Podcaster
Episoden
24.12.2022
1 Stunde 20 Minuten
Da sind wir also. In Musks Mahlstrom, täglich neu angerührt,
überwürzt und halbroh. Als ich Mitte November einen Blogbeitrag
begann, der vor allem eine emotionale Momentaufnahme sein sollte,
war mir nicht klar, wie chaotisch die kommenden Tage und Wochen in
der Causa Twitter noch werden sollten. Jeden Tag, teilweise
mehrfach, schreibt Musk selbst ein neues Kapitel der Seifenoper
rund um dieses Medium/diese Website/dieses Social Network und
inszeniert sich selbst irgendwo zwischen Troll, unbeholfenem
Möchtegernkomiker und eiskalt kalkulierendem Geschäftsmann. Das
Ganze ist so faszinierend und verstörden, dass Dennis Horn und
Gavin Karlmeier sich in einem (nahezu?) täglichen Podcast
ausschließlich mit diesem Thema befassen: „Haken dran – das
Twitter-Update“ wurde dank dieser simplen wie anstrengenden Mission
zu einem viel zitierten und verdienten Erfolg. Grund genug, Gavin
Karlmeier spontan via Twitter (obviously) zum Gespräch zu laden,
das den Hauptteil der zu diesem Blogpost gehörenden Audioebene
bildet. Es war mir ein Anliegen und ein Vergnügen mit Gavin über
diesen Clusterfuck an Gesamtsituation zu sprechen und ich hoffe Ihr
genießt das Gespräch ebenso. Hier nun aus historischen Gründen der
Originalblogpost: Calm your tits, Dominik. It’s just a website.
Guten Morgen Kinners. Ich bin heute Nacht gegen 2 Uhr morgens
aufgewacht. Keine Ahnung ob es die Verdauung, die Harnblase,
Existenzangst oder die Gesamtsituation war. Es ist 2022 und ich bin
Ü40, es ist ein Wunder, dass ich überhaupt schlafen kann.
Vielleicht war es aber auch mein sechster Sinn für Social Media:
Was sich seit dem Kauf von Twitter durch Elon Musk abgezeichnet
hatte, kickt langsam in den Super Pursuit Mode: Musk nimmt Kurs auf
den Eisberg um zu schauen wie unsinkbar das Schiff Twitter ist.
Also: Seine eigentliche Absicht ist seit Kurzem „Twitter 2.0“
umzusetzen und da man dafür „sehr hardcore“ sein muss, hat er
Mitarbeitern das tolle Ultimatum gestellt, doch härter und mehr zu
arbeiten (vermutlich bei gleichem Gehalt) oder gegen Abfindung das
Unternehmen zu verlassen. Keine Ahnung in welchem
Alphamalebullshitberaterseminar er solche Verhandlungstaktiken
gelernt hat aber seine Motivationsdiarrhö kam bei einigen Hundert
der noch verbliebenen Mitarbeiter (er hatte zuvor schon circa die
Hälfte gefeuert) nicht so gut an. Mittlerweile sind so viele
Arbeitskräfte weg oder werden es bald sein, dass einige ehemalige
Mitarbeiter überzeugt sind, dass die Technik der Platform bald
anfangen wird zu bröckeln. (Ich habe hier bisher größtenteils
diesen sehr guten Artikel von The Verge paraphrasiert und
kommentiert:
https://www.theverge.com/2022/11/17/23465274/hundreds-of-twitter-employees-resign-from-elon-musk-hardcore-deadline)
Die Tatsache, dass die Nutzer von Twitter aktuell natürlich
vermehrt auf Twitter den potentiellen Untergang von Twitter
vertwittern wird die Twitter-Server nicht gerade weniger stressen.
Es könnte also sein, dass wir einmal mehr dabei zusehen werden, wie
ein soziales Netzwerk zerrissen wird. Da Twitter für mich seit
geraumer Zeit eine Art zweite digitale Heimat ist, ist dies wohl
Anlass genug für einen kurzen Rückblick. Das wird heute in Teilen
ein wenig überemotional. Verzeiht es mir, ich bin ein alter Mann
ohne Schlafrhythmus. Wer mir auf Twitter folgt, kann dort
nachlesen, dass ich bereits seit September 2009 auf der
Microblogging-Platform (hahaha) unterwegs bin. Nur stimmt das so
nicht. Meinen ersten Account hatte ich schon im März des gleichen
Jahres, der war und ist aber ausschließlich englischsprachig. 2009
war auch das Jahr in dem Kevin Körber und ich gemeinsam mit dem
Podcasten anfingen. Die MedienKuH war von Anfang an ein Podcast,
der neben seinen Hauptthemen (Film, Funk und Fernsehen) auch
Twitter thematisierte und dessen Twitter-Account wir immer wieder
nutzten um klassische Medien zu kommentieren und um mit Hörern in
den Austausch zu treten. Da auch die Accounts diverser
Fernsehsender mit uns interagierten wirkten wir schnell relevanter
als wir vielleicht sind. Naja, nicht unsere Schuld, da seid Ihr
selbst seit Jahren drauf reingefallen. Ganz persönlich hatte ich
einfach Freude daran, ohne Fallhöhe sehr schlechte bis mäßig
witzige Kurztexte auf Twitter zu schreiben, GIFs zu posten (GIFs
sind das wichtigste Medium des 21 Jahrhunderts und egal was Stephen
Wilhite gesagt hat, man spricht es mit einem harten G aus.
Außerdem: Der Blog. Don’t at me.) und mit Menschen zu quatschen.
Den Außenstehenden Twitter zu erklären, hat bis heute nicht richtig
funktioniert. „If you have to ask, you will never know“ ist hier
wie so oft die Wahrheit. Was natürlich auch damit zusammenhängt,
dass man von 10 unterschiedlichen Menschen 27,5 absolut andere
Antworten auf die Fragen „Was ist Twitter?“, „Wie funktioniert
es?“, „Was magst Du daran“ und „Wie nutzt Du es?“ bekommt. An
dieser Stelle drücke ich auch meine ewige Hassliebe für Nutzer der
Platform aus, die „Du hast Twitter nicht verstanden“ und „Twitter
ist kein Chat“ gepostet haben. Wie Sprache, entwickeln soziale
Medien nunmal Eigendynamiken und Nischen in denen Dinge jeweils
etwas anders laufen als man sich das vorstellt und anders als es
vielleicht mal anfing. Letzteres sieht man auch an Accounts, die
auf Twitter einen großen Hype mit daraus resultierendem Business
mitgemacht haben – Bücher, TV-Shows etc. und jetzt: Tweets des
gleichen Stils, der gleichen Qualität und niemanden kümmert es.
Mein Lieblingsfakt unter den absurden Twitter-Fakten: der Account
„Shit My Dad Says“ wurde so erfolgreich, dass eine Sitcom mit
William Shatner in der Hauptrolle produziert wurde. Shatner
promotet jetzt übrigens irgendwelchen Crypto-NFT-Bullshit auf
Twitter. Nun. Ganz persönlich und beruflich (kann man bei mir ja
nie wirklich trennen) habe ich so viele gute und wichtige Dinge auf
auf Twitter über- und erlebt, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen
soll. Kurz zusammengefasst: Twitter hat sowohl Jobnetzwerke als
auch Dating-Plattformen (auch wenn das damals sowieso vor Tinder
war. Ich richte hier auch ausdrücklich Grüße von meiner Frau aus.)
für mich komplett überflüssig gemacht. Die erfolgreichsten
Bewerbungsgespräche und Jobgelegenheiten sind über Twitter
entstanden. Ohne Twitter kein Radio Nukular und alles was danach
kam – klar, man kann natürlich immer argumentieren, dass die
entsprechende Kommunikation auch über Facebook, Email, Telefon etc.
hätte stattfinden können. Hat sie aber nicht. Darüber hinaus gibt
es auch Momente, die so typisch für Twitter sind, dass ich sie mir
auf anderen Plattformen kaum vorstellen kann: Ein direkter
Austausch mit Neil Gaiman über unsere liebsten Versionen des
Cohen-Songs „Tower of Song“ oder sein Porridge-Rezept. Interviews
mit Tommy Krappweis oder Kevin Smith, die nur über
Twitter-Interaktionen zu Stande kamen. (Im Falle von Smith wird mir
auch zuweilen vorgeworfen, ich hätte ihn ja quasi erpresst.
Verstehe das Argument aber teile es nicht, bester Beleg: ein
zweites Interview, dem er ganz ohne Twitter-Kampagne zugesagt
hatte). Aber selbst wenn ich Twitter nur passiv und privat (guter
Buchtitel) genutzt hätte, hätte mir die Vogelseite einiges geboten.
Der Mix aus schnellen Nachrichten, relativer Gleichberechtigung von
kleinen Accounts neben größeren (die wiederum die kleinen Accounts
durch einen einzigen Mausklick nach vorne bringen können),
persönlichen und professionelleren Tweets… da ist wirklich eine
süchtig machende Digitalmaschine entstanden – for better or worse.
Twitter ist außerdem wirklich mitverantwortlich für oder zumindest
direkt verknüpft mit so vielen Erfahrungen, die ich in den letzten
13 (!) Jahren machen durfte, dass ich gar nicht anders kann, als
ein wenig nostalgisch und traurig zu werden. Auch hier gilt
natürlich „your experience may vary“ und auch „wie man in den Wald
ruft…“. Viele die das hier lesen, werden gar nichts oder nur wenig
positives mit Twitter verbinden und ja: Die Dynamiken der Plattform
haben auch viel Bullshit, toxisches Verhalten und buchstäblichen
Faschismus befördert. Zeitgleich hat Twitter auch Minoritäten einen
Platz gegeben, in dem man sich miteinander austauschen und
gleichzeitig Menschen erreichen konnte, die man über die eigene
Lebensrealität aufklären konnte. Nicht Betroffene konnten
beispielsweise am Alltag von Menschen mit Behinderung teilhaben.
Oder mit Menschen mitfühlen, die unter diktatorischen Regimen
leiden. Diese direkte Teilhabe hat viele von uns ein Stück
empathischer gemacht. Wenn aber diese menschlichen Bereiche von
Twitter auf lupenreine Nazis oder Trolle treffen, wird es unschön.
