Smart Meter Gateway

Smart Meter Gateway

Modellansatz 135
1 Stunde 24 Minuten
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Beschreibung

vor 6 Jahren

Zur GPN17 des Entropia e.V. im ZKM - Zentrum für Kunst und Medien
und der Hochschule für Gestaltung (HfG) hat Manuel Lösch einen
Vortrag zu Smart Meter Gateways gehalten. Manuel promoviert am
FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe zu intelligenten
Stromnetzen und der Flexibilisierung von elektrischen Lasten, um
diese netzdienlich zur Verfügung zu stellen.


Die Einführung des Smart Meter Gateway wurde mit dem Gesetz zur
Digitalisierung der Energiewende Ende 2016 in Deutschland
beschlossen. Dabei muss man Smart Meter Gateways deutlich von den
so genannten Smart Metern oder intelligenten Zählern
unterscheiden, die im Fall der elektrischen Energie den
Ferraris-Zähler ablösen werden und den Stromverbrauch digital
aufzeichnen und verarbeiten können. Die Kombination von
intelligenten Zählern und einem Smart Meter Gateway resultiert in
einem Intelligenten Messsystem, das Informationen auch an externe
Entitäten wie Energielieferanten oder Netzbetreiber versenden
kann.


Viele Smart Meter sind mit einer Infrarot-Schnittstelle via Smart
Message Language beispielsweise über das Volkszähler-Projekt
auslesbar. Neuere Geräte verfügen über eine standardisierte
M-Bus-Schnittstelle zur digitalen Datenübertragung zwischen
Zähler und z.B. dem Smart Meter Gateway. Grundsätzlich soll die
Standardisierung den Kunden das Auslesen erleichtern, damit sie
einen besseren Einblick in ihr Energienutzungsverhalten erhalten
und Einsparmöglichkeiten erkennen können. Gesetzlich ist sogar
vorgeschrieben, dass die Nutzer eines intelligenten Zählers neben
dem aktuellen Verbrauchswert sogar einen Einblick bis zwei Jahre
in die Vergangenheit erhalten müssen.


Bis zum Jahre 2032 sollen nach dem Gesetz zur Digitalisierung der
Energiewende alle Haushalte in Deutschland mit mindestens
intelligenten Zählern ausgestattet sein, und je nach
Haushaltsgröße auch mit Smart Meter Gateways, die die
Kommunikation nach extern ermöglichen. Die Basis des Gesetzes ist
das dritte Energiepaket der EU von 2009, die den Mitgliedstaaten
vorgab eine Smart-Metering-Infrastruktur einzurichten, wenn eine
Kosten-Nutzen-Analyse dieses für sinnvoll erachtet. Daher wurde
2013 eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt mit dem Ergebnis,
dass ein Teil-Rollout für Deutschland sinnvoll ist. So sollen
zwar alle Nutzer intelligente Zähler erhalten, jedoch sind die
Gateways nur für größere, sog. netzrelevante, Nutzer
vorgeschrieben. Die betrachtete Nutzungsgröße kann sich mit
größerer Elektromobilität jedoch stark ändern: Mit einem
Elektroauto kann der Verbrauch eines kleinen Haushalts sich
vervielfachen und auch die dezentrale Stromerzeugung
beispielsweise durch Photovoltaik wird einbezogen.


Mit der Energiewende hat sich die Belastung der Stromnetze stark
geändert. Die bisher auf zentrale Versorgung ausgelegte
hierarchische Netztopologie kann durch dezentrale Stromerzeugung
stark belastet werden. Zur Entlastung der Netze wurden Betreiber
von PV-Anlagen verpflichtet, die Einspeisung zu beschränken,
entweder fest auf 70 Prozent der Maximalleistung oder über ein
Einspeisemanagement gesteuert über Rundsteuertechnik.


