Untersuchungen über die funktionelle Rolle des Neurotrophinrezeptors p75NTR

Untersuchungen über die funktionelle Rolle des Neurotrophinrezeptors p75NTR

Beschreibung

vor 21 Jahren
Neurotrophine sind für die Entwicklung und Funktion des
Nervensystems von Wirbeltieren unabdingbar. Sie entfalten ihre
vielfältigen Funktionen über zwei Typen von Transmembranrezeptoren.
Einerseits binden sie an die Trk-Rezeptoren, andererseits an den
Neurotrophinrezeptor p75NTR. Obwohl p75NTR der erste klonierte
Neurotrophinrezeptor war, wird die Wirkungsweise von Trk-Rezeptoren
heute besser verstanden als von p75NTR. Erstens besitzen
Trk-Rezeptoren als Rezeptortyrosinkinasen im Gegensatz zu p75NTR
eine intrinsische enzymatische Aktivität, was die Aufklärung ihrer
Signaltransduktionsmechanismen bedeutend erleichtert hat. Zweitens
vermitteln Trk-Rezeptoren die klassische trophische Funktion der
Neurotrophine, p75NTR hingegen neuartige Funktionen von
Neurotrophinen, die zuvor noch nicht bekannt waren. Diese
nicht-klassischen Funktionen, wie beispielsweise die Zelltod
auslösende Wirkung von NGF, werden erst seit den letzten Jahren
untersucht. Drittens konnte die Funktion der Trk-Rezeptoren in
vollständigen Deletionsmutanten der Maus analysiert werden,
wohingegen von p75NTR erst seit kurzem ein vollständiger Knockout
existiert. In unserem Labor war nämlich gefunden worden, dass eine
Spleißvariante von p75NTR in der bereits beschriebenen
Deletionsmutante noch exprimiert wird. Am Beginn dieser
Doktorarbeit stand die nähere Charakterisierung dieser
Spleißvariante im Vordergrund. Um ihre physiologische Relevanz zu
klären, wurde zunächst versucht, die Spleißvariante als endogenes
Protein zu detektieren. Dies gelang in Kulturen aus primären
Schwannzellen. Wie zudem gezeigt wurde, ist diese Rezeptorisoform
in einer in unserem Labor generierten Deletionsmutante von p75NTR
nicht mehr vorhanden. Darüber hinaus wurde ein erheblich stärkerer
Schwannzellphänotyp in der neuen Deletionsmutante gefunden im
Vergleich zur bereits beschriebenen. Letztere stellt somit einen
Hypomorph dar. Die Funktion von p75NTR konnte nunmehr erstmals mit
Hilfe eines vollständigen Knockouts untersucht werden. Wurde p75NTR
zunächst lediglich eine die Trk-Rezeptoren modulierende Funktion
zugeschrieben, war bei Beginn dieser Doktorarbeit in mehreren
Ansätzen gezeigt worden, dass p75NTR unabhängig von den
Trk-Rezeptoren eigenständige Signalaktivität besitzt, die zudem
derjenigen der Trk-Rezeptoren entgegengerichtet sein kann. Für eine
detaillierte molekulare Analyse der Funktion von p75NTR ist ein
In-vitro-Assay unverzichtbar. Ein zentrales Ziel dieser Arbeit war
deshalb die Etablierung eines solchen Assays. Ein In-vitro-Assay
für p75NTR unter Verwendung der vollständigen Deletionsmutante
konnte in cerebellären Körnerzellen etabliert werden. Aktivierung
von p75NTR mit NGF führt zu einer Erhöhung der RhoA-Aktivität.
Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass auch TNFR, wie p75NTR
ein Mitglied der TNFR-Überfamilie, RhoA aktiviert, obgleich mit
einer klar unterschiedlichen Kinetik. Die TNFa-vermittelte
Regulation von RhoA hemmte das Auswachsen von Neuriten. Im
cerebellären Kultursystem konnte jedoch kein Effekt von NGF auf das
Neuritenwachstum festgestellt werden. Weil Rho aber auch die
Transkription steuern kann, wurde die Wirkung von NGF auf das
Genexpressionsmuster von Körnerzellen mit einem
‘Gene-Profiling’-Experiment analysiert. Es wurden 69 Gene, die
durch NGF entweder hoch- oder hinunterreguliert werden und zum Teil
‘Cluster’ bilden, gefunden. Mit Hilfe der vollständigen
Deletionsmutante wurden bisher GAP-5 und GluR2 als neue Zielgene
von p75NTR identifiziert. GluR2 kodiert für eine der vier
AMPA-Rezeptor-Untereinheiten und spielt eine zentrale Rolle für die
synaptische Plastizität. Da in einem unabhängigen Ansatz ein Defekt
bei der Ausprägung von hippocampalem LTD (‘long term depression’),
einer Form von synaptischer Plastizität, im vollständigen Knockout
von p75NTR gefunden worden war, wurde der weitere Schwerpunkt
dieser Arbeit auf den AMPA-Rezeptor gelegt. Die weitere
Untersuchung aller AMPA-Rezeptor-Untereinheiten im Hippocampus
ergab, dass neben GluR2 auch GluR3 ein Zielgen von p75NTR ist und
dass zudem GluR2 wie auch GluR3, jedoch nicht GluR1 und GluR4, in
vivo im p75NTR-Knockout im Vergleich zum Wildtyp in ihrer
Expression signifikant verändert sind. Diese Befunde legen eine
veränderte Stöchiometrie des AMPA-Rezeptors im p75NTR-Knockout nahe
und liefern einen Erklärungsansatz für das veränderte LTD in der
p75NTR-Deletionsmutante. Zudem erweitern sie das Konzept der
Bedeutung von Neurotrophinen für die synaptische Plastizität im
Allgemeinen und der von p75NTR im Speziellen.

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