Ohne Blocken, Muten und ausgewähltes Folgen geht da nichts. Ein
bisschen wie im wahren Leben. Auch meine Block- und Mute-Listen
sind sehr, sehr lang. Auch weil ein negativer Aspekt von Twitter
eindeutig der ist, dass Trolltum von einigen als Sport betrieben
wird und das Resultat auf der anderen Seite des Bildschirms dann
ein gesteigerter Blutdruck ist. Das muss man nicht haben. Ich kann
mich allerdings glücklich schätzen, dass 99% meiner Follower mich
auch wie einen Menschen behandeln. Ich bin mit kleineren und
größeren Fehlern schon das eine oder andere Mal an einem Shitstorm
vorbei geschlittert, der nicht passiert ist, weil meine Follower
vorsichtig nachgefragt oder auf etwas hingewiesen haben, was ich
übersehen hatte. Daher allen 10.000 Bots und 3.220 Menschen
(Anmerkung aus dem Korrekturlesen: Hier sieht man den kleinen
Exodus-Effekt von Musk, aktuell sind es fast 200 Follower weniger),
die mir bis dato auf Twitter folgen ein dickes Danke: War ne wilde
Zeit bisher und das insbesondere dank Euch. Ich sage bewusst
bisher, denn obwohl ich gerade Twitter dank Musk beim Implodieren
zuschaue, zeigt die extrem produktive Stimmung gerade einen Aspekt
von Twitter, der die Plattform so einzigartig macht: Man hat das
Gefühl, sich auf einer Party zu befinden, die bald von der Polizei
aufgelöst werden wird, weil der Hausbesitzer gewechselt hat während
die Party läuft. Der neue Besitzer hielt es für eine gute Idee,
Teile des Hauses anzuzünden und eine Lockerungssprengung im Keller
vorzunehmen. Statt an der Tür für den VIP-Raum wie gewohnt eine
Ausweiskontrolle vorzunehmen, wollte er Tickets verkaufen und die
Musik ist auch schlechter geworden. Aber in der Küche haben sich
die Menschen zusammengefunden, die seit über 10 Jahren die Seele
der Party sind. Hier werden zwischen Snacks und Getränken die
besten Geschichten und die schönsten Witze erzählt. Gemeinsam
wartet man mit Galgenhumor auf das Morgengrauen und die Antwort auf
die Frage: Steht das Haus morgen noch? Wird es explodieren? Erneut
verkauft? Oder Stein für Stein abgetragen, bis nur noch ein
Limonadenstand übrig ist? So oder so: Jeder legt schon mal ein
Handtuch auf die Liege drüben bei Mastodon, für den Fall. Mich
findet Ihr dort unter: @dominikhammes@mendeddrum.org sagt doch
hallo.
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05.06.2022
9 Minuten
Wer in den vergangenen Wochen Podcasts mit mir gehört und meine
Social-Kanäle verfolgt hat, weiß: Ich durfte einen Essay zu "100
Texte für den Frieden" beitragen. Der Erlös aus dem Verkauf dieser
Anthologie kommt geflohenen Kindern aus der Ukraine zugute. Grund
genug, der Sache ein wenig Reichweite zu verleihen. Daher gibt es
am 05.06.2022 (heute!) einen kleinen Stream auf
twitch.tv/casualn00b bei dem ich nicht nur dieses Buch, sondern
auch andere signierte Bücher vorstelle und verschenke. Wer also
Lust auf Bücher bzw. Comics von Sophia Krappweis, Tommy Krappweis,
Johannes Floehr, Liza Grimm, Gunnar Krupp, Julian Laschewski, Sarah
Burrini, Annina Safran, Mikkel Robrahn, Matthias Kluckert, Henni
Nachtsheim, Aaron Fever und Robert William Turner hat, sollte
vielleicht reinschauen. Es wird ein gemütlicher Abend für einen
guten Zweck, es können signierte Bücher gewonnen worden, ich lese
ein bisschen vor und mache Quatsch. Wichtig ist mir dabei, dass wir
alle einen dramafreien Abend haben und die Aufmerksamkeit für das
Projekt "100 Texte für den Frieden" im Vordergrund steht.
Informiert Euch also sehr gerne über die hier geposteten Links,
auch über das Projekt Herzenssache, an die die Gelder am Ende
gespendet werden. Wichtig: Cheers, Spenden und Abos die Ihr in
meinem Twitch-Kanal macht, erhöhen ebenso wie Spenden an
Herzenssache oder der Kauf des Buches "100 Texte für den Frieden"
NICHT Eure Chancen eins der signierten Bücher zu bekommen, es ist
auch nicht Vorraussetzung. Das wäre illegal und ist auch nicht Sinn
der Sache. Dennoch werde ich meine Twitch-Einkünfte aus dem Monat
Juni an das Spendenkonto von "100 Texte für den Frieden"
überweisen. Mein Wunsch ist aber: Bevor Ihr mich abonniert oder
sonst irgendwie unterstützt, kauft lieber das Buch oder spendet an
das auf der Seite von den 100 Texten aufgeführte Konto. Folgende
Titel (zum Teil mit mehreren Exemplaren) sind mittlerweile signiert
bei mir eingetrudelt und werden heute verschenkt.: Mara und der
Feuerbringer (Tommy Krappweis) Ghostsitter (Tommy Krappweis)
Kohlrabenschwarz (Sophia & Tommy Krappweis) Wie der tote Carl
eine Revolution auslöste (Matthias Kluckert) Abendkasse (Johannes
Floehr & Andre Lux (Hrsg.)) Dialoge (Johannes Floehr) Buch
(Johannes Floehr) Dollbohrer (Henni Nachtsheim) Nur in meinem Kopf
(Julian Laschewski) Mailbox Terror (Badesalz, CD) Signs of Magic
(Mikkel Robrahn) Absacker (Gunnar Krupp) Reynard City (Comic,
Englisch) Talus 1+2 (Liza Grimm) Helden von Midgard (Liza Grimm)
100 Texte für den Frieden Eldrid Saga 1+2 (Annina Safran) Das Leben
ist kein Ponyhof (Sarah Burrini, Comic) Nerdgirl (Sarah Burrini,
Comic) Shipwrecked (Aaron Fever, Comic, Englisch) Vielen Dank an
alle Autor*innen für die zugesandten, signierten Exemplare. Ohne
Euch wäre der Stream in der Form nicht möglich. (Da es wirklich
viele Bücher sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass es einen
zweiten Stream wie diesen geben wird.)
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10.01.2022
20 Minuten
Ich adaptiere Neil Gaiman – keine positive Panik bitte, es geht um
ein Rezept für Porridge Und Porridge ist nicht der Titel eines
Romans, Comics, Kinderbuchs, Hörspiels oder Theaterstücks von Neil
Gaiman, sonderen einfach ein Gericht. Ja, in dem den sehr kuriosen
Meinungskomplex aus „Hipstername für Haferschleim“ und „völlig
überhypt“ hat sich mittlerweile jeder restlos verortet aber am Ende
des Tages handelt sich um Essen und Essen ist erstmal was schönes.
Zu meiner Schulzeit habe ich fast jeden Morgen mit heißer
Schokomilch, Rosinen und zarten Haferflocken begonnen um dann für
einige Jahre gar nicht mehr an Hafer zu denken. Seit einiger Zeit
genieße ich Haferschleim, -brei oder eben Porridge hingegen wieder
sehr. Das geht zum Teil natürlich auch auf meine anglophilen
Tendenzen zurück aber auch auf die Tatsache, dass es kaum ein so
genügsames und flexibles Gericht wie Porridge gibt. Außerdem
schmeckt er mir einfach. Sei es als schnelle Mahlzeit mit
Milchpuler und heißem Wasser angerührt, selbst mit Milch (hier auch
sehr schnell vergan mit Hafermilch, so logisch wie seltsam) über
einen längeren Zeitraum köcheln gelassen oder in einem britischen
Pub aus einem Topf gelöffelt, der dort den ganzen Tag vor sich
hinblubbert – die Grundmasse ist geduldig, hat einen angenehmen
Geschmack, sättigt und macht warm. Dazu natürlich Tee. Möglichst
stark. Um die Dinge voranzubringen, stolperte ich vor einigen
Jahren über ein kurzes Rezept, dass sich wie alle guten Rezepte auf
essentielle Punkte konzentrierte, präzise aber nicht
wissenschaftlich ist. Es handelt sich schließlich ums Kochen und
nicht um Atomphysik. Wie stolpert man über Rezepte? Offenbar ist
mein Hang zur Unordnung noch nicht überall angekommen, wenn sich
solche rhetorischen Fragen zur Textflussunterstützung immer noch in
meine eigenen Texte einschleichen, naja, sei es drum. In meinem
Kosmos stolpert man über ein Rezept, wenn es von Neil Gaiman
gepostet wird und in einer sehr uncharakteristischen Art als das
„weltbeste Porridge-Rezept“ beschrieben wird. Eine starke Ansage
aber, wie ich nach den ersten beiden Experimente herausgefunden
habe: es ist mindestens extrem gut und bis ich ein besseres finde,
stimme ich Mr. Gaiman widerspruchslos zu. Da ich seit nunmehr zwei
Jahren meinen Geburtstag damit beginne, dieses Rezept nachzukochen
und sich für den deutschen Supermarktkunden durchaus Probleme bei
diesem britischen Rezept ergeben können, ergreife ich die
Gelegenheit beim Schopf und übersetze und adaptiere Neil Gaiman.
Rechtlich bin ich damit mutmaßlich auf dünnem Eis aber mittels
eines essayartigem Stils, der auch Suchmaschinen feuchte Träume
bereitet, erfüllen wir hier hoffentlich eine Schöpfunghöhe (nicht
zu verwechseln mit Qualität), die das alles rechtfertig und ja, ich
weiß, dass ich übertreibe und nicht zum Punkt komme aber genau das
ist ja der Punkt dieses Abschnittes. Ein wichtiger Hinweis noch:
Die Fotos sind nicht idealtypisch zu verstehen, weder bilden sie
präzise ab, wie das Gericht aussehen soll, noch sind sie eine
persönliche Empfehlung. Abseits von „flüssig“ und „verbrannt“
entscheidet am Ende Euer Gaumen, was die richtige Konsistenz ist.
Ich habe nur ein paar Fotos machen wollen um völlig normale
Zwischenschritte zu zeigen, im Endfoto sieht man den Porridge ja
nicht mal mehr wegen der Extrazutaten. Ich denke, dass wir am Ende
des Tages alle wissen, wie ein Brei aussieht. Wenn er Euch am Ende
zu dick ist, Wasser dazu und gründlich umrühren. Kommen wir
zunächst zu den wichtigsten Dingen, den Zutaten. Neben Wasser,
Meersalz und Butter nennt Gaiman zwei Sorten von Hafer: „Normal
rolled oats (not instant oats), and also steel-cut oats“. Er selbst
verlinkt eine seher hilfreiche Unterscheidung verschiedener
Hafersorten, die es uns ermöglicht herauszufinden, was unseren
beiden typischen Haferarten nahekommt: Rolled Oats sind mutmaßlich
„kernige“ Haferflocken, während unsere „zarten“ Haferflocken eher
Quick Oats nahe kommen. Die verschiedenen Sorten unterscheiden sich
in der Hauptsache darin, wie klein und fein sie geschnitten wurden,
die „Instant Oats“ sind teilweise sogar vorgekocht, was in unseren
Regalen mutmaßlich nur in vorgepackten Gerichten, die man mit
heißem Wasser aufgießt, vorkommt. „Instant Oats“ spielen hier
ohnehin keine Rolle, „Steel Cut Oats“ hingegen sind essentiell.