Das Smart Meter Gateway arbeitet auf drei Netzbereichen und soll
eine sichere Kommunikation zwischen diesen ermöglichen. So gibt
es das dem Internet bzw. Wide Area Network zur Kommunikation mit
beispielsweise dem Stromanbieter, das Home Area Network für
Anwendungen im eigenen Haus und das Local Metrological Network
welches die eigentlichen Strom-, Wärme, Gas- und Wasserzähler
beinhaltet. Im Home Area Network könnten künftig beispielsweise
Geräte wie das Nest Thermostat angeschlossen werden. Dieses kann
in den USA heute schon beispielsweise Wärmepumpen oder
Klimaanlagen sowohl nach Nutzeranforderung und Netzanforderungen
optimiert ansteuern. Dabei werden das Haus oder der
Warmwasserspeicher, also bereits vorhandene thermische
Energiespeicher, zur Lastverschiebung im "intelligenten"
Stromnetz ausgenutzt. Das Konzept dazu ist nicht neu, seit
längerer Zeit gibt es bereits den Niederstromtarif, der im
Gegensatz zum Hochtarif preiswerter ist und zu Zeiten geringer
Netzauslastung zur Verfügung steht. Diese Tarife werden auch
heute teilweise noch mit Nachtspeicherheizungen genutzt. Auf
Grund energetischer Ineffizienz wurden Speicherheizungen bereits
verboten, heute erleben sie aber wieder eine gewisse Renaissance,
da sie zur Pufferung überschüssiger Energie herangezogen werden
können.


Mit der ermöglichten Kommunikation über verschiedene
Netzwerkbereiche und der Steuerbarkeit von außen steigen auch die
Sicherheitsanforderungen an ein solches System. Daher sind Smart
Meter Gateways in Deutschland in eine Public Key Infrastruktur
eingebunden, um einen Missbrauch nach Stand der Technik zu
unterbinden. Eine sehr wichtige Rolle wird hier dem Smart Meter
Gateway Administrator zugeteilt, der durch digitale Zertifikate
die Grundlage für die Authentifizierung der verschiedenen
Kommunikationspartner setzt.


Die innere Sicherheit des Smart Meter Gateway wird durch ein vom
BSI zertifiziertes Sicherheitsmodul gewährleistet, das die
erforderliche Kryptographie zur sicheren Kommunikation zur
Verfügung stellt. Auch in manchen Smartphones werden zusätzliche
Chips zur Absicherung verwendet. Auch wenn es zumindest schon
einen Anbieter eines zertifizierten Sicherheitsmoduls gibt, haben
sich zum Zeitpunkt der Aufnahme zwar acht Gateways zur
Zertifizierung beworben, doch hat noch keines die Zertifizierung
abgeschlossen, obwohl die Gesetzgeber in diesem Jahr den Start
des Rollouts intelligenter Messsysteme geplant haben.


Die Wahrung der Privatsphäre ist ein wichtiges Thema bei der
Weitergabe von Stromverbrauchsdaten: So konnte mit Hilfe der
Messdaten eines Smart Meters bereits erfolgreich bestimmt werden,
welcher Film auf einem Fernseher lief. Auf der anderen Seite ist
die zeitnahe und regelmäßige Weitergabe von Stromverbrauchsdaten
eine sehr wichtige Informationsquelle für die Bewirtschaftung der
Bilanzkreise, die wesentlich auf der Erstellung von Prognosen
basiert und grundlegend für die Stabilität unseres Stromnetzes
ist. Da bei kleineren Verbrauchern noch keine viertelstündlichen
Verbrauchsmeldungen erzeugt werden, kommen dort standardisierte
Lastprofile zum Einsatz, um den typischen Stromverbrauch von
Haushalten und Gewerbebetrieben zu modellieren. Durch die
steigende Elektromobilität kann sich in Zukunft durch häusliches
Laden der Verbrauch eines Haushalts jedoch deutlich von
Standardlastprofilen unterscheiden. Andererseits ergibt der
Ladeprozess einen neuen Freiheitsgrad, um Lasten zu verschieben
und gerade dann Energie zu verbrauchen, wenn diese im Überfluss
vorhanden ist.


Zur Koordination vieler kleiner dezentraler Energieerzeuger wurde
das Konzept der virtuellen Kraftwerke ins Leben gerufen, mit dem
viele kleine Kraftwerke als gemeinsame Institution an Strom- und
Regelleistungsmärkten aktiv teilnehmen können. Wenn der
tatsächliche Verbrauch sich von den Prognosen stark
unterscheidet, so fluktuieren die Preise an der Strombörse stark,
es kann an der EPEX am Spotmarkt bei starkem Überangebot sogar zu
negativen Strompreisen kommen, da große Kraftwerke sich nur
beschränkt regeln lassen. Diese Großhandelspreise können aber
aktuell nur zu einem Teil an Endkunden weitergegeben werden, da
der tatsächliche Energiepreis nur einen Teil des Endpreises
ausmacht; zusätzlich fallen fixe Netzentgelte und Umlagen an.


Die Steuerung dezentraler Stromerzeuger und variabler
Stromverbraucher (heute v.a. Wärmepumpen und Speicherheizungen)
wie oft auch die Straßenbeleuchtung erfolgt an vielen Orten und
auch in Karlsruhe durch Rundsteuertechnik, welche Signale im
hörbaren Frequenzbereich von 110-2000 Hz über das vorhandene
Stromnetz überträgt. Um hier ein Netzsegment zu steuern sind
Sendeleistungen teilweise bis im hohen Kilowattbereich
erforderlich. Die Rundsteuertechnik ist an vielen Orten auch
durch Funkrundsteuertechnik mit Signalen auf Langwelle oder
Ultrakurzwelle realisiert. Langwellensignale wie DCF77 können mit
Soundkarten empfangen und auch können Langwellen per Audioausgang
gesendet werden. Zur GPN17 wurde auch der Gulasch Push Notifier
alias GPN-Badge entwickelt, der ebenso zentral die Teilnehmer des
Events zum Gulasch rufen sollte.


Das Forschungsgebiet von Manuel behandelt die Erschließung von
Flexibilität in der Erzeugung und dem Verbrauch elektrischer
Energie, mit dem Ziel diese netzdienlich und gewinnbringend in
sogenannten "intelligenten Stromnetzen" zur Verfügung zu stellen.
Dies untersucht er aktuell im Kontext größerer Liegenschaften,
welche als große Endverbraucher oft auch vor Ort über eigene
dezentrale Stromerzeuger verfügen. Am FZI House of Living Labs
setzt er die Forschung praxisnah um: Das Energiemanagementsystem
im FZI House of Living Labs ermöglicht beispielsweise die
automatisierte Steuerung der Klimaanlage passend zu Meetings und
dem aktuellen Netzzustand.

Literatur und weiterführende Informationen

M. Lösch: Digitalisierte Stromnetze und Smart Meter in
Deutschland, Ein Überblick, Vortrag auf der GPN17, 2017.

B. Becker, F. Kern, M. Lösch, I. Mauser, H. Schmeck: Building
Energy Management in the FZI House of Living Labs, In Proceedings
of the D-A-CH Conference on Energy Informatics (pp. 95-112).
Springer International Publishing, 2015.

M. Lösch, D. Hufnagel, S. Steuer, T. Faßnacht, H. Schmeck:
Demand Side Management in Smart Buildings by Intelligent
Scheduling of Heat Pumps, In Proceedings of the IEEE
International Conference on Intelligent Energy and Power Systems
(IEPS), 2014.

T. Fassnacht, M. Lösch, A. Wagner: Simulation Study of a
Heuristic Predictive Optimization Scheme for Grid-reactive Heat
Pump Operation, In Proceedings of the REHVA Annual Conference,
2015.

U. Greveler, P. Glösekötterz, B. Justusy, D. Loehr:
Multimedia content identification through smart meter power usage
profiles, In Proceedings of the International Conference on
Information and Knowledge Engineering (IKE). The Steering
Committee of The World Congress in Computer Science, Computer
Engineering and Applied Computing, 2012.


Podcasts

M. Völter, V. Hagenmeyer: Stromnetze, ein Überblick, omega
tau Podcast, Episode 246, 2017.

S. Ritterbusch: Digitale Währungssysteme, Gespräch mit G.
Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 32, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2014.

J. Müller-Quade, A. Rupp, B. Löwe, K. Bao: Kryptographie und
Privatssphäre im Stromnetz, Feature von Jan Rähm im KIT.audio
Forschungspodcast des Karlsruher Instituts für Technologie, Folge
6, 2017.

S. Seier, T. Alexandrin: Mieterstrom-Krimi, Abgrund oder
Cliffhanger? Episode 16 im Blindstrom Podcast, 2017.

M. Dalheimer, P. Hecko: Der Strom, Folge 5 im Pietcast, 2014.


GPN17 Special

Sibyllinische Neuigkeiten: GPN17, Folge 4 im Podcast des CCC
Essen, 2017.

Smart Meter Gateway, Gespräch mit S. Ritterbusch im
Modellansatz Podcast, Folge 135, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017

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