Lieben statt begreifen - Interview mit Hans-Peter Dürr

Lieben statt begreifen - Interview mit Hans-Peter Dürr

Interview Christoph Quarch mit Hans-Peter Dürr
38 Minuten
Podcast
Podcaster
Der Philosophiepodcast von Christoph Quarch und der Akademie-3.org

Beschreibung

vor 1 Jahr

Spirit im Dialog:
Das Interview wurde am 15.12.2011 von Christoph Quarch mit
Hans-Peter Dürr aufgenommen und ist so aktuell wie
damals.


Wir veröffentlichen einmal im Monat Interviews, die Christoph
Quarch mit Persönlichkeiten führte. Den Auftakt macht Hans-Peter
Dürr, Physiker und leider schon verstorben.


Es geht um unsere Weltwahrnehmung.


***


Lieben statt begreifen


Die Erkenntnisse der avancierten Physik fordern dazu auf, die
Wirklichkeit in einem neuen Licht zu sehen. Nicht werden wir der
Welt gerecht, wenn wir sie analytisch zergliedern, sondern sofern
wir sie als ein Ganzes verstehen, in dem alles mit allem
verbunden ist, sagt der Physiker Hans-Peter Dürr.


 +++


Wir: Herr Dürr, wie wenige andere haben Sie in den vergangenen 50
Jahren die Entwicklung der theoretischen Physik aus nächster Nähe
verfolgt. Was ist für Sie die folgenreichste Erkenntnis, die Ihre
Wissenschaft zutage gefördert hat?


Hans-Peter Dürr: Die wohl bahnbrechendste Erkenntnis der neueren
Physik liegt darin, dass wir nicht länger die Materie als
Grundbaustein des Universum betrachten können. Ja, wir wissen
heute, dass es auch nicht Energie ist, was der Welt zugrunde
liegt, denn Energie ist bei Lichte besehen nichts anderes als
»verdünnte Materie«, während Materie so etwas wie »zerknüllte
Energie« ist. Nein, was die Welt im Innersten zusammenhält, ist
ihre Beziehungsstruktur. Und diese Beziehungsstruktur ist weder
materiell noch energetisch erzeugt, sondern sie besteht von
Anfang an.


Wir: Am Anfang war die Beziehung?


Dürr: So könnte man sagen. Wobei es merkwürdig ist, dass die
Beziehung ursprünglicher ist als dasjenige, was in Beziehung
zueinander steht. Und doch verhält es sich genau so.


Wir: Welche Konsequenzen bringt diese neue Weltsicht mit sich?


Dürr: Zunächst einmal gibt sie eine Antwort auf die von der
klassischen Physik nicht hinreichend beantwortete Frage, wie
eigentlich eines und ein anderes in Beziehung stehen können.
Schauen Sie: Wenn wir uns fragen, wie sich die Beziehung
verstehen lässt, in der Sie und ich zueinander stehen, dann hätte
man in der alten Physik darauf verwiesen, dass wir uns im
gleichen Raum befinden und uns in einer messbaren Entfernung
zueinander befinden. Aber damit wäre nichts erklärt. Wenn wir uns
hingegen von dieser Sicht frei machen und uns in einer anderen
Dimension bewegen, in der wir mit einem Blick das Ganze sehen und
– ohne es begreifen zu können – erfahren, dass wir nie getrennt
sind, dann kommen wir der Realität sehr viel näher. Nur erfordert
das eine ganz andere Weise, sich zur Welt zu verhalten: eher
tastend und spürend.


....

Kommentare (0)

Lade Inhalte...
15
15
:
: