Wissen über HIV/AIDS und ihre Prävention bei Aussiedlern und jüdischen Kontingentflüchtlingen aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in Bayern
Beschreibung
vor 17 Jahren
Aussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge (GUS-Immigranten) aus
der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bilden in Deutschland
eine der größten Immigrantenpopulationen. Im Zeitraum zwischen 1991
und 2005 wurden über 2 Mill. GUS-Immigranten in Deutschland
aufgenommen. Seit 2001 entwickelt sich eine HIV-Epidemie in den
GU-Staaten, in denen Ukraine, Russische Föderation und Moldawien am
meisten betroffen sind. Es fehlen bis jetzt die Untersuchungen über
das Wissen hinsichtlich der HIV-Infektion und –Prävention sowie
über die Einstellung zum Thema HIV/AIDS bei den GUS-Immigranten,
was in der Zeit der hohen HIV-Prävalenz in ihren Herkunftsländern
und laufender Aufnahme in Deutschland sehr aktuell erscheint. Ziel
dieser kontrollierten Pilotstudie war das Wissen und die
Einstellung zum Thema HIV/AIDS und HIV-Prävention,
Informationsquellen, mögliches Verhalten beim Verdacht auf eine
HIV-Infektion oder bei diagnostizierter HIV-Infektion bei den
GUS-Immigranten zu untersuchen. 1.205 GUS-Immigranten im Alter
zwischen 16 und 65 Jahren wurden mittels anonymer postalischer
Befragung in München und in Bayern befragt und 6 HIV-positive bzw.
STD-kranke GUS-Immigranten interviewt. 448 deutschsprachige
Patienten der dermatologischen Allgemeinambulanz der Klinik und
Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) wurden anonym in der
allgemeinen Poliklinik (als Kontrollgruppe) zu gleichen Themen
befragt. Es wurde ein vierstufiger HIV/AIDS-Risikowissensindex
(HIV/AIDS Transmission through Sex and Intravenous Drug Use,
HATSIDU) zum Untersuchen des Wissens über das Risikoverhalten in
Bezug auf HIV-Übertragung und Schutz vor einer HIV-Infektion beim
Sexualkontakt und beim intravenösen Drogengebrauch ausgearbeitet.
Es wurde festgestellt, dass mehr GUS-Immigranten (22,7 %) im
Vergleich zur Kontrollgruppe (12,8 %) ihre Informiertheit über
HIV/AIDS als schlecht einschätzten. Die GUS-Immigranten waren sehr
gut über HIV-Übertragung durch Spritzen/Nadeln (96,5 % der
richtigen Antworten) und Vaginalverkehr (83,4 %) informiert. Es
fehlte ihnen aber das Wissen über HIV-Übertragung durch Anal- (67
%) und Oralverkehr (49,7 %). Außerdem glaubte ein erheblicher Teil
(bis zu 30 %) der GUS-Immigranten an verschiedene
HIV-Übertragungsmythen. Kondom und Einmalspritzen/-nadeln als
Schutz vor einer HIV-Infektion waren bei den GUS-Immigranten sehr
gut bekannt (entsprechend 91,8 % und 81,5 % der richtigen
Antworten). Trotzdem war der Mittelwert des
HIV/AIDS-Risikowissensindex (HATSIDU) bei den GUS-Immigranten
(HATSIDU-Mittelwert 2,44) signifikant (p < 0,05) niedriger als
in der Kontrollgruppe (HATSIDU-Mittelwert 2,84) und vom Alter, der
Ausbildung und dem sozialen Status abhängig. So wurde der höchste
HIV/AIDS-Risikowissensindex bei 40-49jährigen GUS-Immigranten mit
einem Universitätsabschluss und bei Studenten festgestellt. Der
niedrigste HIV/AIDS-Risikowissensindex war bei 60-65jährigen
GUS-Immigranten mit einer 8-jährigen Schulausbildung und bei
Rentnern zu beobachten. Der HIV/AIDS-Risikowissensindex war bei den
Aussiedlern von der Aufenthaltsdauer abhängig: vor kurzem
Eingereiste waren besser über HIV-Infektion und –Prävention
informiert als die länger in Deutschland Lebenden. Geschlecht,
Familienstatus, Herkunftsland und Religion spielten dabei keine
Rolle. Die Interviews mit den HIV-positiven und STD-kranken
GUS-Immigranten haben gezeigt, dass das Thema HIV/AIDS in dieser
Immigrantengruppe tabuisiert ist, dass HIV-Positive Angst vor
sozialer Zurückweisung und Diskriminierung haben, und dass die
GUS-Immigranten die HIV-Gefahr nicht wahrnehmen. Die Unkenntnis der
HIV-Übertragungswege schafft ein diskriminierendes und
stigmatisierendes Umgehen mit den HIV-Positiven, was erhebliche
Störfaktoren sowohl bei der HIV/AIDS-Präventionsarbeit, als auch
bei der medizinischen, psychologischen Betreuung und Beratung von
HIV-positiven GUS-Immigranten darstellen. Konventionelle
HIV/AIDS-Präventionsbotschaften in Deutschland bleiben oft von den
GUS-Immigranten nicht bemerkt, oder sie können wegen mangelnder
Deutschkenntnis nur begrenzt verstanden werden. Es sollten die
HIV-Präventionsbotschaften über HIV-Übertragung durch Anal- und
Oralverkehr sowie die Aufklärung bezüglich der
HIV-Übertragungsmythen den GUS-Immigranten vermittelt werden. In
diesem Forschungsprojekt wurden zum ersten Mal die
wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Wissen zum Thema HIV/AIDS
bei den Aussiedlern und jüdischen Kontingentflüchtlingen in
Deutschland gewonnen. In Anbetracht der HIV-Epidemie in GUS,
laufender Immigration sowie zunehmender beruflicher Migration aus
GUS nach Deutschland, ist es zu erwarten, dass die Zahl der
HIV-positiven GUS-Immigranten und –Migranten sowie die Aktualität
des Themas HIV/AIDS in dieser Population in Deutschland zunehmen
wird.
der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bilden in Deutschland
eine der größten Immigrantenpopulationen. Im Zeitraum zwischen 1991
und 2005 wurden über 2 Mill. GUS-Immigranten in Deutschland
aufgenommen. Seit 2001 entwickelt sich eine HIV-Epidemie in den
GU-Staaten, in denen Ukraine, Russische Föderation und Moldawien am
meisten betroffen sind. Es fehlen bis jetzt die Untersuchungen über
das Wissen hinsichtlich der HIV-Infektion und –Prävention sowie
über die Einstellung zum Thema HIV/AIDS bei den GUS-Immigranten,
was in der Zeit der hohen HIV-Prävalenz in ihren Herkunftsländern
und laufender Aufnahme in Deutschland sehr aktuell erscheint. Ziel
dieser kontrollierten Pilotstudie war das Wissen und die
Einstellung zum Thema HIV/AIDS und HIV-Prävention,
Informationsquellen, mögliches Verhalten beim Verdacht auf eine
HIV-Infektion oder bei diagnostizierter HIV-Infektion bei den
GUS-Immigranten zu untersuchen. 1.205 GUS-Immigranten im Alter
zwischen 16 und 65 Jahren wurden mittels anonymer postalischer
Befragung in München und in Bayern befragt und 6 HIV-positive bzw.
STD-kranke GUS-Immigranten interviewt. 448 deutschsprachige
Patienten der dermatologischen Allgemeinambulanz der Klinik und
Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) wurden anonym in der
allgemeinen Poliklinik (als Kontrollgruppe) zu gleichen Themen
befragt. Es wurde ein vierstufiger HIV/AIDS-Risikowissensindex
(HIV/AIDS Transmission through Sex and Intravenous Drug Use,
HATSIDU) zum Untersuchen des Wissens über das Risikoverhalten in
Bezug auf HIV-Übertragung und Schutz vor einer HIV-Infektion beim
Sexualkontakt und beim intravenösen Drogengebrauch ausgearbeitet.
Es wurde festgestellt, dass mehr GUS-Immigranten (22,7 %) im
Vergleich zur Kontrollgruppe (12,8 %) ihre Informiertheit über
HIV/AIDS als schlecht einschätzten. Die GUS-Immigranten waren sehr
gut über HIV-Übertragung durch Spritzen/Nadeln (96,5 % der
richtigen Antworten) und Vaginalverkehr (83,4 %) informiert. Es
fehlte ihnen aber das Wissen über HIV-Übertragung durch Anal- (67
%) und Oralverkehr (49,7 %). Außerdem glaubte ein erheblicher Teil
(bis zu 30 %) der GUS-Immigranten an verschiedene
HIV-Übertragungsmythen. Kondom und Einmalspritzen/-nadeln als
Schutz vor einer HIV-Infektion waren bei den GUS-Immigranten sehr
gut bekannt (entsprechend 91,8 % und 81,5 % der richtigen
Antworten). Trotzdem war der Mittelwert des
HIV/AIDS-Risikowissensindex (HATSIDU) bei den GUS-Immigranten
(HATSIDU-Mittelwert 2,44) signifikant (p < 0,05) niedriger als
in der Kontrollgruppe (HATSIDU-Mittelwert 2,84) und vom Alter, der
Ausbildung und dem sozialen Status abhängig. So wurde der höchste
HIV/AIDS-Risikowissensindex bei 40-49jährigen GUS-Immigranten mit
einem Universitätsabschluss und bei Studenten festgestellt. Der
niedrigste HIV/AIDS-Risikowissensindex war bei 60-65jährigen
GUS-Immigranten mit einer 8-jährigen Schulausbildung und bei
Rentnern zu beobachten. Der HIV/AIDS-Risikowissensindex war bei den
Aussiedlern von der Aufenthaltsdauer abhängig: vor kurzem
Eingereiste waren besser über HIV-Infektion und –Prävention
informiert als die länger in Deutschland Lebenden. Geschlecht,
Familienstatus, Herkunftsland und Religion spielten dabei keine
Rolle. Die Interviews mit den HIV-positiven und STD-kranken
GUS-Immigranten haben gezeigt, dass das Thema HIV/AIDS in dieser
Immigrantengruppe tabuisiert ist, dass HIV-Positive Angst vor
sozialer Zurückweisung und Diskriminierung haben, und dass die
GUS-Immigranten die HIV-Gefahr nicht wahrnehmen. Die Unkenntnis der
HIV-Übertragungswege schafft ein diskriminierendes und
stigmatisierendes Umgehen mit den HIV-Positiven, was erhebliche
Störfaktoren sowohl bei der HIV/AIDS-Präventionsarbeit, als auch
bei der medizinischen, psychologischen Betreuung und Beratung von
HIV-positiven GUS-Immigranten darstellen. Konventionelle
HIV/AIDS-Präventionsbotschaften in Deutschland bleiben oft von den
GUS-Immigranten nicht bemerkt, oder sie können wegen mangelnder
Deutschkenntnis nur begrenzt verstanden werden. Es sollten die
HIV-Präventionsbotschaften über HIV-Übertragung durch Anal- und
Oralverkehr sowie die Aufklärung bezüglich der
HIV-Übertragungsmythen den GUS-Immigranten vermittelt werden. In
diesem Forschungsprojekt wurden zum ersten Mal die
wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Wissen zum Thema HIV/AIDS
bei den Aussiedlern und jüdischen Kontingentflüchtlingen in
Deutschland gewonnen. In Anbetracht der HIV-Epidemie in GUS,
laufender Immigration sowie zunehmender beruflicher Migration aus
GUS nach Deutschland, ist es zu erwarten, dass die Zahl der
HIV-positiven GUS-Immigranten und –Migranten sowie die Aktualität
des Themas HIV/AIDS in dieser Population in Deutschland zunehmen
wird.
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