Elf sind einer zu wenig Apg 1,15-17.20ac-26

Elf sind einer zu wenig Apg 1,15-17.20ac-26

5 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Ich bin kein Fachmann in Sachen Fußball. Das bringt mir unter den
jüngeren meiner Freunde mitunter liebevollen Spott und
umständliche Erklärungen von Allgemeinplätzen ein. Beides mag
ich.


Aber ich freue mich an einem schönen Spiel und bange mit. Auch
schon davor. Wer spielt? Wer sitzt auf der Ersatzbank? Wie auch
immer, am Ende müssen da elf stehen und spielen.


In der Kirche sind elf einer zu wenig. Es müssen zwölf sein. Aus
seinen Jüngern wählt Jesus zwölf aus, die er Apostel nennt. Denen
gibt er eine besondere Sendung, Vollmacht und Verantwortung für
die Kirche. Warum zwölf? Weil Jesus anknüpft an die zwölf Stämme
Israels, wenn er das Volk Gottes aus Juden und Heiden neu sammelt
und sendet.


Das waren denkbar verschiedene Männer mit ihren Stärken und
Schwächen. Auch diese Urzelle der Kirche war nicht vor
Verwerfungen, Schuld und Verrat sicher. Am spektakulärsten zeigte
sich das im Fall des Judas Iskariot. Der hatte Jesus nicht nur
verraten und das später bitter bereut (wie andere auch), sondern
konnte sich das auch nicht verzeihen, so dass er sich selbst
richtete.


Aber elf sind einer zu wenig. Das wussten auch die verbleibenden
Apostel. Sie losen aus zwei Kandidaten, die schon gemeinsam mit
ihnen und Jesus gegangen waren, einen aus, um mit ihnen „Zeuge
der Auferstehung“ zu sein. Matthias trifft das Los.


Das Festhalten an der Zahl der Zwölf und an der Besonderheit des
Dienstes der Apostel erinnert die Kirche an ihr Leben aus dem
Ursprung und gilt als entscheidender Schritt zur Herausbildung
des Bischofsamtes im ersten Jahrhundert. Aber die Merkmale der
Aufnahme des Matthias in den Apostelkreis scheinen mir auch
allgemein bedenkenswert für die Frage, wie jemand zur Kirche der
Apostel gehören will.


Denn viele, die formal (noch) zur Kirche gehören, sind in ihr
heimatlos geworden. Entweder, weil ihnen die Inhalte des Glaubens
fremd geworden sind, oder weil ihnen die Inhalte des Glaubens
nicht mehr angeboten werden. Die Kirche macht keinen Unterschied
mehr.


Aber immer wieder gibt es auch solche, die Erfahrungen machen,
welche sie neu nach Gott suchen lassen. Und manche von ihnen
erkennen dann auch ihr bisheriges Leben als eines, dass sie – wie
Matthias (vielleicht auf Abstand zu den anderen) – bereits mit
Gott und mit Jesus gelebt haben. Und diese Beziehung will nun
konkreter werden, und aus ihr resultiert dann ein „apostolischer“
Auftrag, eine Sendung zu den Menschen.


Die solche Erfahrungen machen, haben Sehnsucht nach Richtung und
Sinn; danach, dass es ihnen wieder um etwas geht; und danach,
dass dieses „etwas“ so lebensrelevant und kostbar ist, dass es
sich dafür zu leben und zu leiden, sich zu mühen und zu kämpfen
lohnt.


Dafür kann es wichtig sein, die Scheu vor den Elf, also vor den
anderen Christen, zu verlieren. Die kann aus Verachtung oder
Bewunderung herrühren. Sie mögen einem vielleicht naiver oder
frömmer oder fortgeschrittener vorkommen als man selbst ist oder
sein will. Oft sind solche Eindrücke nur Idealisierungen. Aber
manchmal gilt auch, was Augustinus von seiner Berufung berichtet:
Gott ruft nicht die Guten. Sondern er macht die gut, die er ruft.


Wenn ich das glaube, kann ich mich auch damit versöhnen, nicht
von Anfang an oder nicht bei einem engeren Kreis dabei gewesen zu
sein. Einmal werden wir sehen, was alles in unserem scheinbar nur
dahingelebten Leben von ewigem Wert war. Und was wir gerade dort
haben empfangen und geben können, wohin wir gestellt wurden.


Und dann kann sich auch die Empörung über Versagen und Schuld in
der Kirche von Judas bis heute verwandeln. Und zwar in ein
Lebenszeugnis wie das des Matthias, das ein Gegengewicht, einen
Ausgleich und Ersatz zu dem darstellt, was andere gefehlt haben.


Und schließlich sagt die Berufung des Matthias jedem, der sich
nach Gott sehnt: Du bist, wie keiner ist. Du hast, was keiner
hat. Du vermagst, was keiner vermag. Ohne dich ist die Kirche
unvollständig. Elf sind einfach einer zu wenig.


Fra’ Georg Lengerke

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