Strukturelle Gewalt (kleiner Abriss)

Strukturelle Gewalt (kleiner Abriss)

29 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Fiktiver Monolog von Hausmeister Horst:


Da gibt es zwei Arten von Gewalt, derer wir uns nicht entziehen
können dieser Tage – mit der explosiven Variante
können wir noch umgehen, man kann es herunter zählen, wie bei
einem Countdown – man streut Salz in die Wunde und dann passiert
einfach irgend etwas Krasses – wie bei einem Fußballmatch oder
Protesten gegen einen Despoten, der sich mit deinen
Volksvertretern in deiner Stadt trifft, weil er Waffendeals
unterschreibt, auch wenn die es Friedensgespräche nennen, wenn du
verstehst was ich meine.


Die zweite Variante ist die stille Gewalt, die latente, die
nagende, die auf Raten, die eines Tages ganz unvermittelt sich
ihren Weg an die Oberfläche bahnt und dir in die Fresse haut, am
Tresen, an der Kasse, in der U-Bahn oder auf dem Jahrmarkt, du
kannst sie jeden Tag spüren – dagegen hast du keine Mittel, sie
hüllt dich ein wie ein nasser Mantel im Winter und frisst sich
durch deine Haut bis auf die Knochen, sie ist wie ein Phantom und
vergiftet die Volksseele.


Sie hat Geduld und wächst von Tag zu Tag, auch sie lässt sich
instrumentalisieren, ganze Parteien verdanken ihr und der
Polemik, mit der sie sie schüren, ihre Existenz. Das ist die
Mutter der Massengehirnwäsche, diese stille Angst, die dich dazu
bringt, bei vollem Magen, deinen Teller zu verteidigen, als ob es
keinen Morgen mehr gäbe.


Sie lässt dich deinen Kinoplatz erobern, wenn da schon einer
drauf sitzt, obwohl überall ringsum noch Platz ist. Sie friert
dich ein – ich nenne es Mindcontroll auf Breitband im TV, der
Tageszeitung, im Radio und im Internet sowieso – du wirfst eine
Tüte Waschpulver in den Vulkan, und irgendwann brodelt der
einfach über, und dann rette sich wer kann!  



Da kann es enden... Gedankenkontrolle nach dem Rotationsprinzip -
irgendwann triggert es den Richtigen und dann geht die Post ab.
Wir versetzen die Massen in Angst und Schrecken, sprechen die
niedersten Ängste an, zum Beispiel, Kinderschänder,
Frauenschänder, das Essen wird geklaut, die Oma wird in die Luft
gesprengt und so weiter, bis irgendeiner richtig durchdreht und
dann wird die Sau durchs Dorf gejagt. Und „Sieg Heil“ wird man
dann ja nochmal sagen dürfen.
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