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02.12.2025
22 Minuten
Am Literaturstammtisch stellen wir heute drei Bücher vor, die von
einer Fachjury zu den lesenswertesten Büchern des Monats gekürt
worden sind: «Auf ganz dünnem Eis» von Peter Stamm, «Haus zur
Sonne» von Thomas Melle und «In der Tiefe des Tigris schläft ein
Lied» von Usama Al Shahmani. Die SRF-Bestenliste wird jeden Monat
von einer Fachjury bestimmt. Zur Jury gehören 50 Buchkritikerinnen,
Bibliothekare, Buchhändlerinnen, Literaturwissenschaftler und
Vertreterinnen von literarischen Institutionen. Der Schweizer
Schriftsteller Peter Stamm braucht nur wenige Worte, um ganze Leben
zu erzählen. Sein neuer Erzählband «Auf ganz dünnem Eis» versammelt
neun Geschichten, sprachlich klar und unverwechselbar. Die Figuren
in den Erzählungen stehen mitten im Leben, mitten im Alltag. Und
genau dort passiert das Überraschende: Stamm macht das Kleine
gross, das Unspektakuläre spektakulär, meint
SRF-Literaturredaktorin Jennifer Khakshouri. Der 50jährige deutsche
Schriftsteller Thomas Melle leidet seit jungen Jahren an einer
besonders schweren Form der bipolaren Störung. 2016 machte er seine
Krankheit mit einem furiosen Buch öffentlich. Mit «Die Welt in
Rücken» glaubte er, das Schlimmste hinter sich zu haben. Doch er
hatte sich getäuscht. Die Krankheit kam heftiger denn je zurück.
Das neue Buch zu Thomas Melles Erkrankung konzentriert sich auf die
enorme Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die auf eine Manie
folgt und gleitet in eine bitterböse Dystopie: Verzweifelten
Menschen bietet das Sozialamt einen Aufenthalt in einem Sanatorium
an, wo man ihnen ein paar Wochen lang alle Lebenswünsche erfüllt
und sie danach in den Tod entsorgt. Klug, unverblümt, oft auch
witzig stellt Thomas Melle in «Haus zur Sonne» Fragen, die alle
etwas angehen, findet Franziska Hirsbrunner. In seinem neuen Roman
erzählt der in Bagdad geborene und seit über 20 Jahren in der
Schweiz lebende Autor Usama Al Shahmani von Heimat, Herkunft,
Verlust und Versöhnung. Die Handlung: Der in Zürich lebende Israeli
Gadi reist ans Sterbebett seines Vaters. Zurück bleibt er mit einer
Tasche voll Aufzeichnungen. Beim Lesen entdeckt Gadi die verdrängte
Vergangenheit seines Vaters: ein jüdisches Leben im Irak, geprägt
von Ausgrenzung und Flucht. Ein wichtiges Buch, auch um das
aktuelle Zeitgeschehen zu verstehen, findet SRF-Literaturredaktorin
Annette König. Buchhinweise: Peter Stamm. Auf ganz dünnem Eis. 192
Seiten. S. Fischer, 2025. Thomas Melle. Haus zur Sonne. 320 Seiten.
Kiepenheuer & Witsch, 2025. Usama Al Shahmani. In der Tiefe des
Tigris schläft ein Lied. 224 Seiten. Limmat, 2025.
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25.11.2025
25 Minuten
Der Literaturstammtisch bespricht heute «Wir dachten, wir können
fliegen», einen Erzählband herausgegeben von Matthias Jügler mit
Geschichten zum Thema Artensterben, und «Heimat», einen Roman zum
Thema «Tradwives» von Hannah Lühmann. Der 41jährige deutsche
Schriftsteller und Herausgeber Matthias Jügler ist seit Kindheit
ein begeisterter Angler. Das Artensterben begegnet ihm bei seinem
Hobby immer wieder. Aber dass pro Tag 150 Arten aussterben, wusste
er nicht. Als Akt des Widerstands bat er 19 Autorinnen und Autoren,
über ein ausgestorbenes Tier oder eine ausgestorbene Pflanze zu
schreiben. Von T. C. Boyle (Goldkröte) über Charlotte Gneuss
(Mituhokko) und Kim de l’Horizon (Schuppenkehlmoho) bis hin zu
Caroline Wahl (Beutelwolf) steuerten die Angefragten wunderbare
Geschichten bei. Sie lassen Arten wiederauferstehen, vermitteln
aber auch ein Gefühl für den unwiederbringlichen Verlust. Zudem
sind sie auf witzige Art lehrreich. Eine Lektüre, die die Literatur
feiert, sehr viel Spass macht und zum Nachdenken anregt, findet
Franziska Hirsbrunner. Die deutsche Autorin Hannah Lühmann hat
einen Social-Media-Trend zum Thema ihres neuen Romans «Heimat»
gemacht: das der «Tradwives», also jener Frauen, die sich ihrer
Familie und nicht zuletzt ihren Männern unterordnen, Bilder und
Videos aus ihrem Alltag auf Instagram und TikTok posten. Im Roman
geht es um die junge Mutter Jana, die aufs Land zieht, dort auf
eine solche scheinbar «perfekte Hausfrau» trifft und sich von deren
Lebensstil mehr angezogen fühlt, als sie je von sich selbst gedacht
hätte. Ein hochaktuelles Buch, sagt Literaturredaktorin Katja
Schönherr. Buchhinweise: Matthias Jügler (Hrsg.) Wir dachten, wir
könnten fliegen. 256 Seiten. Penguin, 2025. Hannah Lühmann. Heimat.
176 Seiten. hanserblau, 2025.
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18.11.2025
29 Minuten
Der amerikanische Autor John Irving kehrt zurück an den Schauplatz
seines Weltbestsellers «Gottes Werk und Teufels Beitrag». Und der
deutsche Autor Florian Illies reist mit der Familie von Thomas Mann
nach Südfrankreich. Jimmy Winslow hat zwei Mütter. Bereits diese
Ausgangslage ist sinnbildlich für Irvings Generationenroman
«Königin Esther». Die unkonventionelle, aber liebevolle
Familienkonstellation steht im Zentrum des Buches. Jimmy Winslow
wächst behütet auf, geschützt von zweifacher Mutterliebe. Und so
scheinen die Turbulenzen des 20. Jahrhunderts dem angehenden
Schriftsteller nichts anhaben zu können auf seiner Suche nach der
eigenen Identität. Ein eindeutig politisches Buch wie man es von
Irving kennt, findet Ariane Schwob. Als Hitler 1933 in Deutschland
die Macht ergriff, floh der Schriftsteller Thomas Mann mit seiner
Familie nach Sanary an die Côte d’Azur. Vom aussergewöhnlichen
Sommer einer aussergewöhnlichen Familie erzählt Florian Illies in
seinem neuen Buch «Wenn die Sonne untergeht». Lebendig und mit viel
Amüsement montiert er zahlreiche Anekdoten und Geschichten zu einem
literarischen Biopic. Dieses Buch ist auch für all jene ein
Lesegenuss, die Thomas Manns Werk noch nicht kennen, verspricht Tim
Felchlin. Buchhinweise: John Irving. Königin Esther. Aus dem
amerikanischen Englisch von Peter Torberg und Eva Regul. 560
Seiten. Diogenes, 2025. Florian Illies. Wenn die Sonne untergeht.
Familie Mann in Sanary. 336 Seiten. S. Fischer, 2025.
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11.11.2025
29 Minuten
Am Sonntag, den 16. November wird der Schweizer Buchpreis 2025
verliehen. In der aktuellen Ausgabe der SRF-Literatursendung
«BuchZeichen» stehen die fünf nominierten Werke im Mittelpunkt –
mit Analysen, Einschätzungen und persönlichen Leseeindrücken. Der
Schweizer Buchpreis wird jährlich im Rahmen des internationalen
Literaturfestivals «BuchBasel» vergeben. Annette König, Simon
Leuthold und Markus Gasser aus der SRF-Literaturredaktion
diskutieren, was diese Bücher auszeichnet, welche Themen sie
verhandeln – und wie ihre Chancen auf den Preis stehen. Dabei geht
es nicht nur um literarische Qualität, sondern auch um
gesellschaftliche Relevanz, sprachliche Innovation und
erzählerische Kraft. Buchhinweise: Nelio Biedermann. Lázár. 336
Seiten. Rowohlt Berlin, 2025. Dorothee Elmiger. Die Holländerinnen.
160 Seiten. Hanser, 2025. Melara Mvogdobo. Grossmütter. 128 Seiten.
Transit, 2025. Meral Kureyshi. Im Meer waren wir nie. 216 Seiten.
Limmat, 2025. Jonas Lüscher. Verzauberte Vorbestimmung. 352 Seiten.
Hanser, 2025.
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04.11.2025
28 Minuten
Der erfolgreiche Bestsellerautor Ian McEwan und die Altmeisterin
Margaret Atwood haben über Jahrzehnte kontinuierlich publiziert.
Jetzt warten beide mit neuen Büchern auf. McEwan erzählt von einer
Welt im Jahre 2119 und Atwood präsentiert in einem fast 800 Seiten
starken Buch ihre Memoiren. Den britischen Autor Ian McEwan kennt
man von Bestsellern wie «Abbitte» oder «Der Zementgarten». Nun ist
ein neuer Roman von ihm erschienen: «Was wir wissen können», ist
eine Dystopie, die im Jahr 2119 spielt. Ein
Literaturwissenschaftler begibt sich darin auf die Suche nach einem
verschollenen Gedicht. McEwan zeige mit diesem Roman einmal mehr,
was für ein versierter Erzähler er ist, sagt
SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr. Und er rufe uns in
Erinnerung, dass wir den Menschen der Zukunft auch eine Zukunft
schulden. Die heute 85jährige kanadische Schriftstellerin Margaret
Atwood wurde mit ihrer Dystopie «Der Report der Magd» von 1985
weltberühmt. Aus dem Roman entstand 2017 eine Serie, zeitgleich mit
Donald Trumps erster Amtszeit. Plötzlich war die Fiktion eines
faschistischen Gottesstaats auf dem Boden der USA mit seinem
brutalen Frauenhass gespenstisch plausibel. Margaret Atwood ist
eine der engagiertesten, klügsten und witzigsten Erzählerinnen
überhaupt. Nun legt sie ihre Memoiren vor. Am 4. November werden
sie weltweit gleichzeitig publiziert. So lange ist Sperrfrist.
Franziska Hirsbrunner freut sich schon, von diesem wunderbaren Buch
zu erzählen. Buchhinweise: Ian McEwan. Was wir wissen können. 480
Seiten. Diogenes, 2025. Margaret Atwood. Book of Lives. So etwas
wie Memoiren. Aus dem Amerikanischen von Helmut Krausser und
Beatrice Renauer. 768 Seiten. Berlin Verlag, 2025.
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Über diesen Podcast
SRF Literatur bietet Orientierung im Bücherdschungel und
intelligente Unterhaltung für Leseratten und Bücherwürmer. Zweimal
pro Monat legen Redaktorinnen und Redaktoren des Literaturteams
diejenigen Bücher auf den Literaturstammtisch, die man unbedingt
lesen sollte. Vorgestellt werden aktuelle belletristische Werke aus
der Schweiz und aus aller Welt.
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