Unbegreiflich schön 1 Kor 2,1-5

Unbegreiflich schön 1 Kor 2,1-5

4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Als ich mit dem Predigen anfing, hat mich die Frage nach der
Wirkung mehr beschäftigt als heute. Nicht, dass mir die Wirkung
heute egal wäre. Aber damals hat sie mich manchmal regelrecht
umgetrieben. Das hatte zum Teil mit meinem Anfängersein zu tun –
zum Teil mit meiner Eitelkeit.


Wenn jemand mir sagte: „Das war eine schöne Predigt“, habe ich
mich gefreut. Später wurde ich dann etwas skeptisch. Und manchmal
habe ich nachgefragt, was der Hörerin denn besonders gefallen
habe. Oft hieß es dann in etwa: „Ach, so insgesamt… und wie Sie
reden.“


Seitdem frage ich mich oft: War nur meine Predigt schön? Oder war
(schlimmer noch) nur mein Predigen schön? – Oder wurde erkennbar,
wie unbegreiflich schön der ist, von dem ich predige?


Paulus schreibt den Korinthern, er sei „nicht gekommen, um
glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen“, sondern um
„das Geheimnis Gottes zu verkünden“. Und das, so Paulus weiter,
bedeute nicht „Überredung durch gewandte und kluge Worte“,
sondern sei „mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden“.


Wer gerne mit Sprache umgeht, ist versucht „glänzende Reden und
gelehrte Weisheit vorzutragen“. Ich weiß das. Und ich vermute,
dass Paulus hier konkrete Leute vor Augen hat, die in Korinth
gelehrt haben und deren rhetorisches und intellektuelles
Brillieren er angreift, weil es letztlich nur von ihnen selbst
handelte.


Paulus wendet sich nicht gegen Klugheit oder Weisheit oder eine
schöne Sprache. Er will nur nicht, dass das Gefühl mehr
Aufmerksamkeit bekommt als das Gefühlte, dass das Sagen schöner
sein will als das Gesagte oder dass der Bericht sich wichtiger
macht als das Berichtete.


Was aber ist das Gefühlte, das Gesagte, das Berichtete, wenn es
um den Glauben geht? Es ist das Geheimnis Gottes. Sein Geist,
seine Kraft und seine Weisheit. Sein Wort und sein Wirken.


Wir sollen nicht uns selbst verkündigen, nicht unsere eigene
Gutheit oder unsere Taten, unsere Gefühle oder Ansichten, sondern
ihn. Aber ihn sollen wir verkünden, als den, der sich in unserem
Leben offenbart und in unser Leben hineingesprochen hat, der
unser Leben verändert und geprägt hat.


Paulus kommt zu den Korinthern mit Furcht und Zittern. Nicht,
weil er Angst vor seinen Zuhörern, vor der Predigt oder um deren
Wirkung hatte, sondern weil die Erfahrung Gottes für ihn
verstörend und überwältigend war. Und weil nun sein versehrtes
Leben von diesem Gott erzählen soll.


Das Leben eines jeden Christen soll eine Predigt, ein Zeugnis für
das unbegreifliche Geheimnis Gottes sein, das im Leben Jesu
offenbar geworden und noch immer unter uns wirksam ist, sich uns
offenbart und zu uns spricht.


Ich weiß, dass ich auch leben soll, was ich predige. Aber meine
Predigt ist (wie die Predigt Jesu) meinem Leben immer voraus. So
wie der Anspruch immer der Wirklichkeit voraus ist. Und das ist
ganz in Ordnung so. Nur so kommt Bewegung in unser Leben und der
Karren aus dem Dreck.


Auch mein versehrtes Leben und mein lückenhaftes Lieben läuft
hinter dem Wort Gottes her – und soll jetzt schon eine Predigt
und ein Zeugnis sein.


Und sollte mir mal wieder jemand sagen: „Die Predigt war schön“,
dann hoffe ich, dass derjenige auch sagen kann: „Der, von dem Sie
predigen, ist schön. – Unbegreiflich schön!“


Fra' Georg Lengerke

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