Wolfgang Kubicki: „Die neue Regierung ist noch beim Boarding“

Wolfgang Kubicki: „Die neue Regierung ist noch beim Boarding“

46 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren
Die FAZ hat über Wolfgang Kubicki (FDP) gerade geschrieben, dass er
einer der wenigen Politiker sei, der so spricht, dass man hinhört.
Das gilt für Olaf Scholz weniger, außerdem sagt er im Moment kaum
etwas – und wird trotzdem von Kubicki, der sich früher oft kritisch
über Scholz geäußert hat, für sein Verhalten in der Ukraine-Krise
verteidigt. Der Vizepräsident des Bundestages hat Verständnis
dafür, dass der Kanzler dem Druck nicht nachgibt, dem russischen
Präsidenten offen mit dem Ende von Nord Stream 2 zu drohen, wenn
dieser die Ukraine angreifen würde: „Wenn Menschen Scholz
bedrängen, er müsse dies oder jenes tun, muss er sich fragen, ob er
das wirklich tun sollte. Er darf nicht zum Getriebenen anderer
werden. Es kann auch ein Ausweis von Stärke sein, sich weder von
einem Publikationsorgan noch von der Opposition treiben zu lassen.“
Zudem mache es keinen Sinn, Sanktionsandrohungen auf den Tisch zu
legen, weil das Gegenüber dann weiß, worauf es sich einstellen
kann: „Über Sanktionen redet man nicht, die vollzieht man, wenn es
nötig ist“, sagt Kubicki. Und: „Selbstverständlich muss man
aufpassen, nicht ständig Drohgebärden aufzubauen, damit nicht
irgendwann aus diesen Drohgebärden mal etwas Realistisches wird.
Insofern freue ich mich über den sehr zurückhaltenden und
pragmatischen Kurs der Außenministerin und des Bundeskanzlers.“ Bei
der Diskussion über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht
ist der FDP-Politiker dagegen ganz anderer Meinung als der Kanzler,
und sagt: „Nur weil Olaf Scholz sich die allgemeine Impfpflicht
wünscht, müssen ihm die anderen Abgeordneten nicht folgen. Sein
Argumentationswert ist nicht größer als meiner. Auch er hat im
Bundestag nur eine Stimme. Der Wert von Demokratie ist, dass
niemand aufgrund seiner Funktion für sich in Anspruch nehmen kann,
dass er Recht hat.“ Wenn das anders wäre, könnte man den Deutschen
Bundestag nach Hause schicken: „Wir müssen uns wieder daran
gewöhnen, anders als zu Zeiten von Angela Merkel, dass man
diskutieren muss.“ Die Wähler könnten nur begreifen, wie man zu
einer bestimmten Entscheidung kommt, wenn sie sähen, wie Argumente
ausgetauscht werden. „Führung durch Überzeugung ist allemal besser
als Führung durch Anordnung.“ Kubicki bat auch darum, der neuen
Regierung noch Zeit zu geben, um sich zu finden. „Ich sage immer:
Die sind noch beim Boarding.“ Bis die Maschine abhebe dauere es
aber nicht mehr lange: „Ende März sind alle Ministerien soweit,
dass sie voll funktionsfähig sind.“

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