Der "Turm von Hanoi" und "Turm von London" auf dem Tablet PC
Beschreibung
vor 16 Jahren
Der Turm von Hanoi (TvH) und der Turm von London (TvL) sind
Transformationsaufgaben zur Untersuchung des Problemlöse- und
Planungsverhaltens, die in der neuropsychologischen Diagnostik und
in den Neurowissenschaften eingesetzt werden. Die Durchsicht der
Literatur zeigt allerdings, dass es bis jetzt für beide
Turmaufgaben weder eine einheitliche Struktur, noch ein
standardisiertes Auswertungssystem in Klinik und Forschung gibt.
Daher existiert eine große Bandbreite bezüglich Aufgabenauswahl,
unterschiedlichen Variablen und Testdurchführung (Instruktion,
Holz- oder Computerversion). Dies könnte an der fehlenden
Information über die Strukturen des TvL und TvH und an den zu
messenden kognitiven Funktionen liegen. Diese Uneinheitlichkeit
macht es schwer bis unmöglich, einzelne Studien und Ergebnisse
miteinander zu vergleichen und Schlussfolgerungen zu ziehen. In
dieser Arbeit sollen die kognitiven Anforderungen an den TvL und
den TvH untersucht werden. Wir haben in der Arbeitsgruppe Kognitive
Neurologie der Neurologischen Universitätsklinik München zusammen
mit dem Mathematischen Institut der LMU München eine
Computerversion beider Aufgaben auf dem Tablet-PC entwickelt, mit
denen es möglich ist, jeden einzelnen Schritt mit dem
„Hanoi“-Graphen und dem „London“-Graphen zu dokumentieren.
Zusätzlich werden die benötigte Zeit, die gemachten Züge, die
Anzahl der Fehler, die genauen Positionen der Fehler und die
gegangenen Pfade aufgezeichnet. Ziel dieser Arbeit war es, mögliche
Alterseffekte in Bezug auf das Problemlöseverhalten sowie Parameter
zu bestimmen, die die Aufgabenschwierigkeit ausmachen. Mit Hilfe
der Graphen wurde der Einsatz von Strategien untersucht. Ferner
sollten Zusammenhänge mit anderen Tests zur Untersuchung der
Exekutivfunktionen sowie zwischen dem TvH und dem TvL untersucht
werden. Zur genaueren Bestimmung beteiligter neuroanatomischer
Strukturen wurde das Problemlöseverhalten von Patienten mit
umschriebenen Hirnläsionen analysiert. Dazu wurden 70 gesunde
Probanden im Alter von 20-70 Jahren und 22 Patienten mit
umschriebenen Hirnläsionen untersucht. Die Probanden und Patienten
führten jeweils 20 TvH- und TvL-Aufgaben durch. Die ersten 12
TvL-Aufgaben waren die Originalaufgaben aus der Studie von Shallice
(1982) mit 2 bis 5 Zügen und wurden um je 4 Aufgaben mit 6 und 7
Zügen erweitert. Die TvH-Aufgaben waren in den Start- und
Zielpositionen sowie in der Anzahl der Züge ähnlich. Als
Kontrollvariablen wurden das verbale und visuelle Kurzzeit- und
Arbeitsgedächtnis (Zahlen- und Blockspannen), die Wort- und
Zeichenflüssigkeit, die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit und
Flexibilität (Trail Making Test A und B) sowie das
Intelligenzniveau (MWT-B, Matrizentest aus dem WIE) untersucht. Die
Ergebnisse zeigten, dass es Alterseffekte in Bezug auf das
Problemlöseverhalten gibt. Ältere gesunde Probanden waren insgesamt
langsamer und hatten weniger optimal gelöste Aufgaben. Die Analyse
der Graphen ergab, dass die meisten Probanden beim Lösen von TvH-
und TvL-Aufgaben bestimmte Strategien einsetzen. Beim TvH wurde die
verfeinerte perzeptuelle Strategie (VPS) und beim TvL vermutlich
die „obstacle-removal subgoal“ Strategie eingesetzt. Parameter, die
die Aufgabenschwierigkeit ausmachen, sind neben der Zugzahl
hauptsächlich die Anfangs- und Endkonfigurationen sowie die Anzahl
der kürzesten Lösungswege. Dabei sind Aufgaben mit einer flachen
Zielkonfiguration schwieriger zu lösen als Aufgaben mit einer
partiellen Turm-Zielkonfiguration sowie Turm-Zielkonfiguration.
Letztere erscheinen am leichtesten. Der Vergleich des TvH mit dem
TvL ergab, dass gesunde Probanden zur Lösung des TvL zwar mehr Zeit
benötigten, aber der Unterschied zwischen jüngeren und älteren
gesunden Probanden sowie zwischen Gesunden und Patienten beim TvH
größer war als beim TvL. Ältere und Patienten brauchten für den TvH
mehr Zeit und Züge. Korrelationsanalysen ergaben, dass beim Lösen
des TvH und TvL abstraktes Denkvermögen (Matrizentest) sowie
kognitive Flexibilität (Zeichenflüssigkeit, TMT B) beteiligt sind.
Die Läsionsanalysen weisen darauf hin, dass linkshemisphärische
Läsionen zur Verlangsamung und rechtshemisphärische eher zu
Schwierigkeiten beim Einhalten von Regeln führen. Zusammenfassend
kann gesagt werden, dass Turm von Hanoi und London auf dem Tablet
PC eine bessere Alternative zu bisherigen Versionen ist sowie eine
gezieltere Auswahl der Aufgaben, aber auch eine differenziertere
Analyse des Problemlöseverhaltens von gesunden Kontrollpersonen und
Patienten mit umschriebenen Läsionen ermöglicht.
