Paul Klee - Insula dulcamara, 1938

Paul Klee - Insula dulcamara, 1938

Dieses Bild ist das grösste Format, das Paul Klee jemals ausgeführt hatte, mit einer beachtlichen Länge von 176 cm.
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Lassen Sie sich unsere Werke von Paul Klee auf informative und unterhaltsame Art näherbringen. Die Inhalte der Podcasts bieten den HörerInnen klassiche Werkbeschreibungen und Hintergrundinformationen zu ausgewählten Exponaten von Paul Klee.

Beschreibung

vor 7 Jahren
Dieses Bild ist das grösste Format, das Paul Klee jemals ausgeführt
hatte, mit einer beachtlichen Länge von 176 cm. Wie für diese Zeit
typisch verwendete Klee Zeitungspapier, das er auf Jute aufklebte
(kaschierte). Mit Kleisterfarbe malte er dicke schwarze Balken
direkt aufs Papier. Erst anschliessend trug er die weisse
Grundierung auf und bemalte den Hintergrund mit Kleisterfarbe
pastellfarben. Wie fürs Spätwerk üblich ist die zeichnerische
Grundstruktur durch breite, massiv wirkende balkenartige Gebilde
vorgegeben. Allerdings lassen diese den unterschiedlichen lichten
Farbtönen genügend Raum, um sich als selbständige malerische
Akzente behaupten zu können. Die teilweise wie bildliche
Abkürzungen figürlicher Elemente, teilweise wie Zeichen einer
Geheimschrift erscheinenden grafischen, schwarzen Formen und die
farbigen Flächen stehen in einem auffälligen Spannungsverhältnis.
Diese Bildzeichen sind ein Charakteristikum von Klees Spätwerk. Die
Beeinflussung durch Schriften, Hieroglyphen und Symbole ist
erkennbar, die Zeichen entstanden aber, wie Klee selbst sagte,
automatisch, ohne Überlegung und besassen auch keine bestimmte
Bedeutung. Die Zeichen waren eine neue und jetzt häufig genutzte
Möglichkeit der formalen Gliederung der Bildfläche. Teilweise
bleiben sie abstrakte rudimentäre Gebilde, teilweise verdichten sie
sich zu Konturen von Figuren. Der ursprüngliche Bildtitel «Insel
der Kalypso» scheint auf den ersten Bildgedanken zu verweisen, auf
die Thematisierung von Odysseus Aufenthalt auf der Insel der Nymphe
Kalypso. Während des Arbeitsprozesses erweiterte Klee den auf die
griechische Mythologie bezogenen Inhalt zu einer offeneren
Bildaussage, die dazu verführt, Persönliches und durch seine
schwierige Situation Interpretierbares im Bild erkennen zu wollen.
Sicher kann und muss das Bild denn auch autobiografisch gelesen
werden, trotzdem darf dabei nicht vergessen werden, dass Klee
selber sich nicht zur Bildaussage äussert.Die Bildmitte beherrscht
ein schwarz konturiertes, fahles Gesicht. In zahlreichen
Zeichnungen und Gemälden setzte sich Klee mit Gesichtern und Masken
auseinander – wohl in Reflexion mit seiner momentanen Situation.
Klee war sich seines nahen Todes bewusst, arbeitete aber lediglich
in Andeutungen und nicht in autobiografischen Bildern. Der
Bildtitel weckt exotische Assoziationen und weist auf die
Gegensätzlichkeit von süss und bitter hin. Die liebliche Farbigkeit
und das weisse totenkopfähnliche Gesicht unterstreichen dies. Bezug
nimmt Klee sicher auch auf die Medizin. Solanum dulcamara ist der
lateinische Name für das stark giftige Nachtschatten-gewächs
Bittersüss, das, als Heilpflanze angewendet, entzündungshemmend
wirkt und bei rheumatischen Beschwerden angewendet wurde. Es konnte
auch bei Klees Krankheit, der Sklerodermie, Linderung verschaffen.
Die im Bild verteilten scharlachroten Früchte und einzelne braune
Blätter weisen direkt auf Bittersüss im Reifestadium hin.

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