Von Roman bis Film: Wie weit kann Fiktion gehen?

Von Roman bis Film: Wie weit kann Fiktion gehen?

Bestsellerautor Daniel Kehlmann stellt den Regisseur G.W. Pabst in den Dunstkreis der Nazis, was dessen Nachfahren erzürnt. Während dem Schauspielerin Sandra Hüller im neuen Holocaust-Film «Zone Of Interest» eine deutsche Idylle lebt, jenseits der Mau ...
29 Minuten

Beschreibung

vor 2 Monaten
Bestsellerautor Daniel Kehlmann stellt den Regisseur G.W. Pabst in
den Dunstkreis der Nazis, was dessen Nachfahren erzürnt. Während
dem Schauspielerin Sandra Hüller im neuen Holocaust-Film «Zone Of
Interest» eine deutsche Idylle lebt, jenseits der Mauer des Horrors
von Auschwitz. Fiktion unbegrenzt? Daniel Kehlmann schreibt
Bestseller. Seine Methode ist immer dieselbe: Der Protagonist
seiner Geschichte ist ein Mensch, der tatsächlich in der
Vergangenheit lebte, der meist vielen Menschen bekannt ist.
«Lichtspiel», das bereits im Herbst erschienene neueste Werk wirft
weiterhin Wellen. Fiktion steht für Kehlmann über der Wahrheit, so
dichtet er dem grossen Regisseur des deutschen Stummfilms, G.W.
Pabst und dessen Sohn, Nazi-Sympathien an, was die Nachfahren in
Österreich und der Schweiz erzürnt. Sie wehren sich dagegen, dass
ihre Familiengeschichte «überschrieben» wird, und verlangen vom
Verlag eine Erwähnung im Buch, dass es sich bei «Lichtspiel» in
weiten Teilen um Fiktion handle. Wie kann, beziehungsweise darf man
den Holocaust erzählen? Ist das Unfassbare darstellbar? Diese
Fragen beschäftigen nicht zuletzt seit Spielbergs Drama «Schindlers
Liste». Nun erhält die Holocaust-Darstellung im Film eine neue
Dimension: «Zone Of Interest» heisst das zugleich faszinierende und
verstörende Werk von Jonathan Glazer, das diese Woche in die Kinos
kommt. Die Banalität des Schreckens, hier dargestellt durch den
idyllischen Familienalltag der Familie des Lagerleiters Rudolph
Höss, während der Horror und die Gräueltaten des nur durch eine
Mauer getrennten Konzentrationslagers Auschwitz fast
ausschliesslich auf der Tonspur zu hören sind. Nur sehr selten
deuten nächtliche Aufnahmen von rauchenden Schornsteinen oder
Infrarotaufnahmen einer Wiederstandkämpferin auch visuell auf den
Völkermord hin. In der Hauptrolle glänzt einmal mehr
Oscar-Anwärterin Sandra Hüller. Der Schweizer Dokumentarfilm «Die
Anhörung» der Regisseurin Lisa Gerig stellt Befragungen im
Asylwesen, die Essenz jedes Asylverfahrens, nach. Mit Menschen, die
genau darüber Bescheid wissen, weil sie dabei waren. Entweder auf
der Seite, die befragt, oder auf jener, die antwortet. Der Film
zeigt hautnah, wie solche Anhörungen ablaufen – und was es für die
Asylsuchenden heisst, wenn anhand von ihren Erzählungen über ihr
Leben entschieden wird. Wer hat die besten Chancen auf Asyl? Sind
es die, die ihre Lebensgeschichten am eindrücklichsten erzählen
können? Der Film gewann kürzlich den Hauptpreis an den Solothurner
Filmtagen.

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