Beschreibung

vor 13 Jahren
Das Wiskott-Aldrich Syndrom (WAS) ist eine X-chromosomal rezessiv
vererbte Erkrankung mit einem sehr breiten Krankheitsspektrum, die
interdisziplinäre Zusammenarbeit im Management betroffener
Patienten erfordert. Ein großer Teil der Patienten mit Mutationen
im Wiskott-Aldrich Syndrom-Protein (WASP)-Gen weist den milden
Phänotyp der X-chromosomalen Thrombozytopenie (X-linked
thrombocytopenia, XLT) auf. Intravenös verabreichte Immunglobuline
und prophylaktische Antibiotika-Therapie zur Überbrückung der Zeit
bis zur allogenen Stammzelltransplantation im frühen Kindesalter
stellen für Patienten mit klassischem WAS das therapeutische
Vorgehen der Wahl dar. Im Gegensatz dazu stellen Patienten mit dem
milden klinischen Phänotyp XLT eine enorme Herausforderung bei der
Entscheidung über Art und Ausmaß des therapeutischen Vorgehens dar.
Besonders schwierig ist das Abwägen von sehr eingreifenden
Therapiemaßnahmen wie der hämatopoietischen
Stammzelltransplantation für sehr junge XLT-Patienten, die sich
initial oft lediglich mit selektiver Mikrothrombozytopenie
präsentieren. Zu einem so frühen Zeitpunkt kann noch keine Prognose
für den Langzeitverlauf der Erkrankung gestellt werden, jedoch wäre
eine frühe Evidenz-basierte Entscheidung für oder gegen diese
einzig kurative Therapie extrem wichtig. Ähnlich schwierig
gestaltet sich das therapeutische Management erwachsener
XLT-Patienten, die fälschlicherweise als immun-thrombozytopenische
Purpura klassifiziert wurden, aber möglicherweise schon
XLT-assoziierte Komplikationen entwickelt haben. Diese
retrospektive Multicenter-Studie wurde initiiert, um den
natürlichen Krankheitsverlauf bei XLT nachzuzeichnen, die
Wirksamkeit gängiger für das WAS etablierte Therapieregimes zu
überprüfen und somit Evidenz für optimale Behandlungsoptionen zu
schaffen. Es wurde eine retrospektive Fragebogen-basierte
Datenerhebung an pädiatrischen Zentren mit Spezialisierung für
angeborene Immundefekte durchgeführt. Patienten mit einer
dokumentierten Mutation im WASP-Gen und einem klinischen WAS-Score
von 2 oder geringer wurden in die Studie aufgenommen. Daten von
insgesamt 185 Patienten aus zwölf Ländern, 2864 Patientenjahre
umfassend, wurden analysiert. Um den natürlichen Krankheitsverlauf
nachzuzeichnen, wurde der gesamte Datensatz für hämatopoietische
Stammzelltransplantation zensiert. Das mediane Alter zum Zeitpunkt
des letzten Follow-Up lag bei 11.2 Jahren. Die
Gesamt-Überlebenswahrscheinlichkeit in dieser Kohorte war
hervorragend. Dennoch beobachteten wir eine überraschend hohe Rate
an schweren Krankheits-assoziierten Komplikationen wie potentiell
lebensbedrohenden Infektionen (7.6%) oder Blutungsereignissen
(14.1%), Autoimmunerkrankungen (11.9%) und malignen Tumoren (4.9%).
Die Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit sowie die Wahrscheinlichkeit
des ereignisfreien Überlebens wurden nicht statistisch signifikant
durch die Art der Mutation oder die Expression von WASP
beeinflusst. Patienten, die während der Beobachtungsperiode mit
antibiotischer Prophylaxe oder intravenös verabreichten
Immunglobulinen behandelt worden waren, zeigten keinen
Überlebensvorteil gegenüber anderen. Eine Splenektomie, der sich 40
Patienten (21.6%) unterzogen hatten, stellte einen signifikanten
Risikofaktor für die Entwicklung einer schwerwiegenden Infektion
dar, bot jedoch keine statistisch signifikante Reduktion des
Blutungsrisikos. Da Patienten mit XLT bei Ärzten verschiedener
Fachrichtungen vorstellig werden, ist es von vitaler Bedeutung, das
Bewusstsein für diese Erkrankung, die oft nicht oder
fehldiagnostiziert wird, zu schärfen. Diese Daten definieren die
Basis für den natürlichen Verlauf bei der milden Form des WAS und
werden dazu beitragen, die bestmöglichen Behandlungsoptionen für
jeden individuellen XLT-Patient anzubieten.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: