Kann man Worte festhalten? Mk 9,2-10

Kann man Worte festhalten? Mk 9,2-10

11 Minuten

Beschreibung

vor 2 Monaten

Es gibt Worte, die vergesse ich nicht. Worte von Menschen, die
mich lieben. Worte von Fremden, die überraschende Antwort auf
brennende aber ungestellte Fragen waren. Worte der Bibel, die mir
nie auffiehlen und dann in einer bestimmten Situation mit einem
Mal eine ungeahnte Bedeutung bekamen.


Drei der Jünger Jesu (Petrus, Jakobus und Johannes) haben auf
einem Berg eine verstörende Erfahrung gemacht. Sie sehen Jesus
für einen Augenblick in einer verwandelten Gestalt, die die
Grenzen ihrer bisherigen Erfahrung sprengt. Er strahlt auf
irdisch unbeschreibliche Weise. Er spricht mit Mose und Elija.
Die sind längst verstorben. Aber für ihn sind sie lebendig. Die
einst von Jesus sprachen, sprechen nun mit Jesus.


Beim Abstieg verbietet Jesus ihnen, von dieser Erfahrung zu
erzählen, bis er von den Toten auferstanden sei. Und dann
schreibt der Evangelist: „Dieses Wort beschäftigte sie und sie
fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.“


Für mich ergeben sich daraus drei konkrete Fragen für die Zeit
auf Ostern zu:


1. Welches Wort halte ich fest?


Im Griechischen steht da: „Dieses Wort hielten sie fest.“ Wir
hören und lesen auf verschiedensten Wegen so viele Worte, wie
keine Generation vor uns. Umso wichtiger wird es, nach ihrer
Wahrheit, ihrer Güte und ihrer Relevanz zu fragen. Und danach,
welche Worte ich festhalte und welche ich zurücklasse, welchen
Worten ich Macht gebe, und welche ich zurückweise.


Es können auch verstörende Worte sein, die ich dennoch festhalten
soll. Worte, die ich zunächst nicht richtig verstehe, die Zeit
brauchen, um von mir angenommen und verstanden, geglaubt und
beantwortet und in meinem Leben wirksam zu werden.


Während der Verklärung Jesu hören die Jünger eine Stimme sagen:
„Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören.“
Unmittelbar, wenn er spricht. Mittelbar, wo immer einer von ihm,
in seinem Namen oder in seinem Geist spricht.


Welches Wort von ihm oder den Seinen habe ich mal festgehalten,
und es ist Zeit mich daran zu erinnern? Welches Wort von ihm will
nicht verlieren? Oder wie kann ich überhaupt wieder hören, was er
mir sagen will?


2. Was hilft mir, zu schweigen?


Es gibt verschiedene Gründe, warum Jesus Menschen einschärft,
einstweilen nicht von dem zu erzählen, was sie von ihm gehört
oder mit ihm erlebt haben. Hier wird es vermutlich die Tatsache
sein, dass die Bedeutung der Verklärung auf dem Berg erst an
Ostern ganz erkannt wird. Erst wenn sie den Auferstandenen sehen
und hören, werden sie verstehen, dass Jesus der ist, von dem Mose
und Elija gesprochen haben und der auch die Hoffnung und
Erfüllung ihres Lebens ist.


Und bis dahin sollen sie das Gesehene und Gehörte nicht
herumerzählen. Was wir – kaum, dass wir es erfahren haben –
gleich weitererzählen, das verteilt sich nicht nur, sondern
verfestigt sich auch. Oft noch ganz unverstanden, als eine
Sensation oder Irritation, der gleich die nächste folgen wird.


Was wir erzählt haben, ist unwiderruflich in der Welt. Es kann
sich in uns auch nicht mehr „entpuppen“ und jene Wirksamkeit
entfalten, die nur im Verborgenen möglich ist.


3. Mit wem kann ich nach der Auferstehung fragen?


Das eine, was es braucht, ist Diskretion. Das andere ist das
Gespräch mit denen, die mit mir glauben. Die Jünger, erzählt
Markus, „fragen einander, was das sei, von den Toten
auferstehen“.


Das ist für viele Christen eine Not. Sie trauen sich nicht, nach
dem zu fragen, wovon sie meinen, sie müssten es längst wissen.
Oder sie würden gerne fragen, finden aber niemanden, den sie
fragen können. Und nicht selten halten sie bald das, wovon man
scheinbar nicht reden kann, dann doch nicht für ganz so wichtig.


Wo sind die Menschen, mit denen ich nach dem Wort Jesu fragen und
es hören kann? Wo sind die, mit denen ich schweigen kann und die
mir helfen, jene Diskretion zu üben, die es zum Verstehen und
Wirksamwerden des Wortes Gottes braucht? Und wo sind die, mit
denen ich nach der Auferstehung Jesu und nach unserer
Auferstehung fragen kann?


Fra' Georg Lengerke

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