#06 – Die Entdeckung der Radioastronomie

#06 – Die Entdeckung der Radioastronomie

  Die Entdeckung und Entwicklung der Radioastronomie Die Radioastronomie, ein faszinierendes Forschungsfeld, hat unser Verständnis des Universums revolutioniert, indem sie es uns ermöglichte, jenseits des sichtbaren Lichts in die kosmischen Geheimnisse...
8 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

 
Die Entdeckung und Entwicklung der Radioastronomie

Die Radioastronomie, ein faszinierendes Forschungsfeld, hat unser
Verständnis des Universums revolutioniert, indem sie es uns
ermöglichte, jenseits des sichtbaren Lichts in die kosmischen
Geheimnisse einzutauchen. Von ihrer zufälligen Entdeckung bis zu
den hochmodernen Observatorien von heute hat sie eine
bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht, die durch innovative
Technologien und bahnbrechende Entdeckungen geprägt ist.
Die Entdeckung der Radioastronomie

Die Geburtsstunde der Radioastronomie liegt in den frühen 1930er
Jahren und ist untrennbar mit dem Namen **Karl Guthe Jansky**
verbunden, einem amerikanischen Ingenieur der Bell Telephone
Laboratories.


**Der Zufall:** Jansky wurde 1931 beauftragt, die Ursachen
von Störungen bei transatlantischen Kurzwellen-Funkverbindungen
zu identifizieren. Er baute zu diesem Zweck eine rotierende
Richtantenne, die wegen ihrer ungewöhnlichen Form liebevoll
„Janskys Karussell“ genannt wurde.

**Die Beobachtung:** Während seiner Forschungen stellte
Jansky fest, dass es neben den erwarteten Störungen durch
Gewitter und ferne Blitze ein drittes, schwaches, aber konstantes
Zischen gab, das seinen Ursprung zu haben schien.

**Die Erkenntnis:** Durch präzise Messungen stellte Jansky
fest, dass dieses mysteriöse Rauschen einem 23 Stunden und 56
Minuten dauernden Zyklus folgte – der Dauer eines siderischen
Tages. Dies führte ihn zu dem Schluss, dass die Quelle außerhalb
des Sonnensystems liegen musste, und er identifizierte das
Zentrum der Milchstraße (im Sternbild Schütze) als den stärksten
Emitter. Er veröffentlichte seine Ergebnisse im April und Oktober
1933.



Janskys Entdeckung fand zunächst wenig Beachtung in der
astronomischen Gemeinschaft.
Die Anfänge und frühe Entwicklung

Nach Jansky war es **Grote Reber**, ein amerikanischer
Funkamateur und Ingenieur, der die Radioastronomie aus der Nische
holte und vor dem Vergessen bewahrte.


**Der erste Radioteleskop:** Inspiriert von Jansky, baute
Reber 1937 in seinem Garten in Wheaton, Illinois, das weltweit
erste speziell für astronomische Beobachtungen konzipierte
parabolische Radioteleskop mit einem Durchmesser von 9 Metern.

**Pionierarbeit:** Reber wiederholte Jansky’s Beobachtungen
und führte als Erster eine systematische Durchmusterung des
Radiohimmels durch. Seine detaillierten Karten zeigten, dass
Radioemissionen nicht nur aus dem galaktischen Zentrum kamen,
sondern auch von anderen diskreten Quellen stammten, die er als
„Radiosterne“ bezeichnete. Seine Arbeit war entscheidend, um das
Feld am Leben zu erhalten.

**Zweiter Weltkrieg und Radar:** Der Zweite Weltkrieg spielte
eine paradoxe Rolle für die Radioastronomie. Die Entwicklung der
Radartechnologie führte zu massiven Fortschritten in der
Funktechnik und der Antennenentwicklung. Nach dem Krieg konnten
viele dieser Technologien und die damit gewonnenen Erkenntnisse
direkt für die Radioastronomie genutzt werden.

**Frühe wichtige Beobachtungen:**

1942: James Stanley Hey (britische Armee) gelang der
erste Nachweis von Radioemissionen der Sonne.

