Wie füttere ich meinen Hund richtig?

Wie füttere ich meinen Hund richtig?

Wenn man einen Hund hat, gibt es viele Themen, über die häufig sehr emotional diskutiert wird. Dazu...
17 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Wenn man einen Hund hat, gibt es viele Themen, über die häufig
sehr emotional diskutiert wird. Dazu zählt das Kastrieren von
Hunden. Ganz weit oben steht aber auch die Ernährung. Das sorgt
schon mal dafür, dass besonders Neu-Hundebesitzer*innen schnell
verunsichert sein können. Aber: Wie füttere ich meinen Hund
richtig? Darüber habe ich für die Podcastfolge mit
Ernährungsspezialistin Dr. Petra Kölle gesprochen. Sie arbeitet
in der Kleintierklinik der LMU, wo es eine spezielle
Adipositas-Sprechstunde für Hunde und Katzen gibt, die erste
deutschlandweit. Zuerst hat sie mir in unserem Gespräch, das wir
im Frühjahr 2018 geführt haben, erklärt, was man sich unter
dieser Sprechstunde vorstellen kann.
Was ist eine Adipositas-Spezialsprechstunde?

Dr. Petra Kölle: Also das ist eine Sprechstunde,
wo die Leute mit ihren Tieren vorbeischauen können. Das ist das
Neue dran. Es gibt ja viele tierärztliche Ernährungsberatungen.
Das läuft auch meist per E-Mail oder per Post ab oder per
Telefon. Und bei uns kommen die Leute eben mit dem Tier. Das Tier
wird angeschaut, vermessen, gewogen und wir unterhalten uns
direkt mit dem Besitzer vor Ort. Und es kommen natürlich
hauptsächlich Leute, die beschlossen haben, ihr Tier muss
abnehmen.


Denise: Aber dann ist es mit Eigen- und
Fremdwahrnehmung wahrscheinlich gar nicht so weit her bzw. so
verkehrt, wenn die Leute sehen, dass ihre Tiere ich sage mal
etwas zu viel auf den Rippen haben.


Dr. Petra Kölle: Ja, häufig ist ein Leidensdruck
da, weil die Tiere, die wir sehen, sind sehr häufig krank. Also
ein dickes Tier alleine; da sind relativ wenig Besitzer, die
beschließen: Mein Tier muss jetzt abnehmen. Aber wenn zum
Beispiel die Katze diabetischen wird durch das Übergewicht, dann
ist da schon ein gewisser Leidensdruck beim Besitzer vorhanden.


Denise: Wie kam es denn überhaupt dazu, eine
Adipositas Spezial Sprechstunde anzubieten?


Dr. Petra Kölle: Also das Ganze wurde
angestoßen, auch durch einen Futtermittelhersteller, der eben
schon eine große Adipositas Klinik in Großbritannien unterstützt.
Und zusammen haben wir dann die Idee erarbeitet, hier auch so
etwas zu etablieren. Eben dass wir auch in Deutschland eine
Adipositas Sprechstunde vor Ort anbieten.
Wie viele Hunde und Katzen sind zu dick?

Denise: Können Sie einen Prozentsatz nennen, wie
viele Tiere, Hunde, Katzen in Deutschland übergewichtig sind oder
gibt es da gar keine Zahlen?


Dr. Petra Kölle: Doch es gibt schon Zahlen, die
variieren, je nach Studie, je nachdem, wo man diese Tiere eben
untersucht hat oder woher diese Untersuchungen stammen. Aber es
schwankt so zwischen 40 und 48 Prozent.


Photo by Jorge Zapata on Unsplash


Denise: Also fast jedes zweite Tier, also jeder
zweite Hund, jede zweite Katze. Und liegt es meistens daran, weil
die Halter falsch ernähren oder weil die Tiere wirklich krank
sind?


Dr. Petra Kölle: In vielen Fällen ist es so,
dass der Kalorienbedarf, also Energiebedarf des Tieres vom
Besitzer überschätzt wird. Aber wenn die Tiere älter werden oder
zum Beispiel kastriert werden, dann sinkt der Energiebedarf und
häufig steht auf den Packungen auch relativ viel drauf. Selbst
wenn man das füttert, was auf der Packung steht, was, wenn das
für den Hund komplett wäre, die ganzen Extras, also Leckerli und
Zahnputzsachen und Kaustreifen und Öl fürs Fell und die
Leberwurst zum Eingeben von Tabletten und so weiter und so
weiter. Das summiert sich unglaublich und das wird eben oft von
dem Besitzer nicht bedacht. Also nicht nur das, was im Napf ist
zählt, sondern im Prinzip alles, was du aufs Maul des Hundes geht
oder der Katze.


Denise: Dann kann ich jetzt daraus schließen,
dass die Angaben auf den Packungen wirklich die Maximalangaben
sind. Das heißt nicht, man muss. Das sind ja die verschiedenen
Gewichtsklassen und dann steht da, ich sage jetzt mal 260 Gramm
am Tag. Das heißt nicht, dass ein Tier in dieser Gewichtsklasse
260 Gramm von diesem Futter essen muss.


Dr. Petra Kölle: Nein, diese 260 Gramm zum
Beispiel, um bei dem Beispiel zu bleiben, sind eben für einen
Hund, der ausschließlich dieses Futter kriegt, also zu 100
Prozent, wird der Energiebedarf nur über dieses Futter gedeckt.
Er kriegt keine Leckerli, zusätzlich keine Kauprodukte und
ähnliches. Und außerdem, wenn er kastriert und lebhaft ist, also
noch eher jünger ist ab acht Jahren sinkt der Kalorienbedarf doch
ziemlich deutlich.
Futterrechner im Netz können helfen

Denise: Gibts da einen Ratschlag, den Sie geben
können, wie ich sozusagen den richtigen, den konkreten
Energiebedarf erfassen kann oder wie viel Futter ich dann geben
soll?


Dr. Petra Kölle: Es gibt Futterrechner im
Internet, wo man eben ausrechnen kann, wie hoch der
Kalorienbedarf seines eigenen Hundes ist und wo man auch
ausrechnen kann, wie viel Kalorien das verfütterte Futter enthält
und wie viel ich davon füttern müsste. Aber das Problem ist sind
ja wie gesagt eben auch noch die ganzen Leckerli.


Denise: Gibt es denn Hunderassen, die anfälliger
sind für Übergewicht?


Dr. Petra Kölle: Ja, gibt es schon. Also vor
allem Beagles und Labrador und Möpse sind doch oft recht
verfressen und dementsprechend auch überdurchschnittlich häufig
dick. Es gibt aber auch Rassen wie Windhunde oder auch Pudel, die
selber wissen, wann Schluss ist.


Denise: Was geben Sie Herrchen und Frauchen mit
auf den Weg, wenn jemand zu Ihnen kommt? Und sagen wir mal, da
ist jetzt die Ursache nicht die Krankheit, sondern das einfach
wirklich zu viel gegeben wird. Das ist ja dann auch sensibel.
Wahrscheinlich.


Dr. Petra Kölle: Ja, das ist ein ziemlich
sensibles Thema und wir machen erst mal eine Überprüfung, nachdem
man den Hund oder die Katze eben vermessen und gewogen hat und
mache eine ganz genaue Fütterungsanamnese und eine Überprüfung.
Und in den meisten Fällen ist es dann schon so, dass das Tier
viel mehr Kalorien rein gefüttert bekommt insgesamt als es
eigentlich benötigen würde. Und dann schauen wir eben, woher
diese ganzen Kalorien kommen und tauschen halt bestimmte
Komponenten gegen energieärmere aus. Also zum Beispiel
irgendwelche Leckerlies, dann eben gegen Scheibchen Möhre oder
Apfel oder so was ziemlich wenig Kalorien enthält. Und eventuell
habe ich das jetzt verfüttert Futter gegen eine Art Light Futter.


Denise: Weil ich war mir zum Beispiel gar nicht
sicher, ob Hunde auch Möhren vertragen. Aber Gemüse/Obst ist kein
Problem.


Dr. Petra Kölle: Ja, es gibt halt Gemüse- und
Obstsorten, die man halt nicht verfüttern sollte, wie zum
Beispiel Weintrauben oder Rosinen und auch Zwiebeln oder auch
Avocado wird häufig als giftig angeführt. Da sind Vergiftungen
bekannt, aber Apfel, Birne, Banane oder auch Möhren, Kohlrabi
kann man bedenkenlos verfüttern.


Denise: Ich habe jetzt öfter mal im Internet
gelesen: Wenn ich mein Tier anschaue und man sieht leicht die
Rippen, dann ist es quasi ideal. Stimmt das oder ist das totaler
Quatsch?


Dr. Petra Kölle: Sehen tut man das natürlich nur
bei kurzhaarigen Tieren. Man sollte sie aber auf jeden Fall
tasten können. Man sollte jede einzelne Rippe mit den Fingern
voneinander unterscheiden können. Und wenn man den Hund oder der
Katze von vorne nach hinten von oben so entlang fährt, sollte man
eine Einziehung haben, also so eine sogenannte Teile. Also wenn
das Tier ausschaut von oben wie eine Wurst, dann ist es definitiv
zu dick.
Ernährungsmythen

Denise: Da fallen mir jetzt ehrlich gesagt
wirklich Möpse ein, die ich kenne, die so ein bisschen wurstelig
aussehen. Gibt es denn, wenn wir beim Thema Ernährung sind,
Mythen, mit denen Sie aufräumen können?


Dr. Petra Kölle: Ja, zum Beispiel eben einen
Hund muss wie ein Wolf ernährt werden. Das stimmt so gar nicht,
weil einfach auch die genetischen Unterschiede doch relativ groß
sind. So hat zum Beispiel ein Hund deutlich mehr Gene für die
Stärkeverdauung als ein Wolf. Das heißt, der Hund kommt mit
stärkereicher Kost sehr gut zurecht.
Trockenfutter vs. Barfen

Denise: Also meine Hündin bekommt Trockenfutter
und manche Menschen rollen dann mit den Augen und sagen: „Was
Trockenfutter? Barfen ist das einzig Wahre!“ Also ich merke,
Futter ist wirklich ein sehr sensibles Thema, wie Sie schon
gesagt haben, aber da gibt es keine Wertung.


Dr. Petra Kölle: Es gibt einfach verschiedene
Wege einen Hund oder eine Katze zu ernähren. Man muss es halt
richtig machen. Man kann speziell beim Barfen oder insgesamt bei
selbst zusammengestellten Rationen sehr viele Fehler machen.
Viele Barfer vertreten die Meinung, dass man beim Barfen nichts
zusetzen muss. Aber das hängt natürlich von den Bestandteilen ab.
Gerade mit Spurenelementen wie Zink, Kupfer und Jod sind sehr
häufig Unterversorgungen festzustellen. Oder es ist auch für
einen Laien unglaublich schwer, das richtige
Calcium-Phosphor-Verhältnis rauszufinden. Es sollte bei 1,3 bis
1,5 liegen, sonst drohen Skelettprobleme oder auch Nierenprobleme
und das kriegt ein Laie kaum hin. Und bei jedem Hund ist der
Bedarf auch anders. In Abhängigkeit von Rasse, von Größe, vom
Alter, von Kastration, Status. Die Ernährung ist eine sehr
individuelle Sache. Bei selbst zusammengestellten Rationen sollte
man einen Spezialisten, also darauf spezialisierten Tierarzt
zurate ziehen.


Denise: Also nicht einfach selbst zusammen
mischen, beim Metzger irgendwas kaufen?


Dr. Petra Kölle: Nein. Also es kursieren auch
sehr viele Rezepte im Internet oder in sogenannten BARF Büchern,
die nicht von Tierärzten, die auf Ernährung spezialisiert,
geschrieben worden sind. Und wenn man da die Rationen durchhält,
sind da aber massive Defizite zu sehen.
Interesse an der Adipositas-Sprechstunde?

Denise: Wenn sich jetzt jemand angesprochen
fühlt, weil sein Hund vielleicht ein paar Kilo zu viel auf den
Rippen hat, wie ist denn das Vorgehen? Kann ich einfach
herkommen?


Dr. Petra Kölle: Nein, man braucht einen Termin
und am besten ist es vorher einfach per Email mit mir in Kontakt
zu treten. Die Daten findet man oder die Adresse findet man auf
der Klinik Homepage von der medizinischen Kleintierklinik und den
Fragebogen auszufüllen und mir zukommen zu lassen, per E-Mail,
per Post, per Fax und ich trete dann mit den Besitzern in
Kontakt. Und das gilt auch, wenn die Leute einfach nur eine
telefonische Beratung wollen oder auch Beratung ohne Tier oder
einfach nur eine Rationsberechnung,


Denise: Ja und ich habe im Internet auch
gelesen, es gibt etwas, das nennt sich Diet Check. Was ist das
genau?


Dr. Petra Kölle: Das ist ein Computerprogramm,
womit wir eine computergestützte Berechnung machen können. Wir
geben die ganzen Eckdaten für das Tier in dieses Programm ein und
dieses rechnet mir dann den Energiebedarf des Tieres aus. Ist
natürlich auch noch so ein bisschen das Augenmaß des Benutzers
dabei. Deswegen sehe ich die Tiere ganz gerne, um halt wirklich
zu sagen es sind soundso viel Prozent Übergewicht, weil ich dann
einfach die Daten exakter eingeben kann. Das Programm wird nur an
Tierärzte verkauft, ist also nicht für Hundebesitzer verfügbar.
Man braucht natürlich entsprechendes Fachwissen, um dieses
Programm einmal zu bedienen und auch zu wissen, zum Beispiel wenn
ich jetzt einen Nährstoff etwas höher drin habe oder etwas
niedriger, ob das vertretbar ist für dieses Tier oder nicht.


Denise: Würden Sie als Ratschlag sagen, abnehmen
von Hunden oder von Tieren am besten unter tierärztlicher
Aufsicht? Weil man ja, wenn ich jetzt so höre, Phosphat und alles
Calcium, man kann ja doch einiges falsch machen.


Dr. Petra Kölle: Gut, es kommt drauf an, wie man
das Ganze angeht. Also wenn man zum Beispiel ein käufliches
Lightfutter nimmt, kann man sozusagen nicht so viel falsch
machen. Da ist alles drin, wenn es das allein Futter deklariert
ist. Wenn man jetzt einfach FDH macht mit dem gewohnten Futter,
dann kriegt natürlich das Tier auch nur die Hälfte der Nährstoffe
und dann kann es bei einzelnen Nährstoffen tatsächlich zu einem
Mangel kommen. Das heißt, wenn die Leute sagen „Okay, sie wollen
es bei diesem Futter bleiben. Wir machen dann sozusagen FDH, also
die Hälfte, aber wir legen das dazu, was eben dann fehlt.“ Häufig
sind es halt verschiedene Spurenelemente oder eben Protein, zum
Beispiel in Form von Magerquark wird dann so zugelegt, dass eben
die Kalorien noch im Rahmen bleiben. Aber das das Tier eben alles
hat, was es braucht.


Denise: Kann man eine Zeitspanne nennen? Wenn
wir jetzt mal bei einem kleinen Mops sind, der vielleicht fünf
Kilo zu viel wiegt. Wie lange würde es ungefähr dauern, bis der
wieder Normalgewicht hat? Oder kann man das gar nicht abschätzen?


Dr. Petra Kölle: Doch man kann es etwa so
abschätzen Das Tier sollte gesund abnehmen. Also nicht zu langsam
und nicht zu schnell, weil gerade bei Katzen können sie
Leberprobleme entwickeln, wenn die zu schnell abnehmen oder wenn
die fasten. Und der optimale Gewichtsverlust wäre ein Prozent pro
Woche und dann kann man das in etwa vorhersagen, wie das
jeweilige Tier eben abzunehmen hat.


Denise: Was würden Sie generell Herrchen und
Frauchen von Hunden, aber auch von Katzen raten?


Dr. Petra Kölle: Man sollte von Anfang an auf
das Gewicht schauen, also schon beim Welpen sich vielleicht eine
Wachstumskurve erstellen lassen und dann beim jungen/jüngeren
Hund eben schon drauf achten, dass nicht da schon Übergewicht
entsteht und nach Kastration mit dem Futter runtergehen oder eben
Produkte für kastrierte Tiere benutzen, weil die auch weniger
energiedicht sind. Und man schenkt seinem Hund oder eine Katze
damit eben vermehrt Lebenszeit. Bei Hunden gibt es
Langzeitstudien, die sagen bis zu zwei Jahre leben
idealgewichtige Tiere länger als dicke Tiere. Also man hat
deutlich mehr gemeinsame Zeit, wenn das Tier dünner ist, weil es
einfach weniger anfällig ist für Krankheiten. Und es hat auch
einfach mehr Lebensqualität. Das ist das, was die Leute mir immer
sagen, wenn das Tier schon mal erfolgreich abgenommen hat, der
ist viel lustiger. Ja, das sagen aber wahnsinnig viel Besitzer.


Wer sich noch näher informieren will, ob sein Hund Unter-, Ideal-
oder Übergewicht hat, hier ein Tipp: Einfach im Internet nach
Body Condition Score suchen. Da werden dann Tabellen angezeigt,
wo man ganz leicht selbst nachschauen kann, ob der eigene Hund
ein bisschen zu viel wiegt. Da geht es dann eben um die
Körperform und was man beim Hund fühlen kann oder halt nicht.


Wenn ihr interessiert seid an meiner Arbeit als Hundetrainerin,
schaut Euch auf meiner Homepage www.zamperl-amore.de um.


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