Diese kriegt man in Deutschland eher…gar nicht oder muss sie
importieren. Das ist allerdings Quatsch und rausgeschmissenes Geld.
Die offensichtlichste Lösung findet sich in ganzem Hafer, den man
entweder mit einem Mixer, einem Küchen- oder Wiegemesser kleiner
aber nicht zu fein schneidet. Das Ergebnis sollten mehrheitlich
ungefähr gedrittelte Haferkörner sein, das eine oder andere ganze
Korn ist nicht schlimm, es geht ja genau darum, diesem Porridge
eine etwas körnigere Textur zu verleihen. Ich habe alle drei
Methoden ausprobiert und bin mit dem Wiegemesser am zufriedensten:
Man kann sehr kontrolliert arbeiten, macht recht wenig Dreck und
läuft, nicht wie mit dem Mixer, Gefahr zu fein zu hacken. Wer gut
dem Messer umgehen kann, wird aber generell keine Probleme haben.
Bei größeren Mengen lohnt sich der kurze Einsatz des Mixers
allerdings wieder. Wenn wir diese selbst gemachten „Steel Cut Oats“
sowie kernige oder zarte Haferflocken (ich nehme immer beides aber
hier kann man je nach Texturvorliebe variieren) kann es mit dem
eigentlichen Rezept losgehen. Wie ich eingangs erwähnte, ist das
Rezept präzise.Damit sind aber kaum die Mengenangaben gemeint, ich
gebe sie hier wieder, wie sie im Original erwähnt werden aber wenn
ich ehrlich bin, koche ich sehr häufig und besonders hier, nach
Gefühl. Los gehts mit dem eigentlichen Rezept: Wir schmelzen einige
Esselöffel Butter bei niedriger Temperatur (idealerweise in einer
gusseisernen oder beschichteten Pfanne). Im Original heißt es „a
generous couple of“ und ja: keine Zurückhaltung bitte. Dieses
Rezept ist, wie Gaiman sagt weder gesund, noch „sensible“ was
verdammt noch mal nicht mit „sensibel“ übersetzt wird. (Dennoch,
der entstehende Porridge ist nicht sensibel. Es ist die Art
Porridge, die auf Beleidigungen entweder mit Respekt oder der
Forderung nach mehr reagiert.) Wir füllen unseren Wasserkocher und
schalten ihn ein. Dankt mir später. Wir fügen einen gehäuften
Esslöffel der „Steel Cut Oats“ hinzu und lassen sie ein wenig
köcheln. Jetzt wird es imperial und wir bemühen uns um die Metrik:
Das Original verlangt nach einer Dreiviertel Tasse der „Rolled
Oats“ und das sind nach einer kurzen Google-Recherche circa 67,4
Gramm Haferflocken aber sind wir ehrlich: Ich mache das immer nach
Augenmaß. Nach Augenmaß kochen ist übrigens eine tolle Methode um
immer größere Portionen zu erhalten als geplant, da man die
richtigen Mischverhältnisse nachjustieren muss. Das ist generell
mein liebster Tipp, wenn es ums Kochen geht. Bitte weitersagen.
Direkt nach den „Rolled Oats“ kommt auch noch ein halber Teelöffel
grobes Meersalz dazu und ich möchte das betonen: das Zeug MUSS
rein, damit es was besonderes wird, süßen kann jeder nach Belieben
am Tisch aber das Salz bitte nicht skippen. Meine liebste
Zeitangabe verdient es, einfach übersetzt zu werden: Unter leichtem
Rühren mit einem Holzlöffel (!) lassen wir alles auf niedriger
Flamme in der Butter köcheln – aber nicht anbrennen lasen. Sehr
bald wird es in der Küche nach Haferkeksen riechen und die
Haferflocken werden langsam bräunlicher und die Butter in den Hafer
einziehen („So geräumig! Ist auch eine ruhige Nachbarschaft!“).
Anwesende Menschen werden sagen „Das riecht gut, kochst du was?“
(Wenn die Masse schwarz wird und die Anwesenden darum bitten, die
Fenster zu öffnen, ist der Porridge angebrannt. In diesem Fall
beginnen wir wieder von vorne.) Wenn dieser Punkt erreicht ist,
fügen wir kochendes oder noch sehr heißes Wasser aus dem
Wasserkocher hinzu, laut Originalrezept sind es ein paar Tassen.
Hierbei nicht vergessen: Das verdampft sehr schnell, also lieber zu
viel als zu wenig zugeben. Dabei kräftig rühren. Unter Rühren kurz
aufkochen lassen, Temperatur dann runteregeln und köcheln lassen,
Wasser zugeben wenn die Masse zu dick wird, immer wieder umrühren.
