Eine Kindheit als U-Boot.

Eine Kindheit als U-Boot.

50 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Lebenswege über Heinrich Ehlers. (Teil I  und II)
Ausgezeichnet mit dem „Prälat Leopold Ungar-JournalistInnenpreis
2020“


Man nennt sie U-Boote: Jüdische Menschen, die in der Zeit des
Nationalsozialismus (1938-1945) in den Untergrund gegangen sind,
um der Deportation ins KZ und damit dem sicheren Tod zu entgehen.
Heinrich Ehlers ist einer von ihnen. Er ist heute über 80 Jahre
alt und lebt in einer Gartensiedlung am Stadtrand von Wien. Bis
zu seinem 6. Lebensjahr kannte er nur einen Keller. Die Eltern
und die Großmutter waren 1939 mit dem Neugeborenen untergetaucht
– in eine 20 Quadratmeter Wohnung neben einem Kohlenkeller im 5.
Wiener Bezirk. Ein Jahr später kam sein Bruder zur Welt, 1944 die
Schwester.


Für radio klassik erzählt Heinrich Ehlers seine
Geschichte: von dem kleinen Kind, das nicht reden und
schon gar keinen Lärm machen durfte; von dem Vater, der Musiker
war und unter der Decke jiddische Lieder auf der Geige spielte,
tagsüber aber mit falschen Papieren unterwegs war, um
Lebensmittel aufzutreiben; von den Streitigkeiten mit der
Großmutter, und seiner Mutter, die die wahre Heldin für ihn war;
und von der böhmischen Hausbesorgerin, Frau Nahodil, und den
anderen Hausparteien, die alle von der versteckten Familie
wussten, und sie nicht verraten haben.


Im zweiten Teil der Sendung, am Freitag, 12. Juni, erinnert sich
Heinrich Ehlers an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren,
die letzten Monate im Untergrund, einen Bombentreffer auf ein
Krankenhaus, das er Minuten zuvor verlassen hatte, und an eine
Hausbewohnerin, bei der sich die Familie nie sicher sein konnte,
ob sie sie nicht doch verraten würde.


Die Kindheit als U-Boot prägt Heinrich Ehlers Leben. Immer wieder
erlebt er judenfeindliche Gesinnung, die in Österreich mit dem
Ende der Naziherrschaft nicht einfach aufhörte. Bereits als
Jugendlicher beginnt Heinrich Ehlers auf eigene Faust die
rechtsextreme Szene in Österreich auszuforschen – bis ihn im
Alter von 40 Jahren schwere Angstzustände ereilen.


Eine Lebenswege-Sendung in zwei Teilen von
Stefanie Jeller.


Teil I: Freitag, 5. Juni 2020, 17.30 – 17.55 Uhr
(Wh. So., 7. Juni, 17.30 Uhr)
Teil II: Freitag, 12. Juni, 17.30 – 17.55 Uhr
(Wh So., 14. Juni, 17.30 Uhr)


Wiederholung anlässlich der Auszeichnung mit dem
„Prälat Leopold Ungar-JournalistInnenpreis
2020“:  Dienstag, 17. November 2020,
19.00-19.55 Uhr.


Literaturhinweis: Die Situation der „U-Boote“
(eine Selbstbezeichnung) war lange Zeit unerforscht. 2019 ist die
erste wissenschaftliche Publikation dazu erschienen:
Brigitte Ungar-Klein: Schattenexistenz. Jüdische U-Boote in Wien
1938–1945 (Verlag: Picus)
ISBN: 978-3-7117-2079-5

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15