1946: Ruby Payne-Scott, Joseph Lade Pawsey und Lindsay
McCready nutzten in Australien als Erste ein
Radiointerferometer für astronomische Beobachtungen der
Sonne, gefolgt von Martin Ryle in Cambridge.

1951: Harold Ewen und E.M. Purcell entdeckten die
21-cm-Linie des neutralen Wasserstoffs, eine entscheidende
Spektrallinie, die es ermöglichte, die Spiralstruktur und
Rotation der Milchstraße zu kartieren.

1950er Jahre: Cambridge University veröffentlichte
wichtige Kataloge von Radioquellen (z.B. 3C, Third Cambridge
Catalogue).

1955: Bernard Burke und Kenneth Franklin entdeckten
zufällig Radioemissionen vom Jupiter.



Wichtige Meilensteine und technologische Entwicklungen

Die Radioastronomie hat seit ihren Anfängen zahlreiche
bahnbrechende Entdeckungen gemacht und technologische Sprünge
vollzogen:


**Quasare (1960er Jahre):** Radioteleskope waren entscheidend
für die Entdeckung der Quasare (Quasi-stellare Radioquellen).
Ihre enorme Helligkeit, extreme Entfernungen und schnellen
Rotverschiebungen gaben Hinweise auf aktive galaktische Kerne
(AGN), die von supermassiven Schwarzen Löchern angetrieben
werden, und revolutionierten unser Verständnis des frühen
Universums.

**Pulsare (1967):** Jocelyn Bell Burnell und Antony Hewish
entdeckten die Pulsare, schnell rotierende Neutronensterne, die
regelmäßige Radiopulse aussenden. Ihre extrem präzisen Takte
machten sie zu wertvollen Sonden für die Gravitationsphysik und
die interstellare Materie.

**Kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (CMB) (1964):**
Arno Penzias und Robert Wilson entdeckten zufällig die CMB, ein
schwaches, überall im Universum vorhandenes „Nachglühen“ des
Urknalls. Diese Entdeckung lieferte den entscheidenden Beweis für
die Urknalltheorie.

**Very Long Baseline Interferometry (VLBI):** Diese Technik
kombiniert die Signale von Radioteleskopen, die Tausende von
Kilometern voneinander entfernt sind, um eine extrem hohe
Winkelauflösung zu erzielen – vergleichbar mit einem Teleskop von
der Größe der Erde. Dies ermöglicht die Untersuchung feinster
Strukturen im Universum, wie z.B. Schwarze Löcher und Jets.

Wo stehen wir heute?

Die Radioastronomie ist heute ein globales Unterfangen mit einer
beeindruckenden Infrastruktur und einer Vielzahl von
Forschungsthemen.
Aktuelle Observatorien und Kollaborationen:

**ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array):** Ein
internationales Observatorium in der chilenischen Atacama-Wüste,
das im Millimeter- und Submillimeterbereich beobachtet. Es ist
ideal zur Untersuchung der Entstehung von Sternen und Planeten,
der Chemie im interstellaren Medium und der frühen
Galaxienbildung.

**VLA (Very Large Array):** Eines der bekanntesten
Radioteleskope der Welt in New Mexico, USA. Es besteht aus 27
Antennen und hat entscheidend zur Erforschung von Schwarzen
Löchern, Galaxienentwicklung und Radioquellen beigetragen.

**GBT (Green Bank Telescope):** Das größte voll bewegliche
Radioteleskop der Welt in West Virginia, USA, ohne Blockade durch
eine Unterkonstruktion. Es ist hervorragend für Pulsarforschung,
die Suche nach interstellaren Molekülen und die Untersuchung
entfernter Galaxien geeignet.

**LOFAR (Low-Frequency Array):** Ein europäisches Netzwerk
von Radioteleskopen, das bei sehr niedrigen Frequenzen
beobachtet. Es erforscht das frühe Universum (Reionisierung),
kosmische Strahlung und Transienten wie Fast Radio Bursts. LOFAR
hat sich zu einer wichtigen Forschungseinrichtung entwickelt und
bildet die Grundlage für LOFAR ERIC.

