Untersuchung der strukturellen Plastizität von adult-geborenen Neuronen und deren Synapsen im Riechkolben eines Mausmodells der Parkinsonschen Erkrankung in vivo

Untersuchung der strukturellen Plastizität von adult-geborenen Neuronen und deren Synapsen im Riechkolben eines Mausmodells der Parkinsonschen Erkrankung in vivo

Beschreibung

vor 9 Jahren
Das Protein α-Synuklein (α-SYN) spielt eine kritische Rolle in der
Pathogenese des Morbus Parkinson. So wird angenommen, dass die
Aggregation dieses Proteins für die Degeneration von dopaminergen
Nervenzellen des Mittelhirns und den damit verbundenen motorischen
Symptomen verantwortlich ist. Während dieser pathophysiologische
Zusammenhang allgemein anerkannt ist, bleibt der Einfluss von α-SYN
auf nicht-motorische Systeme des Gehirns und somit auf
prämotorische Symptome, wie die häufig früh im Krankheitsverlauf
auftretende Riechstörung, relativ unerforscht. Der Riechkolben
bildet die erste zentrale Stelle für die Verarbeitung von
Geruchseindrücken und stellt eine von wenigen Gehirnregionen mit
einer außergewöhnlich hohen neuronalen Plastizität dar, da er
kontinuierlich mit neuen adult-geborenen Nervenzellen versorgt
wird. Selbst im erwachsenen Gehirn - wenn auch in geringerer Anzahl
- wandern in diese Region neuronale Vorläuferzellen aus der
subventrikulären Zone (SVZ) und dem rostralen migratorischen Strom
(RMS) ein, die in lokale Interneurone ausdifferenzieren und in
bestehende Netzwerke integrieren. Dabei bilden neue Nervenzellen
funktionelle Synapsen mit bereits vorhandenen Neuronen aus und
tragen zur Riechwahrnehmung bei. Aufgrund seiner Funktion an der
Synapse könnte α-SYN insbesondere einen Einfluss auf die Reifung
und Integration von adult-geborenen Neuronen mit möglichen
pathophysiologischen Konsequenzen für den Geruchssinn haben. Um die
Plastizität im Riechkolben von transgenen α-SYN Mäusen zu
untersuchen, eignet sich besonders die Zwei-Photonen-Mikroskopie,
da mit dieser Technik neuronale Strukturen bis hin zu einzelnen
Synapsen im intakten neuronalen Netzwerk der lebenden Tiere über
mehrere Tage bis Monate verfolgt werden können. Im ersten Teil der
Arbeit wurde der Riechkolben des verwendeten Mausmodells
histopathologisch und funktionell untersucht. Die transgenen A30P
α-SYN Mäuse wiesen pathologische α-SYN Ablagerungen in Mitralzellen
auf, und zeigten Störungen in der feinen Geruchsdiskriminierung.
Anschließend wurde eine Subpopulation von adult-geborenen Neuronen,
dopaminerge periglomeruläre Neurone, die bekannterweise sensibel
auf α-SYN reagieren, genetisch markiert. Mittels intravitaler
Zwei-Photonen-Mikroskopie wurde der neuronale Umsatz, der
kontinuierliche Neugewinn und Verlust an dopaminergen Nervenzellen,
in A30P α-SYN und Wildtypmäusen über einen Zeitraum von 2,5 Monaten
beobachtet. Dabei wurde kein Unterschied in der Anzahl an Zellen
gemessen, die ihren Zielort im Riechkolben erreichen, und
möglicherweise in das Netzwerk integrieren. In den transgenen α-SYN
Mäusen wiesen diese Neurone jedoch eine signifikant verkürzte
Überlebensspanne auf, was insgesamt in einem Nettoverlust an
Neuronen in der Glomerulärzellschicht resultierte.
Interessanterweise waren von dem Zelluntergang vor allem
adult-geborene Neurone, die erst kürzlich ins Netzwerk
integrierten, betroffen. Diese Ergebnisse zeigen, dass die frühen
