Bruchzonen

Bruchzonen

Modellansatz 136
30 Minuten
Podcast
Podcaster

Beschreibung

vor 6 Jahren

Stephanie Wollherr hat ihr Mathestudium am Karlsruher Institut
für Technologie (KIT) absolviert und in unserer Arbeitsgruppe die
Abschlussarbeit im Kontext von numerischen Methoden für
Wellengleichungen geschrieben. Damals hat Gudrun Thäter sie aus
dem Podcastgespräch verabschiedet mit dem Wunsch, in einigen
Jahren zu hören, was sie in der Zwischenzeit mathematisches tut.
Was wie eine Floskel klingen mag, hat nun zum ersten Mal
tatsächlich stattgefunden - ein Gespräch zur Arbeit von Stephanie
in der Seismologie an der Ludwig-Maximillians-Universität (LMU)
in München.


In der Geophysik an der LMU wurde in den letzten 10 Jahren eine
Software zur Wellenausbreitung entwickelt und benutzt, die immer
weiter um simulierbare Phänomene ergänzt wird. Stephanie arbeitet
an Dynamic Rupture Problemen - also der Simulation der
Bruchdynamik als Quelle von Erdbeben. Hier geht es vor allem
darum, weitere physikalische Eigenschaften wie z.B. Plastizität
(bisher wurde meist vorausgesetzt, dass sich das Gestein
elastisch verformt) und neue Reibungsgesetze zu implementieren
und in Simulationen auf ihre Wirkung zu testen. Als Basis der
Simulationen stehen zum einen Beobachtungen von Erdbeben aus der
Vergangenheit zur Verfügung, zum anderen versucht man auch durch
Laborexperimente, die aber leider ganz andere Größenskalen als
die Realität haben, mögliche Eigenschaften der Bruchdynamik
miteinzubeziehen.


Die Daten der Seimsologischen Netzwerke sind zum Teil sogar
öffentlich zugänglich. Im Bereich Dynamic Rupture Simulationen
kann man eine gewisse Konzentration an Forschungskompetenz in
Kalifornien feststellen, weil dort die möglicherweise
katastrophalen Auswirkungen von zu erwartenden Erdbeben recht
gegenwärtig sind. Das South California Earthquake Center
unterstützt zum Beispiel unter anderem Softwares, die diese Art
von Problemen simulieren, indem sie synthetische Testprobleme zur
Verfügung stellen, die man benutzen kann, um die Ergebnisse
seiner Software mit anderen zu vergleichen.


Prinzipiell sind der Simulation von Bruchzonen bei Erdbeben
gewissen Grenzen mit traditionellen Methoden gesetzt, da die
Stetigkeit verloren geht. Der momentan gewählte Ausweg ist, im
vornherein festzulegen, wo die Bruchzone verläuft, zutreffende
Reibungsgesetze als Randbedingung zu setzen und mit Discontinuous
Galerkin Methoden numerisch zu lösen. Diese unstetig angesetzten
Verfahren eignen sich hervorragend, weil sie zwischen den
Elementen Sprünge zulassen.

Im Moment liegt der Fokus darauf, schon stattgefundene Erbeben zu
simulieren. Leider sind auch hier die Informationen stets
unvollständig: zum Beispiel können schon vorhandenen Bruchzonen
unterhalb der Oberfläche unentdeckt bleiben und auch das
regionale Spannungsfeld ist generell nicht sehr gut
bestimmt.

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Prozesse an der
Verwerfungszone mit sehr hoher Auflösung (bis auf ein paar 100m)
gerechnet werden müssen, während der Vergleich mit Werten von
Messstationen, die vielleicht einige 100 km entfernt sind einen
sehr großen Simulationsbereich erfordert, was schnell zu einer
hohen Anzahl an Elementen führt.

Die Rechnungen laufen auf dem SuperMUC Supercomputer am LRZ in
Garching und wurden durch eine Kooperation mit der Informatik an
der TUM deutlich verbessert.
Discontinuous Galerkin Verfahren haben den großen Vorteil, dass
keine großen, globalen Matrizen entstehen, was eine
Parallelisierung relativ einfach macht. Auf der anderen Seite
kommen durch die element-lokale Kommunikation viele kleinere
Matrix-Vektor Produkte vor, die grundlegend optimiert wurden. Ein
weiterer Aspekt der Zusammenarbeit mit der TUM beschäftigte sich
zum Beispiel mit der zu verteilenden Last, wenn für einige
Elemente nur die Wellengleichung und für andere Elemente
zusätzlich noch die Bruchdynamik gelöst werden muss.
Auch bei der Input/Output Optimierung konnten die Informatiker
willkommene Beiträge leisten. Dieser Beitrag zeigt die
Notwendigkeit von interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen
Mathematiker, Geophysikern und Informatikern, um Erdbeben und die
Dynamik ihrer Quelle besser zu verstehen.
Literatur und weiterführende Informationen

A. Heinecke, A. Breuer, S. Rettenberger, M. Bader, A.
Gabriel, C. Pelties, X.-K. Liao: Petascale High Order Dynamic
Rupture Earthquake Simulations on Heterogeneous Supercomputers,
proceedings of the International Conference for High Performance
Computing, Networking, Storage and Analysis SC14, 3–15, 2014.

A.-A. Gabriel, E. H. Madden, T. Ulrich, S. Wollherr:
Earthquake scenarios from Sumatra to Iceland - High-resolution
simulations of source physics on natural fault systems, Poster,
Department of Earth and Environmental Sciences, LMU Munich,
Germany.

S. Wollherr, A.-A. Gabriel, H. Igel: Realistic Physics for
Dynamic Rupture Scenarios: The Example of the 1992 Landers
Earthquake, Poster, Department of Earth and Environmental
Sciences, LMU Munich.

J. S. Hesthaven, T. Warburton: Nodal discontinuous Galerkin
methods: algorithms, analysis, and applications, Springer Science
& Business Media, 2007.

M. Dumbser, M. Käser: An arbitrary high-order discontinuous
Galerkin method for elastic waves on unstructured meshes—II. The
three-dimensional isotropic case, Geophysical Journal
International, 167(1), 319-336, 2006.

C. Pelties, J. de la Puente, J.-P. Ampuero, G. B. Brietzke,
M. Käser, M: Three-dimensional dynamic rupture simulation with a
high-order discontinuous Galerkin method on unstructured
tetrahedral meshes, Journal of Geophysical Research, 117(B2),
B02309, 2012.

A.-A. Gabriel: Physics of dynamic rupture pulses and
macroscopic earthquake source properties in elastic and plastic
media. Diss. ETH No. 20567, 2013.

K. C. Duru, A.-A. Gabriel, H. Igel: A new discontinuous
Galerkin spectral element method for elastic waves with
physically motivated numerical fluxes, in WAVES17 International
Conference on Mathematical and Numerical Aspects of Wave
Propagation, 2016.

Weingärtner, Mirjam, Alice-Agnes Gabriel, and P. Martin Mai:
Dynamic Rupture Earthquake Simulations on complex Fault Zones
with SeisSol at the Example of the Husavik-Flatey Fault in
Proceedings of the International Workshop on Earthquakes in North
Iceland, Husavik, North Iceland, 31 May - 3 June 2016.

Gabriel, Alice-Agnes, Jean-Paul Ampuero, Luis A. Dalguer, and
P. Martin Mai: Source Properties of Dynamic Rupture Pulses with
Off-Fault Plasticity, J. Geophys. Res., 118(8), 4117–4126, 2013.

Miloslav Feistauer and Vit Dolejsi: Discontinuous Galerkin
Method: Analysis and Applications to compressible flow Springer,
2015.

Podcasts

S. Wollherr: Erdbeben und Optimale Versuchsplanung, Gespräch
mit G. Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 012, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2013.

Weitere Episoden

Wahlmodelle
16 Minuten
vor 2 Monaten
Podcast Lehre
1 Stunde 42 Minuten
vor 7 Monaten
Instandhaltung
50 Minuten
vor 1 Jahr
CSE
42 Minuten
vor 1 Jahr
Mentoring
35 Minuten
vor 1 Jahr
15
15
:
: