Podcaster
Episoden
05.10.2020
19 Minuten
Virtuell bezeichnet gemäss Duden etwas, was nicht echt, also nicht
in Wirklichkeit vorhanden, aber dennoch echt erscheinend ist. In
einer Post-Internet-Gegenwart scheint es jedoch fraglich, inwiefern
die Unterscheidung zwischen simulierter und echter Wirklichkeit
überhaupt noch greift. Katrin Niedermeiers Bildwelten, bestehend
aus Animationen, Filmstills, Installationen, Malerei und Video
entstehen zu grossen Teilen mithilfe digitaler Technologien. Sie
zeigen Landschaften und Körper, die nicht nur in ihrer Erscheinung
vertraut wirken, sondern sich auch auf konkrete analoge
Gegebenheiten beziehen. In der 3D-Animation Blooming (2016) wird
die Natur im Schlossgarten von Versailles als düstere, von Menschen
gestaltete und kontrollierte Struktur dargestellt, sodass der
Sehnsuchtsraum Garten einen dystopischen, an Computerspielästhetik
erinnernden Unterton erhält. Die Avatare, die in Niedermeiers
Arbeiten immer wieder auftauchen und von vorwiegend männlichen
Designern digital entworfen werden, basieren auf Scans bzw.
Fotografien realer menschlicher Frauenkörper. Dass Analog- und
Digitalraum nicht zwei eindeutig voneinander trennbare Sphären
darstellen, sondern sich in unserer westlichen Gegenwart auf
unübersichtliche Art und Weise durchdringen und überlappen – sei es
etwa in Bezug auf menschliches Begehren oder Bedingungen und
Funktionsweisen kapitalistischer Systeme –, das wird in
Niedermeiers Werken erfahrbar gemacht.
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02.10.2020
22 Minuten
Wie Bilder generell zeichnen sich Fotografien nicht nur durch
dasjenige, was sie zeigen, aus, sondern vor allen Dingen auch durch
das, was sie nicht zeigen. Alles, was im Verborgenen bleibt, was
ausserhalb des Sichtfeldes der Kamera angesiedelt ist, muss von den
Betrachter*innen hinzugedacht werden. Bereits in den frühesten
Arbeiten Emanuel Rossettis zeigt sich dessen Interesse an der
Frage, wie abstrakte und konkrete Räumlichkeiten konstruiert werden
und wie wir uns in diesen bewegen. In seinen Installationen
verschwimmen Ausstellungs- mit Backstagebereichen, Alltagsobjekte
wie Kaffeekannen und Scheren werden dem realen Raum und ihrer
ursprünglichen Funktion enthoben und zu entfremdeten Readymades.
Für die jüngste Fotoserie Walks (2020) nahm Rossetti mit einem
Fischauge-Objektiv Stadt- und Stadtrandansichten auf, sodass
anstelle der klassischen rechteckigen Tableau-Form kreisrunde
Bilder in quadratischen Rahmen entstanden. Der verzeichnende Effekt
der Fischaugenlinse schafft zusätzlich Distanz zwischen dem
Fotografen und seinen Motiven, sodass die Bilder weder als von ihm
konstruierte Kompositionen, noch als dokumentarische Verweise auf
eine Wirklichkeit ausserhalb des Bildes gelten können.
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01.10.2020
31 Minuten
Familienalben sind der Inbegriff von Amateurfotografie. Hier knüpft
Nele Stecher für ihre Werkgruppe Die Organisation der Liebe (2008)
an. Sie stellt die inszenierten Fotos ihrer Kindheit nach und nimmt
dabei die Gesten und Posen ihrer Familienmitglieder ein, auch die
des Vaters. Durch diesen Rollentausch werden Machtgefüge und Fragen
nach der eigenen Identität innerhalb der Familie seziert und
hinterfragt. Auch für ihr neuestes Projekt Deutsche Liebe (2020)
geht Stecher von bestehendem Bildmaterial, genauer von
Pressebildern rund um die Anschläge der RAS Terroristen, aus. Indem
sie die Fotos auswählt und neu zusammenstellt entstehen
Verbindungen und Narrative, die sich vom ursprünglichen Kontext des
Fotojournalismus deutlich unterscheiden. Fragen zur Rolle der
Fotografie für das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft und die
Bildung von Mythen, die von solchen Bildern getragen werden, treten
so in den Vordergrund. Die bildbegleitenden Texte enthalten
Geschichten, die sich auf die abgebildeten Szenen beziehen. Für
Stecher meint der Akt des Fotografierens weit mehr als mit der
Kamera ein Bild aufzunehmen. So versteht sie sowohl das Verfassen
der Texte als auch das Einscannen und Ausschneiden oder
abfotografieren von vorgefundenen Fotos als Teil ihrer
fotografischen Praxis.
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30.09.2020
19 Minuten
Basim Magdy came to photography through his interest in film. He
uses traditional analogue and Polaroid cameras which he likes to
reassemble and and experiment with, pushing their the apparatus
past what it was traditionally designed to do. Magdy creates
elusive images of empty landscapes, monuments that allude to the
human need to leave a mark on this earth and of people who seem
eerily out of place in their environment. In works like Someone
Tried to Lock up Time (2018) and Apology to a Love Story that
crashed into a Whale (2016) a series of images and poetic texts
make ambiguos references to the way in which history is being
written, and perhaps to the role that photography plays in the
construction of these perceived "truths" about the world. In
addition to an acclaimed international exhibition activity, Magdy
makes it a point to make many of his works, notably his films
available online. While digital modes of displaying art has gained
importance in recent times, he emphazises its potential for
democrazising access to art.
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29.09.2020
23 Minuten
"I use photography as a means of communication", Cassidy Toner says
when asked about the role photography plays in her work. Her
oeuvre, made up of sculptures, prints, drawings, paintings and
photographs, is preceeded by an critical reflexion on viewership
and participation. The works are intriguing and playful, filled
with references to literature, philosophy and popular culture,
attracting the viewers gaze, at the same time rejecting an
immersive interaction. Wile E. Coyote, a Warner Bros. cartoon
character Toner turned into a series of sculptures and prints
personifies the tragical and comical way in which the pursuit of
desired objects often plays out. The coyote desperately wants to
catch and eat the Road Runner, a fast-running ground cockoo, but
despite his elaborate scemes, his attempts are never successful.
The large scale photographs of Toners live in atelier which was at
the center of her solo show The Unstable 4th Wall in 2019 at
PHILLIPZOLLINGER (Zurich) appear to give the spectators a glimpse
behind the scenes of the artists work and private space. But the
large tears which run across the Tyvek prints throw the viewers
back into the gallery space, back upon themselves.
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Über diesen Podcast
Der Podcast „Momentaufnahmen“ beleuchtet aktuelle künstlerische
Positionen, die sich mit dem Medium Fotografie auseinandersetzen.
Er ist im Zusammenhang der Ausstellung „The Incredible World of
Photography“ entstanden, die eine grosse Auswahl an hauptsächlich
historischen Fotografien zeigt. Die Bandbreite fotografischer
Praktiken hat sich durch die technologische Transformation der
letzten Jahrzehnte merklich vergrössert. Die Digitalisierung hat
das Verhältnis von Bildproduzenten und Konsumenten fundamental
verändert. Der erweiterte Fotografie-Begriff – auch
„Post-Fotografie“ genannt – ist auch für die zeitgenössische Kunst
äusserst relevant. Für „Momentaufnahmen“ trifft die
Kunsthistorikerin Aïcha Revellat fünf Kunstschaffende aus Basel zum
Gespräch, die sich mit dieser post-fotografischen Gegenwart
auseinandersetzen. Zwei der Gespräche werden auf Englisch, die drei
weiteren auf Deutsch geführt.
https://kunstmuseumbasel.ch/de/programm/themen/momentaufnahmen
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