Vom Asylheim in den Bundestag - Kassem Taher Salehs Weg

Kassem Taher Saleh ist heute Mitglied des Deutschen Bundestages
für Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher für Bau, Wohnen und
Stadtentwicklung - und der erste Abgeordnete mit
Migrationsgeschichte aus Sachsen. Mit 10 Jahren floh er aus dem
Irak (Zakho, Grenzstadt zur Türkei) nach Deutschland und wuchs
5-6 Jahre in einem Asylheim in Plauen im Vogtland auf.





Sein Weg war alles andere als geradlinig: Über den Königsteiner
Schlüssel sollte die Familie nach München, landete in Chemnitz
(Erstaufnahme), dann Plauen. Das Asylheim war eine ehemalige
Kaserne - geteilte Bäder, geteilte Küchen, wenig Privatsphäre.
Kassem erlebte Abschiebungen mit Schäferhunden als Kind mit.
Sechs Personen in einer kleinen Wohnung, kein eigenes
Kinderzimmer.





Seine Rettung: Fußball. Der Sport gab ihm Sprache, Respekt,
Anstand, Disziplin und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Sein
Fußballcoach war wie ein zweiter Vater. Ein Sportlehrer setzte
sich Freitagnachmittag mit ihm in die Sporthalle und brachte ihm
kostenlos Deutsch bei - in seiner Freizeit, mit Vorbereitung und
Hausaufgaben. Sein Nachbar Micha, ein Sozialarbeiter, gab ihm
Nachhilfe und Lebensweisheiten.





Die START-Stiftung wurde zum Gamechanger: Ein Stipendienprogramm
für Kids mit Migrationsgeschichte (bis zu den Großeltern). 100
Euro Bildungsgeld pro Monat, ein Laptop, ein Drucker - und vor
allem: Bildungsseminare jedes Wochenende zu Politik, Wirtschaft,
Rhetorik, Kunst, Kultur. Menschen aus ganz Deutschland mit
ähnlicher Power. Seine besten Freunde heute stammen noch von
dort.





Kassems Werdegang:





Schulzeit


Keine Gymnasialempfehlung: "Du schaffst das niemals"


Nach 6. Klasse Gymnasialempfehlung - Lehrerin riet ab ("zu
früh")


Eltern vertrauten der Lehrerin (kannten Schulsystem nicht)


Zweiter Bildungsweg: Realschule Abitur


Bauingenieurwesen-Studium in Dresden





Verantwortung früh übernehmen


Spricht 5 Sprachen


Mit 10-13 Jahren Dolmetscher im Asylheim


Verantwortung für sich, Familie und gesamtes Asylheim


Briefe lesen, ins Krankenhaus fahren, zur Ausländerbehörde
begleiten


Eltern-Lektion: "Du lebst nicht alleine in dieser Gesellschaft"





Dresden & Engagement


Erste Mal alleine wohnen, kochen, erwachsen werden


Dolmetscher beim Sächsischen Flüchtlingsrat


Hochschulgruppe für sozial benachteiligte Kids mitgegründet


Patenschaften von Studierenden für Kids


Fußballstadion, Theater, Weihnachtsmarkt, Hausaufgaben


Parallel Bauingenieurwesen studieren und Fußball spielen





Politischer Weg


2015: Pegida-Zeit in Dresden


2018: Eingebürgert (während Erasmus in Spanien)


2019: Erste Wahlen überhaupt (Europa, Landtag, Kommunal)


2020: Gefragt, ob er kandidieren will


Eltern: "Wir sind nicht gekommen, dass du Politiker wirst"


2021: Wahlnacht 27. September - Gezittert bis 5 Uhr morgens


Keine 1,5 Jahre vom Parteibeitritt bis Bundestagsmandat


Oktober 2021: Im Bundestag - Schockstarre vor dem Adler





Seine Botschaft an die nächste Generation:


"Vergesst niemals eure Wurzeln und eure Familie. Das ist das
Fundament. Engagiert euch, bringt euch ein, stellt Fragen, macht
Sachen - auch wenn ihr auf die Schnauze fallt. Fehler machen ist
okay. Lernt nur daraus - macht denselben Fehler nicht zweimal."





Ein Gespräch über zweite Bildungswege, gesellschaftliche
Verantwortung, die Kraft von Bildung, Repräsentation im Parlament
und warum man seine Wurzeln niemals vergessen darf.





Aufgenommen im Deutschen Bundestag, Berlin.





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ANGEKOMMEN & AUFGESTIEGEN


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