Nach circa zehn Minuten sollten wir die Wunschkonsistenz erreicht
haben. Ab damit in eine Schüssel. Im Originalrezept werden als
weitere Zutaten nun noch Ahornsirup (ja!) und „thick cream“
genannt. Dazu gleich mehr. Das Basisrezept, bevor gesüßt wird, ist
mir bei diesem Rezept das Wichtigste. Der so entstehende Porridge
hat Biss, ein wundervoll buttriges Aroma und schmeckt ganz leicht
herzhaft. Ahornsirup, brauner Zucker und Honig eignen sich sehr zum
Süßen, mögliche weitere Zutaten sind gehackte Nüsse (gerne auch
leicht salzig), getrocknete Früchte (bei mir: Rosinen und
Cranberries), frische Beeren (bei mir: Heidelbeeren, gerne klein
knackig und sauer, daher auch gerne Johannisbeeren) und ein klein
geschnittener, saurer Apfel. Die Sahne rundet den Gesamtgeschmack
tatsächlich wunderbar ab aber hier wird es wieder kritisch. Gaiman
nennt hier „Thick Cream“ und das ist tatsächlich wieder so ein
kurioses Ding, denn es handelt sich nicht einmal um die stereotype
„Clotted Cream“ sondern wieder eine andere Sahnenabart, die mir
nicht so vertraut ist. Ich selbst kaufe einen Becher Bio-Sahne, die
ohne Carrageen auskommt und bei der sich oben am Deckel (NICHT
schütteln!) eine dickere, feste Masse sammelt, die sehr an „Clotted
Cream“ erinnert und benutze die. Man kann hier sicher auch mit Rahm
experimentieren. Ich kann „Porridge à la Gaiman“ kulinarisch
uneingeschränkt empfehlen und hoffe, das Rezept findet jetzt bei
noch mehr Menschen Anklang. Als Tee rate ich zu einem kräftigen
Breakfast Tea oder einem Assam Eurer Wahl. Für Haferkekse bietet
sich übrigens Lap Sang ganz hervorragend an. Guten Appetit and
thank you Mr Gaiman.
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08.07.2021
18 Minuten
Eigentlich muss man niemanden daran erinnern aber falls dieser Text
in ferner Zukunft gelesen wird, fassen wir die Umstände grob
zusammen: Black Widow, der neueste Film des Marvel Cinematic
Universe sollte ursprünglich im Mai 2020 erscheinen. Als Reaktion
auf eine globale Gesundheitskriese, ausgelöst durch das
Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 mussten weltweit auch die Kinosäle
schließen. Wie wenig Menschen mit unangenehmen Situationen und
Konsequenzen umgehen können, zeigt sich an den gesellschaftlichen,
persönlichen und globaen Clusterfucks, die seitdem über uns
hereingeprasselt sind. Grüße an die Zukunft und zurück zur
Popkultur. Dass es drei Veröffentlichungstermine gebraucht hat, bis
Black Widow es in die, mittlerweile wieder geöffneten, Kinos
geschafft hat, dass er einen Tag später im VIP-Zugang (für 21,99
Euro) via Disney+ verfügbar sein wird, zeigt wie die Pandemie auch
die Pläne der wohl erfolgreichsten Blockbusterschmiede
durcheinander gewirbelt hat. Das ist nicht nur wirtschaftlich
relevant, sondern auch für die Zuschauerperspektive: von 2013 bis
2016 gab es jedes Jahr zwei, von 2017 bis 2019 drei MCU-Filme pro
Jahr. Seit Spider-Man: Far From Home lag das MCU im Kino still.
(Weil das Kino still lag.) Für Marvel und die Fans war es ein
großes Glück, dass man ohnehin mehrere MCU-Serien für den
hauseigenen Streaming-Dienst Disney+ in der Pipeline hatte, wo man
den Bedarf an Neuem befriedigen konnte. Doch so innovativ
Wandavision und Loki sind und so smart erzählt wie The Falcon and
the Winter Soldier war: Trotz hohen Produktionswerten und Kinooptik
liegen zwischen Wohnzimmer und Kinosaal noch Meilen. Für ein
Publikum, das über ein Jahr keine Filme mehr auf der großen
Leinwand sehen durfte, ist Black Widow nun tatsächlich genau das
richtige: Action und Set-Pieces die sich im kleinen Bild kaum
richtig entfalten können, ein Fest für Augen und Ohren. Inhaltlich
funktioniert der Spagat zwischen eigenständiger Geschichte und
Anschluss an das große MCU gerade gut genug um auch Zuschauer mit
Wissenslücken nicht zu verwirren – tatsächlich könnte man Black
Widow sogar ohne Vorwissen schauen. Falls der letzte gesehene
Marvelfilm Captain America: Civil War gewesen ist, mag man sich
sogar komplett zuhause fühlen, denn Black Widow spielt zeitlich
direkt danach. „The key word in back story is back“ schreibt
Stephen King in On Writing: A Memoir of the Craft und das mag für
Filme vielleicht sogar noch mehr gelten als für Romane. Dennoch war
es mehr als überfällig, dass Natasha Romanoff aka Black Widow ihren
ersten (und mutmaßlich letzten) Solofilm bekommt. Als Mitglied der
ursprünglichen MCU-Avengers und der bekanntesten Spionin direkt
neben Spymaster Nick Fury war ihre Hintergrundgeschichte
passenderweise ein kleines Mysterium, das nur über kurze
Rückblenden und Anspielungen in den Dialogen vermittelt wurde (und
teilweise auf harsche Kritik stoß). Doch das Abarbeiten der
Hintergrundgeschichte ist nur eine der Aufgaben, die Black Widow
elegant und unterhaltsam bewältigt: Auch wenn man keine
tiefenpsychologischen Leistungen erwarten sollte, versteht man am
Ende des Films sehr viel besser, wie die titelgebende Figur in
ihrem Inneren tickt und wie sie zu ihren Mitmenschen steht. Die
Anbindung an das restliche MCU gelingt so gut, dass man bei
künftigen Rewatches Black Widow nahtlos zwischen Civil War und
Infinity War anschauen kann – hier haben die Macher im Großen und
im Kleinen ein erschreckend gutes Gespür dafür bewiesen, was dem
Zuschauer ein Gefühl von nativer Zusammengehörigkeit von
Geschichten vermittelt: Plot, Worldbuilding, Schauspiel, Stimmung,
Gaderobe und Makeup arbeiten zusammen und schaffen es, dass Black
Widow weniger ein Prequel als eine verspätete Fortsetzung ist.
Thematisch widmet sich der Film den Stichpunkten „Familie“ und
„Emanzipation“. Der erste Themenkomplex bleibt dabei oberflächlich
aber angenehm unkonventionell – wer hätte bei Natasha Romanoff auch
mit einer generischen Kleinfamiliengeschichte ohne Haken gerechnet?
– wird aber sehr offen und plakativ angesprochen. Dass es aber auch
um die Emanzipation weiblicher Figuren geht, ist natürlich auch
kein Fall für das Hermeneutisch Interpretatorische Einsatzkommando,
wird aber immerhin nicht demonstrativ didaktisch durchdiskutiert,
sondern ist – in jedem Wortsinne – starker Teil von Handlung und
Subtext. Die schauspielerische Leistung des Casts nicht zu loben
wäre sicherlich ein Fehler. Scarlett Johanson ist selbst so bekannt
und kennt ihre Figur mittlerweile so gut, dass es schwer fällt noch
von ihrer Leistung überrascht zu sein. Dennoch ist es spannend zu
sehen, wie sie emotionale Noten umsetzt, die wir von der
spionierenden Assasine noch nicht gesehen haben. Florence Pugh wird
zurecht für ihre Leistung mit viel Lob überschüttet, Rachel Weisz
spielt sich routiniert durch den Film, David Harbour liefert uns
die bärig sympathische Figur, die wir von ihm erwartet haben, Ray
Winston verströhmt eine Aura ekelhafter, toxischer Bedrohlichkeit.
Die wohl intensivste Leistung des Films liefert aber Ever Anderson
als junge Natasha Romanoff ab: In ihren wenigen Szenen zeigt sie
eine rohe, authentische Emotionalität, die nicht nur beachtlich
ist, sondern die für die emotionale Erdung ihrer Figur und des
Films enorm wichtig wird. Fazit Wer nach dieser langen Zeit ohne
Kino erstmals wieder eine Eintrittskarte kauft, könnte sich kaum
für einen besseren Film entscheiden als für „Black Widow“. Niemand
hat von „Black Widow“ erwartet, dass hier das Blockbuster-Kino
revolutioniert wird aber neben der mittlerweile perfekt
eingestellten Marvel-Formel findet unter der Haube eine
schleichende Evolution statt, die uns hoffentlich bald überraschen
wird.
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27.06.2021
18 Minuten
Es ist schon wieder ein bisschen her, dass ich hier über Tee
geschrieben habe aber das soll natürlich kein Dauerzustand sein.
Vor Kurzem habe ich auf Twitter eine spontane Idee gehabt, die --
für mich überraschend -- auf nahezu ausnahmslos positive Resonanz
gestoßen ist. Daher kann man ab sofort unter der Angabe "Das
Teepaket von Dominik Hammes" oder "Die Drei Tees, die Dominik
Hammes empfiehlt" oder das "Hammes Teepaket" etc. pp. drei von mir
favorisierte Tees bei meinem Stammteehändler bestellen. Das ist mir
insofern unangenehm, weil ich die Tees ja nicht selbst herstelle
und meinen Namen ungern so weit nach vorne schiebe. Da es aber für
viele von Euch den Bestellprozess erleichtert, haben Herr Stricker
und ich uns darauf geeinigt, das anzubieten. Der Mehraufwand für
ihn ist ja nicht groß, ich verdiene dabei übrigens nichts, weil ich
das auch gar nicht will (wenn Ihr jetzt den Laden leer kauft, reden
wir da vielleicht noch mal drüber aber das hier ist einfach eine
kleine Gratiswerbung, wie Ihr wisst, 8hat die Pandemie für viele im
Einzelhandel Umsatzeinbußen zufolge gehabt). Im Folgenden gibt es
alle Infos zum Bestellvorgang und ein paar Worte von mir zu den
Tees. Falls Ihr mir komplett vertraut und einfach losbestellen
wollt, schreibt Ihr einfach eine Email an
bestellungen.teestricker@gmail.com gebt an, wie viel Gramm der drei
Tees Ihr haben wollt. Dabei habt Ihr natürlich alle Freiheit dieser
Welt und könnt einfach "von allem 50g, 100g, 250g" oder sogar mehr
bestellen oder für jeden Tee unterschiedliche Mengen anfordern.