Transformationsaufgaben zur Untersuchung des Problemlöse- und
Planungsverhaltens, die in der neuropsychologischen Diagnostik und
in den Neurowissenschaften eingesetzt werden. Die Durchsicht der
Literatur zeigt allerdings, dass es bis jetzt für beide
Turmaufgaben weder eine einheitliche Struktur, noch ein
standardisiertes Auswertungssystem in Klinik und Forschung gibt.
Daher existiert eine große Bandbreite bezüglich Aufgabenauswahl,
unterschiedlichen Variablen und Testdurchführung (Instruktion,
Holz- oder Computerversion). Dies könnte an der fehlenden
Information über die Strukturen des TvL und TvH und an den zu
messenden kognitiven Funktionen liegen. Diese Uneinheitlichkeit
macht es schwer bis unmöglich, einzelne Studien und Ergebnisse
miteinander zu vergleichen und Schlussfolgerungen zu ziehen. In
dieser Arbeit sollen die kognitiven Anforderungen an den TvL und
den TvH untersucht werden. Wir haben in der Arbeitsgruppe Kognitive
Neurologie der Neurologischen Universitätsklinik München zusammen
mit dem Mathematischen Institut der LMU München eine
Computerversion beider Aufgaben auf dem Tablet-PC entwickelt, mit
denen es möglich ist, jeden einzelnen Schritt mit dem
„Hanoi“-Graphen und dem „London“-Graphen zu dokumentieren.
Zusätzlich werden die benötigte Zeit, die gemachten Züge, die
Anzahl der Fehler, die genauen Positionen der Fehler und die
gegangenen Pfade aufgezeichnet. Ziel dieser Arbeit war es, mögliche
Alterseffekte in Bezug auf das Problemlöseverhalten sowie Parameter
zu bestimmen, die die Aufgabenschwierigkeit ausmachen. Mit Hilfe
der Graphen wurde der Einsatz von Strategien untersucht. Ferner
sollten Zusammenhänge mit anderen Tests zur Untersuchung der
Exekutivfunktionen sowie zwischen dem TvH und dem TvL untersucht
werden. Zur genaueren Bestimmung beteiligter neuroanatomischer
Strukturen wurde das Problemlöseverhalten von Patienten mit
umschriebenen Hirnläsionen analysiert. Dazu wurden 70 gesunde
Probanden im Alter von 20-70 Jahren und 22 Patienten mit
umschriebenen Hirnläsionen untersucht. Die Probanden und Patienten
führten jeweils 20 TvH- und TvL-Aufgaben durch. Die ersten 12
TvL-Aufgaben waren die Originalaufgaben aus der Studie von Shallice
(1982) mit 2 bis 5 Zügen und wurden um je 4 Aufgaben mit 6 und 7
Zügen erweitert. Die TvH-Aufgaben waren in den Start- und
Zielpositionen sowie in der Anzahl der Züge ähnlich. Als
Kontrollvariablen wurden das verbale und visuelle Kurzzeit- und
Arbeitsgedächtnis (Zahlen- und Blockspannen), die Wort- und
Zeichenflüssigkeit, die kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit und
Flexibilität (Trail Making Test A und B) sowie das
Intelligenzniveau (MWT-B, Matrizentest aus dem WIE) untersucht. Die
Ergebnisse zeigten, dass es Alterseffekte in Bezug auf das
Problemlöseverhalten gibt. Ältere gesunde Probanden waren insgesamt
langsamer und hatten weniger optimal gelöste Aufgaben. Die Analyse
der Graphen ergab, dass die meisten Probanden beim Lösen von TvH-
und TvL-Aufgaben bestimmte Strategien einsetzen. Beim TvH wurde die
verfeinerte perzeptuelle Strategie (VPS) und beim TvL vermutlich
die „obstacle-removal subgoal“ Strategie eingesetzt. Parameter, die
die Aufgabenschwierigkeit ausmachen, sind neben der Zugzahl
hauptsächlich die Anfangs- und Endkonfigurationen sowie die Anzahl
der kürzesten Lösungswege. Dabei sind Aufgaben mit einer flachen
Zielkonfiguration schwieriger zu lösen als Aufgaben mit einer
partiellen Turm-Zielkonfiguration sowie Turm-Zielkonfiguration.
Letztere erscheinen am leichtesten. Der Vergleich des TvH mit dem
TvL ergab, dass gesunde Probanden zur Lösung des TvL zwar mehr Zeit
benötigten, aber der Unterschied zwischen jüngeren und älteren
gesunden Probanden sowie zwischen Gesunden und Patienten beim TvH
größer war als beim TvL. Ältere und Patienten brauchten für den TvH
mehr Zeit und Züge. Korrelationsanalysen ergaben, dass beim Lösen
des TvH und TvL abstraktes Denkvermögen (Matrizentest) sowie
kognitive Flexibilität (Zeichenflüssigkeit, TMT B) beteiligt sind.
Die Läsionsanalysen weisen darauf hin, dass linkshemisphärische
Läsionen zur Verlangsamung und rechtshemisphärische eher zu
Schwierigkeiten beim Einhalten von Regeln führen. Zusammenfassend
kann gesagt werden, dass Turm von Hanoi und London auf dem Tablet
PC eine bessere Alternative zu bisherigen Versionen ist sowie eine
gezieltere Auswahl der Aufgaben, aber auch eine differenziertere
Analyse des Problemlöseverhaltens von gesunden Kontrollpersonen und
Patienten mit umschriebenen Läsionen ermöglicht.
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