Schritte der neuronalen Eingliederung und Differenzierung in einen
dopaminergen Phänotyp in A30P α-SYN Mäusen nicht beeinträchtigt
sind, sondern vielmehr ihr längerfristiges Fortbestehen und
Überleben in dem olfaktorischen Netzwerk. Möglicherweise trägt
diese instabile Integration und damit gestörte Homöostase von
funktionellen neuen Neuronen zu der verminderten Fähigkeit der
Geruchsdiskriminierung in A30P α-SYN Mäusen bei. Um die der
Riechstörung zugrunde liegenden pathophysiologischen Veränderungen
weiter aufzuklären, wurde im zweiten Teil der Arbeit der Einfluss
von aggregations-anfälligem A30P α-SYN auf die strukturelle und
funktionelle Entwicklung von Körnerzellen, die 95% der
adult-geborenen Neurone darstellen, untersucht. Während die
biologischen Eigenschaften und physiologischen Mechanismen von
Körnerzellen mit ihrer Rolle bei der Verarbeitung von
olfaktorischen Eindrücken weitestgehend aufgeklärt sind, ist nur
wenig über die synaptische Funktion und strukturelle Plastizität
dieser adult-geborenen Neurone unter pathologischen Bedingungen
bekannt. Deshalb wurde im Folgenden die Funktionsweise von
adult-geborenen Körnerzellen an dendrodendritischen Synapsen mit
stabilen Mitralzellen, die pathologisch verändertes α-SYN
akkumulieren, genauer charakterisiert. Diese synaptischen
Verbindungen sind von wesentlicher Bedeutung für die
Geruchsdiskriminierung. Dazu wurden die gesamten dendritischen
Bäume einzelner Nervenzellen mittels zeitlich kodierter
lentiviraler Transduktion markiert und chronisch mikroskopiert,
wobei einzelne dendritische Spines über mehrere Wochen wiederholt
aufgesucht und in hoher Auflösung aufgezeichnet wurden.
Adult-geborene Körnerzellen in A30P α-SYN Mäusen waren durch eine
reduzierte Komplexität des Dendritenbaumes und eine erniedrigte
Spineplastizität, bedingt durch einen verminderten natürlichen
Zugewinn an dendritischen Spines während der kritischen Phase der
Nervenzellreifung, gekennzeichnet. Dieses Spinedefizit blieb in
ausgereiften und integrierten Körnerzellen bestehen. Funktionell
waren die unvollständig gereiften Körnerzelldendriten durch eine
signifikant verminderte elektrische Kapazität und eine gesteigerte
intrinsische Erregbarkeit und Reaktionsfreudigkeit auf
depolarisierende Eingangssignale gekennzeichnet, während der
Spineverlust mit einer verminderten Frequenz von erregenden
postsynaptischen Miniaturströmen (mEPSCs) korrelierte. Die in
dieser Arbeit beschriebenen, durch A30P α-SYN vermittelten,
Veränderungen der adult-geborenen Neurone wirken sich folglich
störend auf die Verarbeitung von olfaktorischen Inputs aus, und
könnten deshalb von pathophysiologischer Relevanz für das
Verständnis von Riechstörungen in frühen Stadien des Morbus
Parkinson sein. Um diesen Veränderungen therapeutisch
entgegenzuwirken, wurde den transgenen Mäusen über mehrere Monate
eine Substanz mit anti-aggregativen Eigenschaften verabreicht.
Diese zeigte keinen therapeutischen Effekt auf das Überleben und
die Spinedichte von adult-geborenen Neuronen in A30P α-SYN Mäusen.
Insgesamt liefert diese Arbeit neue, fundamentale Einblicke in die
A30P α-SYN-abhängige Regulation der strukturellen Plastizität als
ein pathophysiologisches Korrelat für Morbus Parkinson.

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