Signaltransduktion des Neurotrophinrezeptors p75 durch die Zinkfingerproteine NRIF1 und NRIF2

Signaltransduktion des Neurotrophinrezeptors p75 durch die Zinkfingerproteine NRIF1 und NRIF2

Beschreibung

vor 23 Jahren
Der Neurotrophinrezeptor p75 wurde als erstes Mitglied der
Tumornekrosefaktor-Rezeptor-Superfamilie kloniert. Da die
trophischen Eigenschaften der Neurotrophine durch eine zweite
Klasse von Rezeptoren, die Trk-Rezeptor-Tyrosinkinasen, vermittelt
werden, wurde p75 lange als deren „Corezeptor“ angesehen.
Inzwischen gibt es viele Beweise für eine eigen-ständige
Signaltransduktion durch p75, die beispielsweise zur Aktivierung
von NF-κ B oder zu programmiertem Zelltod führen kann. Zu Beginn
dieser Arbeit war weitgehend unbekannt, wie der
Neurotrophinrezeptor p75 apoptotische Signale im Inneren der Zelle
weiterleitet. Unter Verwendung des Hefe-„Two-Hybrid“- Systems war
im Vorfeld das Zinkfingerprotein NRIF1 („Neurotrophin Receptor
Interacting Factor“) als potentieller p75-Interaktionspartner
identifiziert worden. Die wichtige Rolle dieses Proteins als
Vermittler von apoptotischen Signalen konnte später durch gezielte
Deletion des nrif1-Gens in der Maus bestätigt werden: In
nrif1-Nullmutanten wurde eine Reduktion des embryonalen Zelltodes
von Nervenzellen der Netzhaut nachgewiesen, deren Ausmaß dem einer
p75- oder ngf („Nerve Growth Factor“)-Deletion entsprach
(Casademunt et al., 1999). In der vorliegenden Arbeit wurde ein
zweites nrif-Gen (nrif2) kloniert, das zu über 90% mit nrif1
identisch ist. Beide Proteine besitzen typische Strukturmerkmale
negativ regulatorisch wirkender Transkriptionsfaktoren. Der
carboxyterminale Abschnitt enthält fünf Zinkfinger des
Cys2-His2-Typs, die eine Bindung an DNA vermitteln könnten, während
der aminoterminale Bereich zwei KRAB-Domänen enthält, die
Transkriptionsrepressor-Module darstellen. Das nrif2-Gen wird im
5’-untranslatierten Bereich differentiell gespleißt. Durch
Experimente mit rekombinanten Proteinen aus E. coli und
Fibroblasten-Zellinien wurde die vermutete Interaktion von NRIF und
p75 biochemisch nachgewiesen. Die Ver-wendung unterschiedlicher
Deletionskonstrukte zeigte, daß für die Wechselwirkung nur die
Juxtamembran-Domäne des Rezeptors und ein carboxyterminaler
Abschnitt von NRIF (stromaufwärts der Zinkfinger) nötig sind.
NRIF-Proteine können unter Bildung von Homo- und Heterodimeren mit
sich selbst interagieren. Die Colokalisierung von NRIF1 und NRIF2
bzw. NRIF und p75 nach transienter Transfektion von
Fibroblasten-Zellinien bestätigte die biochemisch nachgewiesenen
Interaktionen auch in vivo. Die Expression von NRIF in Zellinien
neuronalen Ursprungs offenbarte eine mögliche Funktion als Auslöser
von Apoptose, welche unabhängig von p75 allein durch
Über-expression dieser Zinkfingerproteine verursacht wurde.
Außerdem war in NRIF-überexprimierenden Zellen der Einbau von BrdU,
einem Thymidin-Analogon, das Zellen in der S-Phase des Zellzyklus
markiert, stark eingeschränkt. Diese Funktionen von NRIF
sindbesonders interessant, da in den letzten zwei Jahren weitere
Adaptermoleküle des Neuro-trophinrezeptors p75 identifiziert
wurden, die einen Einfluß auf Apoptose und/oder den Ablauf des
Zellzyklus besitzen. p75 spielt insbesondere während des
programmierten Zelltodes in der Entwicklung des Nervensystems eine
wichtige Rolle und wird im Embryonalstadium am stärksten
exprimiert. Die Analyse der mRNA-Expression von nrif bestätigte,
daß auch nrif1 und nrif2 während der Embryonalentwicklung deutlich
höher exprimiert sind als in adulten Mäusen. Nrif-mRNA wurde jedoch
im Gegensatz zu p75-mRNA ubiquitär in allen untersuchten
embryonalen Geweben nachgewiesen. In weiterführenden Experimenten
wurden transgene Mäusen untersucht, in denen das nrif1-Gen durch
homologe Rekombination entfernt worden war. Diese Mäuse sind in
einem kongenen Sv129- oder einem gemischten Sv129/BL6-Hintergrund
lebensfähig und fertil, sterben jedoch im BL6-Hintergrund ungefähr
am zwölften Embryonaltag. Die Hypothese, daß die nrif2-mRNA-Menge
in überlebenden Tieren erhöht sein könnte, wurde zuerst in
neugebo-renen Sv129-Mäusen durch semiquantitative RT-PCR-Analysen
bestätigt. Eine vergleichen-de Untersuchung 10,5 Tage alter
Embryonen aus verschiedenen Stämmen deutete auf die Möglichkeit
einer funktionellen Kompensation hin: Während in Nullmutanten des
Sv129- Stammes die nrif2-mRNA-Konzentration ungefähr doppelt so
hoch war wie in Wildtyp-Tieren, konnten BL6-Nullmutanten die
nrif2-Menge nicht differentiell regulieren. Das Fehlen von NRIF1
und die gleichzeitige Unfähigkeit einer ausgleichenden
Hochregulation von NRIF2 könnten ein wichtiger Grund für die
embryonale Letalität der nrif1 (-/-)-Embryonen im BL6- Stamm sein.
Eine genau ausgewogene Menge der Zinkfingerproteine NRIF1 und NRIF2
scheint demnach essentiell zu sein, damit wichtige Prozesse wie
Zellzyklus und Apoptose ungestört ablaufen können.

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