Dann braucht Herr Stricker natürlich noch Eure physische Adresse
und das wars auch schon. Bezahlt wird auf Rechnung (liegt der
Bestellung bei) und ab 30€ kostet der Versand auch nichts mehr.
Onto the teas. Wichtig: Ich habe mich nach langem hin und her
entschieden, einfach meine drei am häufigsten bestellten Tees in
das Paket zu tun. Das bedeutet: Es sind ausnahmslos schwarze Tees,
falls Ihr die also nicht so sehr mögt, müsst Ihr warten, bis die
liebe Oddnina ihr Paket ankündigt (ja, wird es geben!). Tee #1:
Halmari (GTGFOP 1) - ein Assam der für meinen Gaumen den präzisen
Sweetspot zwischen aromatisch und "Tritt in den Hintern" schafft.
Sprich: Ähnlich wie bei starken Kaffees kann man hier nicht
rumdiskutieren worum es sich handelt. Der Halmari ist ein malziger
Assam, der sich hervorragend zum Wachwerden eignet. Ich trinke ihn
pur aber wie alle nicht aromatisierten, kräftigen Schwarztees,
bieten sich Milch und Zuckerarten an um den Geschmack zu ergänzen.
(Kleiner Hinweis für die, die nicht genau wissen, in welche
Richtung ein Assam geschmacklich geht: English Breakfast Teas und
auch Osftriesentees haben oft einen hohen Assam-Anteil, bestehen
aber meist aus Mischungen verschiedener Tees mit kleineren Blättern
als der Halmari). Für einen derartig hochwertigen Tee, finde ich
den Halmari erschwinglich, muss aber auch sagen, dass ich im
höheren Preissegment einfach noch nichts geschmeckt habe, was den
Aufpreis wert ist. Hoffen wir, dass mein Gaumen weiterhin so
unempfindlich ist. Tee #2: Duke of Grey (bio) - Eine
Earl-Grey-Variante von Ronnefeldt - auf Assam Basis. Damit
kombiniert dieser Tee zwei meiner liebsten Teevariante: Die Frische
der Bergamotte (in diesem Fall ohne Aromastoffe sondern mit echtem
Bergamotteöl) trifft auf den kräftigen Abgang eines Assam und damit
haben wir auch direkt die Antwort auf die Frage, was denn mein
liebster Earl Grey sei. Hierbei handelt es sich natürlich um eine
Mischung, derartige Tees müssen ja den Marktgesetzen folgen und
immer gleich schmecken, was man bei Naturprodukten nur erreichen
kann, wenn ein Profi den Ziel-Geschmack durch das Mischen und
Abschmecken unterschiedlicher Tees nach jeder Ernte neu erzeugt.
Tee #3: Lapsang (bio) - Lapsang-Tees sind eine gänzlich
andere Schwarzteeerfahrung. Die Teeblätter werden nach der Ernte
intensiv geräuchert, was sich in der Tasse auch als dominantes
Aroma niederschlägt. Die Wirkung des Geruchs und des Geschmackts
ist individuelle sehr unterschiedlich: Die einen denken beim Geruch
an Fisch, die anderen an Speck oder Wurst - typischerweise
geräucherte Lebensmittel. (Was einem mal wieder verrät, dass viele
Lebensmittel gar nicht so schmecken, wie wir denken, sondern
einfach Aromen und Salz gut annehmen und mit ihrem Fett sehr gut an
unsere Geschmacksnerven verkaufen können.) Bei mir weckt es
Erinnerungen an Lagerfeuer und Gemütlichkeit. Lapsang ist pures
Wohlbefinden, selten bitter und - so ein altes Interview mit
Patrick Stewart - wäre beinahe der Lieblingstee von Captain
Jean-Luc Picard geworden. Wunderbar. Das ist es also, das
(Schwarztee-)Paket, das ihr ab sofort bei Tee Stricker bestellen
könnt. Natürlich ist es gerade ein wenig warm für Heißgetränke
(ja...ja... in vielen Kulturen trinkt man sie gerade dann, ich
weiß) als weitere Option daher ein kurzer Tipp und ein Heinweis:
Ein Grüntee, den ich sehr gerne kalt aufgieße: Shincha Wakana
(Kyushu, bio): Hab ich teilweise über Nacht im Kühlschrank ziehen
lassen und dann mit Wasser verdünnt, erfrischend, kein
"penetranter", bitterer Grünteegeschmack, wie man ihn manchmal
kennt. Erfrischt sehr und weitet den Geschmackshorizont ein wenig
aus(Umami-Noten). Außerdem hat Herr Stricker für den Sommer die
Kategorie "Cold-Brew" eröffnet, damit man sich selbst Eistees
zubereiten kann, vielleicht wohlt Ihr Euch da ja auch mal
umschauen. Hier noch die Preise der Tees, damit Ihr einen kurzen
Überblick habt (Angaben natürlich ohne Gewähr, weder bin ich
fehlerfrei noch kann ich ausschließen, dass sich die Preise
ändern): Assam Halmari 50g: 7,98 € 100g: 15,95 € 250g: 38,10 € Duke
of Grey 50g: 4,75 € 100g: 9,50 € 250g: 22,70 € Lapsang Bio 50g:
3,75 € 100g: 7,50 € 250g: 17,95 € Gesamtes Pakt 50g: 16,48 € 100g:
32,95 € 250g: 78,75€
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