Hab dich. Nicht so (Predigt 25 Jahre Libanonprojekt, 11 Min.) Mt 25,14-30

Hab dich. Nicht so (Predigt 25 Jahre Libanonprojekt, 11 Min.) Mt 25,14-30

11 Minuten

Beschreibung

vor 6 Monaten

An diesem Wochenende feiern wir in München ein Dankfest. Seit 25
Jahren gibt es das Libanonprojekt, in dem deutsche und
libanesische Volontäre mit behinderten und psychisch kranken
Menschen in den libanesischen Bergen Ferien machen.


Da scheint das Gleichnis von den Talenten, die im Geben gemehrt
und im Verbergen verloren werden, gerade richtig zu kommen. Wir
danken für Menschen und ihre Talente, dafür, dass sie sie gegeben
und gemehrt haben. Dafür, dass andere so ermutigt wurden, auch
sich und das Ihre einzubringen. Dafür, dass wir miteinander reich
geworden sind an Freundschaft und Liebe, an Glaube und Hoffnung…


Aber irgendwas fehlt. Dafür hätten wir das Evangelium nicht
gebraucht. Und die Sache mit der Mehrung der Talente hat etwas
Fragwürdiges. Oft wird gesagt: „Man bekommt so viel mehr zurück,
als man gibt!“ Kann sein. Aber geht es darum? Sind wir dafür
gekommen? Das ist ja einer der Vorwürfe gegen Projekte wie
unseres: es sei Voluntärstourismus und eine Instrumentalisierung
der Armen, um etwas wiederzubekommen, eine narzisstische
Selbstbefriedigung unter dem Deckmantel des Altruismus.


Aber das Resümee im Evangelium ist ja gar nicht: Wer gibt, dem
wird gegeben. Das wäre zwar langweilig aber wenigstens gerecht.
Das Resümee Jesu jedoch klingt empörend ungerecht:


Wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben;
wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.


Berthold Brecht hat dieses Gleichnis das „Kapitalistenevangelium“
genannt: Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer
ärmer. Ist das gemeint?


Während der Pandemie war ich in einer seelsorglichen
Einsatzgruppe, deren Mitglieder Covid-19-Patienten besuchten, um
ihnen die Krankenkommunion, die Krankensalbung oder die Beichte
zu spenden, oder für ein Gespräch da zu sein.


Eine freundliche alte Dame mit Humor wollte mir am Ende des
Besuchs eine alte Geldbörse mit einer Spende mitgeben. Ich
meinte, die dürfte ich leider nicht annehmen wegen der
Infektionslage. Darauf Sie energisch: „Pater Georg, jetzt haben
Sie sich mal nicht so! Wenn Sie sich vor dem Besuch so gehabt
hätten, wären Sie gar nicht erst zu mir gekommen.“


Dieses Wort beschäftigt mich seitdem. „Sich nicht so haben“
bedeutet ja, nicht allzu empfindlich zu sein. Anders gesagt: Sei
keine Heulsuse, und stell Dich nicht so an.


Hab Dich nicht so! Aber ich soll mich doch haben! Ich bin mir ja
auch gegeben: mein Leben, mein Leib, meine natürlichen und
erlernten Fähigkeiten – meine Talente.


Hab Dich nicht so! Ich denke über diesen Satz seitdem viel nach.
Denn er sagt mir ja: Ich soll mich haben. – Aber nicht so.


Der vollständige Text der Predigt erscheint in Kürze unter
https://www.betdenkzettel.de/

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: