zum Neuanfang Gottes mit der Welt gehören,
müssen sie Anfänger sein und bleiben. Erfahrene Anfänger
meinetwegen, aber immer Lernende, immer Menschen, die beginnen,
und mit denen Gott etwas anfangen kann.


Wir können das im Leben vieler Glaubenszeugen ablesen. Papst
Benedikt XVI. war so ein erfahrener Anfänger, für den auch im
hohen Alter die Beziehung zu Jesus noch immer etwas Neues war,
das ihn lernen und beginnen und zu jemandem werden ließ, mit dem
Gott etwas anzufangen weiß.


Was Gott alles mit Papst Benedikt anzufangen wusste und
anzufangen weiß, werden wir vielleicht erst lange nach seinem Tod
erkennen. Er aber möge sich jetzt schon darüber freuen – und zwar
zusammen mit uns – was Gott mit uns alles anfangen kann.


Fra' Georg Lengerke

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