GS013 - Die Kampftruppe des Vatikans - Jesuiten im Schatten des Zweiten Weltkriegs

GS013 - Die Kampftruppe des Vatikans - Jesuiten im Schatten des Zweiten Weltkriegs

1 Stunde 9 Minuten
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Beschreibung

vor 9 Monaten

Der Podcast untersucht die Rolle der Jesuiten innerhalb der
Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und beleuchtet das Spannungsfeld
zwischen ihrem christlichen Glauben und dem militärischen
Gehorsam. Es wird die komplexe Beziehung zwischen dem
Jesuitenorden und dem Nationalsozialismus dargestellt, wobei
einige Jesuiten Widerstand leisteten. Die Marienverehrung während
des Krieges und die Bedeutung von Marienerscheinungen werden
ebenfalls thematisiert. Der Sonderstatus der Jesuiten in
Deutschland und ihre systematische Diskriminierung durch die
Nationalsozialisten führte zu persönlichen und familiären
Belastungen für die Mitglieder des Ordens. Es wird auch
diskutiert, wie sich Religionen in Krisenzeiten transformieren
und neue Funktionen annehmen können. Trotz der Feindseligkeiten
während der NS-Zeit blieb die Anziehungskraft des Jesuitenordens
auf junge Männer ungebrochen, was auf eine bewusste Entscheidung
der Novizen hinweist, die den Orden nicht aus opportunistischen
Gründen wählten, sondern aus einer tief verwurzelten Überzeugung.
Die Kommunikation innerhalb des Ordens während der NS-Zeit war
von zentraler Bedeutung, wobei einige Jesuiten ihre Zugehörigkeit
offenlegten, während andere sie verschwiegen. Die Jesuiten
pflegten eine eigene Gruppenkultur mit strengen
sittlich-religiösen Normen, die sie von anderen Männerbünden
abhoben. Trotz politischer Grenzen und Kriegszuständen hielten
die Jesuiten an ihrer bruderschaftlichen Verbundenheit fest und
zeigten eine grenzüberschreitende Solidarität, die ihre
transnationale Identität betonte. Jesuiten in der Wehrmacht
mussten sich in einer zwiespältigen Lage behaupten, da sie
geistliche und moralische Abgrenzung bewahrten, während sie sich
in die militärische Hierarchie und Kameradschaft einfügten. Ihre
Weigerung an den zentralen Vergemeinschafterungspraktiken der
Wehrmacht teilzunehmen, machte sie zu Aussenseitern und
Unsoldaten. Trotzdem sahen sie sich als deutsche Patrioten, die
sich von der nationalsozialistischen Ideologie distanzierten und
Deutschland als kulturelle, historische und geistige Nation
verstanden, für die sie Verantwortung trugen. Die Jesuiten im
Zweiten Weltkrieg sahen sich nicht als Vertreter des
nationalsozialistischen Staates, sondern als Vertreter eines
anderen, ideellen Deutschlands, das sich von der NS-Ideologie
fundamental unterschied. Die veränderte Rolle der
Jesuiten-Soldaten im Zweiten Weltkrieg führte zu einer neuen
Dimension ihrer Kriegserfahrung und Interpretation. Während sie
in früheren Kriegen hauptsächlich als Sanitäter, Krankenträger
und Seelsorger tätig waren, fanden sich viele nun erstmals in
aktiven Kampfeinsätzen wieder. Diese neue Realität stellte sie
vor tiefgreifende moralische, religiöse und existenzielle
Herausforderungen. Die Identitätsfrage der Jesuiten im Zweiten
Weltkrieg war eng mit ihrem Ordensgründer Ignatius von Loyola
verknüpft, der selbst eine militärische Vergangenheit hatte. Als
ehemaliger Soldat, der durch eine Kriegsverletzung zum
geistlichen Leben fand, diente er als Identifikationsfigur für
die jesuitischen Soldaten, die nun in der Wehrmacht dienten. Die
jesuitenspezifische Tugend des militärischen Gehorsams wurde im