**SKA (Square Kilometre Array):** Ein gigantisches
internationales Projekt, das in Australien und Südafrika gebaut
wird und nach seiner Fertigstellung das größte Radioteleskop der
Welt sein wird. Es soll grundlegende Fragen zur Entstehung und
Entwicklung des Universums, der Natur der Dunklen Materie und
Energie sowie der Suche nach außerirdischem Leben beantworten.

Aktuelle Forschungsbereiche:

**Fast Radio Bursts (FRBs):** Kurze, energiereiche
Radioblitze unbekannten Ursprungs, die nur wenige Millisekunden
dauern und aus Milliarden Lichtjahren Entfernung stammen. Sie
sind ein heißes Forschungsfeld zur Untersuchung von extremen
astrophysikalischen Phänomenen.

**Gravitationswellen:** Obwohl Gravitationswellen primär mit
Gravitationswellendetektoren wie LIGO und Virgo gemessen werden,
ist die Präzision von Pulsar-Timing-Arrays entscheidend für die
Suche nach Gravitationswellen von supermassiven Schwarzen Löchern
und binären Systemen.

**Exoplaneten:** Radioastronomen suchen nach Radiosignaturen
von Exoplaneten, die Hinweise auf magnetische Felder oder sogar
technologische Aktivitäten geben könnten.

**Kosmologie und frühes Universum:** Die Untersuchung der
21-cm-Linie aus der „dunklen Zeitalter“ des Universums (bevor die
ersten Sterne entstanden) ist ein wichtiges Ziel für Teleskope
wie LOFAR und SKA, um die Reionisierungsepoche zu verstehen.

Grenzen in der Radioastronomie

Trotz der beeindruckenden Fortschritte gibt es in der
Radioastronomie nach wie vor fundamentale Grenzen:


**Radiofrequenz-Interferenz (RFI):** Dies ist die größte
Herausforderung. Menschliche Aktivitäten (Mobilfunk, WLAN,
Rundfunk, Satellitenkommunikation, Mikrowellenherde) emittieren
Radiowellen, die die schwachen kosmischen Signale überlagern.
Observatorien werden daher oft an abgelegenen Orten gebaut, und
es werden Techniken zur RFI-Minderung entwickelt (z.B. spezielle
Filter, adaptive Algorithmen). Die Zunahme von
Satellitenkonstellationen (z.B. Starlink) verschärft dieses
Problem.

**Atmosphärische Absorption und Emission:** Die
Erdatmosphäre, insbesondere Wasserdampf, absorbiert und emittiert
Radiowellen bei bestimmten Frequenzen, was die Beobachtung von
bodengestützten Teleskopen einschränkt. Dies ist der Grund, warum
Millimeter-/Submillimeter-Teleskope wie ALMA in großer Höhe und
trockenen Klimazonen gebaut werden, und warum bestimmte
Frequenzbereiche nur von Weltraumteleskopen aus zugänglich sind.

**Physikalische Grenzen der Auflösung:** Die Winkelauflösung
eines Teleskops ist proportional zur Wellenlänge und umgekehrt
proportional zur Größe der Antenne. Bei längeren Radiowellen ist
die Auflösung naturgemäß schlechter als bei optischen
Wellenlängen. Interferometrie (VLBI) kann dies durch die
Schaffung großer synthetischer Aperturen mildern, aber es gibt
immer noch praktische Grenzen für die maximal erreichbare
Basislinie.

**Fundamentale Empfindlichkeit (Quantenrauschen):** Selbst
ein idealer Empfänger fügt dem Signal ein Minimum an Rauschen
hinzu, das auf den Prinzipien der Quantenmechanik basiert
(Quantenrauschen). Dies setzt eine grundlegende Grenze für die
Empfindlichkeit, mit der die schwächsten kosmischen Signale
überhaupt detektiert werden können.

**Technische und Kostenbeschränkungen:** Der Bau extrem
großer Radioteleskope oder Interferometer ist extrem teuer und
technisch komplex. Die Größe der Antennen und die Präzision, mit
der sie ausgerichtet werden müssen, sind immense
ingenieurtechnische Herausforderungen.

Was wäre theoretisch möglich?

Wenn alle Materialien, die die Physik theoretisch beschreibt,
heute schon zur Verfügung stünden, würden sich die Grenzen der
Radioastronomie dramatisch verschieben:


**Perfekte Supraleiter bei Raumtemperatur:** Das würde den
elektrischen Widerstand in Antennen und Übertragungsleitungen
eliminieren, was zu nahezu null thermischem Rauschen in den
Empfängerketten führen und die Sensitivität dramatisch erhöhen
würde, näher an das absolute Quantenlimit heran.

**Unendlich große und präzise Raum-Interferometer:** Mit
Materialien, die perfekt starr und dennoch extrem leicht sind,
könnten Radioteleskop-Arrays im Weltraum über Millionen oder
Milliarden von Kilometern hinweg gebaut werden. Dies würde eine
Winkelauflösung ermöglichen, die weit über das heute Vorstellbare
hinausgeht, potenziell das direkte Abbilden von Exoplaneten oder
sogar die Auflösung von Oberflächenmerkmalen entfernter
Himmelskörper.

**Ultimative Quantendetektoren:** Detektoren, die am
absoluten Quantenlimit arbeiten, vielleicht unter Nutzung von
verschränkten Photonen oder anderen Quantenphänomenen, könnten
die schwächsten Radiosignale aus den entferntesten Quellen
nachweisen, die heute völlig unsichtbar sind. Dies würde die
Möglichkeit eröffnen, das Universum in noch nie dagewesener Tiefe
zu erforschen.

**Vollständige RFI-Abschirmung und -Kompensation:**
Hypothetische Materialien könnten eine perfekte Abschirmung gegen
alle terrestrischen und satellitengestützten Radiofrequenzen
bieten. Oder, noch weitergehend, quanteninterferenzbasierte
Systeme könnten jede Störung aktiv und perfekt aufheben, sodass
erdgebundene Teleskope mit ihrer theoretisch maximalen
Sensitivität arbeiten könnten.

**Atmosphärische „Fenster“ oder Transparenz:** Wenn
hypothetische Materialien die Fähigkeit hätten, die Atmosphäre
bei allen Radiofrequenzen vollständig transparent zu machen oder
sogar perfekte Vakuumkuppeln zu schaffen, könnten bodengestützte
Observatorien das gesamte Radiospektrum ohne atmosphärische
Absorption oder Verzerrung nutzen.

**Revolutionäre Datenverarbeitung durch Quantencomputing:**
Mit der theoretischen Rechenleistung, die durch fortgeschrittene
Quantencomputer möglich wäre, könnten die riesigen Datenmengen,
die von extrem sensitiven Teleskopen erzeugt werden, in Echtzeit
verarbeitet und analysiert werden, was völlig neue Einblicke und
Entdeckungen ermöglichen würde.



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Grenzen | Theoretische Möglichkeiten
Quellenangaben

**Britannica – Quasar:**
https://www.britannica.com/science/quasar

**Britannica – Pulsar:**
https://www.britannica.com/science/pulsar

**Britannica – Cosmic Microwave Background:**
https://www.britannica.com/science/cosmic-microwave-background

**ALMA Observatory:** http://www.almaobservatory.org/

**NRAO – VLA:**
https://public.nrao.edu/call-for-proposals/vla/

**Green Bank Observatory:** https://greenbankobservatory.org/

**LOFAR:** https://www.lofar.org/

**SKA Observatory:** https://www.skatelescope.org/

Weitere Informationen zur Geschichte und Entwicklung der
Radioastronomie wurden aus allgemein zugänglichen
wissenschaftlichen und historischen Quellen (z.B. Wikipedia,
Lehrbücher zur Astronomie und Astrophysik) gewonnen.



Source: https://g.co/gemini/share/224dc21fe373

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