Murren – Kirche im Kindersitz Ex 17,3-7

Murren – Kirche im Kindersitz Ex 17,3-7

4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Als Kinder konnten wir – wie die meisten Kinder –unausstehlich
sein. Vor allem auf längeren Autofahrten. Quengelnd und maulend,
nichts war recht. Auch bei uns gab es die bald völlig
unglaubwürdige Drohung: „Gleich steigt Ihr aus!“ Neulich erzählte
der Kabarettist Johann König, dass seine Schwester und er
dieselbe Drohung auf Autofahrten auch nicht ernstgenommen hätten
– bis seine Mutter eines Tages sagte: „Wir hatten vor Euch schon
mal zwei Kinder…!“


Die heutige erste Lesung erzählt von der Durststrecke des Volkes
Gottes durch die Wüste nach dem Auszug aus Ägypten. Gott sorgt
für sein Volk. Aber das Volk murrt. Es ist unausstehlich. Es
murrt gegen Gott und gegen Mose. Es murrt, weil das Essen fehlt
oder sie langweilt, es murrt, weil sie Durst haben, weil die
Sonne heiß und der Weg lang ist.


Nicht, dass Hunger, Durst und Hitze Lappalien wären. Der Weg
durch die Wüste war beschwerlich, gefährlich und schwer
erträglich. Aber so ist das mit unseren Wegen in die Freiheit.


Das Schlimme am Murren ist, dass es mit der Verhärtung der Herzen
einhergeht. Mit einer Vergesslichkeit in Bezug auf das gewesene
Gute, einer Unempfänglichkeit für das gegenwärtige Gute und dem
Desinteresse am verheißenen, kommenden Guten. Vergessen war das
Leiden in Ägypten. Nur die dortigen Fleischtöpfe flimmern noch
vor den Augen. Vergessen war die wunderbare Befreiung und die
Sorge Gottes in der Wüste. Der ganze Auszug schien nur noch
Irrtum und List gewesen zu sein, um sie letztlich doch in der
Wüste umzubringen.


Das Murren ist eine Versuchung bis heute. Auch in der Kirche. Und
zwar in allen Lagern. Man kann mitunter gar den Eindruck
bekommen, das Murren gehöre zum guten Ton. Wer nicht murrt,
verkennt den Ernst der Lage und verharmlost die Krise. Murren
tritt an die Stelle von Gespräch und Gebet. Murren wird zur
Kirchenpflicht des kritischen Christenmenschen.


Im 85. Psalm ruft der Beter: „Würdet ihr doch heute auf seine
Stimme hören!“ Und er lässt Gott sagen: „Verhärtet euer Herz
nicht wie in Meríba, wie in der Wüste am Tag von Massa! Dort
haben eure Väter mich versucht, sie stellten mich auf die Probe
und hatten doch mein Tun gesehen.“


„Mein Tun“ – was ist das? Dass Gott in der Wüste für sein Volk
sorgt. Über Brot und Wasser hinaus. Manchmal auch so, dass erst
der Mangel an Brot und Wasser hilft, wieder zu entdecken, dass
der Mensch von mehr lebt als bloß von Brot und Wasser (Dtn
8,3-6).


Neulich sprach ich mit jungen Eltern über längere Autofahrten mit
ihren Kindern. Sie fanden Hörbücher gut. Filme weniger.
Kinderproviant helfe, hieß es, und anderes mehr. Aber alle waren
sich einig: Die Kinder müssen auch lernen, mit Durststrecken
umzugehen.


Auch darum geht es auf den Durststrecken durch die Wüste: um die
Einübung von Glaube, Hoffnung und Liebe in der Krise. Um
geistliche Widerstandskraft. Um die Bereitschaft, an
Schwierigkeiten zu wachsen. Um ein Vertrauen, dass sich in der
Not bewährt und dem, der treu war, auch in der Not glaubt, dass
er treu sein wird. Um eine Wiederentdeckung des Gottes, der mit
seiner Kirche durch die Wüste zieht.


Der heilige Paulus schafft im Ersten Korintherbrief eine
Verbindung zwischen der Erzählung von Massa und Meriba und dem
heutigen Gespräch Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4,
5–42). Er sagt: Der Fels, aus dem Mose das Wasser schlägt,
bedeutet Christus, der mit seinem Volk durch die Wüste zieht (1
Kor 10,4).


Wo wir aufhören zu murren, und wieder mit Christus verbundene
Menschen werden, da werden wir uns auf der Durststrecke bewähren.
Und er gibt Wasser, das den Lebensdurst stillt und die Menschen,
die davon trinken, zur Lebensquelle für andere macht.


Fra' Georg Lengerke

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