Krieg gezielt revitalisiert und besonders in den Rundbriefen der
Ordensoberen als leuchtendes Vorbild dargestellt. Die
Verteidigung der Stadt Pampelona im Jahr 1521 wurde in den
jesuitischen Rundbriefen während des Zweiten Weltkriegs als
zentrale Identifikationsgeschichte für die jesuitischen Soldaten
herangezogen. Darüber hinaus wird die Verbreitung eines negativen
Russlandbildes unter den Jesuiten im Zweiten Weltkrieg
diskutiert, das von der Vorstellung geprägt war, dass der Krieg
gegen die Sowjetunion als Abwehr des Bolschewismus und als eine
Art Befreiung Russlands betrachtet werden konnte. Ein prominenter
Jesuitenpater, Pater Ivan Kolokriow, verband seine kritische
Darstellung des Bolschewismus mit einer tief verwurzelten
religiösen Deutung der russischen Geschichte. Ab 1941 nahm
Kolokriow eine zunehmend radikale Position ein und äußerte sich
offen antisemitisch, während er die deutsche Wehrmacht als
Befreier glorifizierte. Diese Perspektive trug dazu bei, dass
viele katholische Gläubige, darunter auch Jesuiten, den Krieg
gegen den Bolschewismus als göttlich legitimierte Mission
betrachteten. Jesuitenpater Enrico Rosa verfasste im Auftrag von
Papst Pius XI. einen Artikel, in dem er eine Unterscheidung
zwischen zwei Formen des Antisemitismus vornahm und eine
antisemitische Haltung als legitim darstellte, solange sie sich
nicht auf rassische, sondern auf gesellschaftliche und politische
Aspekte stützte. Die katholische Kirche verstärkte ihren
Widerstand gegen den Kommunismus und den Bolschewismus, was zu
einer weiteren Politisierung des Glaubens und einer verstärkten
Mobilisierung konservativer und kirchlicher Kräfte führte. Es
wurde eine spezielle Forschungs- und Auskunftsstelle über
Bolschewismus, gottlosen Bewegung und Freidenkertum eingerichtet,
die von katholischen Theologen geleitet wurde und finanzielle
Unterstützung sowohl von der deutschen Reichsregierung als auch
vom Heiligen Stuhl erhielt. Die enge Zusammenarbeit zwischen
Kirche und Staat im Kampf gegen den Bolschewismus zeigt, wie
stark der Antikommunismus als gemeinsamer ideologischer Nenner
diente. Die Jesuiten hatten zunächst die Vorstellung, dass der
Krieg gegen den Bolschewismus zur inneren Erneuerung Deutschlands
führen würde. Ein weiteres zentrales Kriegsziel der Jesuiten war
die vollständige religiöse Wiedergeburt Russlands, indem sie die
russisch-orthodoxe Kirche wieder mit der römisch-katholischen
Kirche vereinen wollten. Mit fortschreitendem Krieg und
zunehmendem Leid der Zivilbevölkerung begannen einige
Jesuitensoldaten, ihre bisherigen Deutungsmuster zu hinterfragen
und kamen zu einer umfassenderen Sichtweise über den Krieg und
die moralische Verantwortung aller Beteiligten. Letztendlich
führte die wachsende Desillusionierung über den Krieg und seine
Rechtfertigungen dazu, dass die Jesuiten zu einer düsteren
Erkenntnis gelangten, dass sowohl der Kommunismus als auch der
Nationalsozialismus von Gott gestraft wurden und dass nur Gott
aus diesem Chaos retten könne. Trotz der Verbrechen gegen die
Menschlichkeit im Zweiten Weltkrieg erklärte die katholische
Kirche das Mittun von Christen in diesem Konflikt weder vor,
während noch nach dem Krieg als grundsätzlich unerlaubt, sondern
griff auf traditionelle Deutungen zurück, die es ihnen
ermöglichten, sich nicht eindeutig gegen den Krieg als solches zu
positionieren.



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