Untersuchungen über die normale Konstellation der Kupfer- und Coeruloplasmin-Konzentrationen im Serum des Menschen

Untersuchungen über die normale Konstellation der Kupfer- und Coeruloplasmin-Konzentrationen im Serum des Menschen

Beschreibung

vor 18 Jahren
Kupfer im Serum des Menschen lässt sich zwei Kompartimenten
zuordnen: dem Coeruloplasmin-Kupferkompartiment, welches das meiste
Kupfer des Serums gebunden an das Cuproprotein Coeruloplasmin
enthält, und dem Nicht-Coeruloplasmin-Kupferkompartiment, dem alles
übrige Kupfer gebunden vorwiegend an Albumin und Aminosäuren
zugerechnet wird. Über die Kupfermengen in den beiden
Kompartimenten gibt es sehr widersprüchliche Meinungen. So werden
die Zahl der Kupferatome im Cpl-Molekül mit 6 bis 8 und der Anteil
des nichtCplCu am gesamten Serumkupfer mit 1 bis 40% angegeben. Von
einzelnen Untersuchergruppen durchgeführte Berechnungen und
Messungen haben jedoch ergeben, dass das Cpl-Molekül sechs
Kupferbindungsstellen besitzt, die unter normalen Bedingungen immer
besetzt sind, und dass mit hochempfindlichen Nachweismethoden
selbst geringe Kupfermengen wie 0,1 µmol/l in coeruloplasminfreien
Seren nicht gefunden werden. Wegen dieser widersprüchlichen Angaben
ist eine sinnvolle Bewertung von Cu- und Cpl-Messungen bei
Patienten nicht möglich. Es gibt zwar jeweils Normbereiche für Cu
und für Cpl im Serum. Diese erlauben jedoch lediglich eine
getrennte Einstufung der Messwerte beider Faktoren und lassen die
Abhängigkeit der Cu- von der Cpl-Konzentration unberücksichtigt.
Störungen im Kupferhaushalt bleiben deshalb häufig unerkannt. In
dieser Arbeit wird versucht, die Gründe für die widersprüchlichen
Angaben in der Literatur aufzudecken, in dem nach Gesetzmäßigkeiten
zwischen den Konzentrationen von Cu und Cpl im Serum von gesunden
Menschen und von Patienten mit verschiedenen Erkrankungen gesucht
wird. Denn erst wenn die Gesetzmäßigkeiten bekannt sind, können
normale und pathologische Verhältnisse von Cu und Cpl im Serum des
Menschen von einander abgegrenzt und Störungen im Kupferhaushalt
aufgedeckt werden. Überprüft werden in dieser Arbeit die folgenden
drei Hypothesen. Hypothese I: „Nahezu das gesamte Cu des Serums ist
Cpl gebunden“ oder „Unter normalen Bedingungen lassen sich im Serum
des Menschen keine signifikanten Konzentrationen von nichtCplCu
nachweisen.“ Hypothese II: „Die Cu- und Cpl- Konzentrationen im
Serum des Menschen stehen in einem festen, positiven linearen
Verhältnis zueinander.“ Hypothese III: „Das Coeruloplasminmolekül
im Serum des Menschen enthält konstant sechs Atome Kupfer.“ Dem
Dokumentationszentrum für Kupfervergiftungen im Dr. von Haunerschen
Kinderspital wurden von fünf Klinisch-chemischen Instituten in fünf
Städten Deutschlands Serien (Datensätze) von Cu- und Cpl-Messwerten
aus den Jahren 1988 bis 2004 für weitere Berechnungen überlassen.
Aus den Datensätzen wurden in dieser Arbeit alle Parallelmessungen
von Cu und Cpl in jeweils ein und derselben Serumprobe (sog.
CuundCpl-Messungen) mit Hilfe der linearen Regressionsanalyse (OSL)
untersucht und entsprechend der Formel „Y = a + b * X“ die
Mittelwerte für „a“ = intercept = (hier:) das nichtCplCu und für
„b“ = Steigung der Regressionsgeraden = (hier:) der
Cu/Cpl-Koeffizient = Zahl Cu-Atome pro Cpl-Molekül berechnet. Die
Regressionsformel lautet dann: „Cu = nichtCplCu +
Cu/Cpl-Koeffizient * Cpl“; das Produkt „Cu/Cpl-Koeffizient * Cpl“
repräsentiert das CplCu. Analysiert wurden insgesamt 1239
CuundCpl-Messwertepaare. Das aus methodischer Sicht wichtigste
Ergebnis der Untersuchung war, dass eine gemeinsame Analyse aller
Datensätze zu nicht plausiblen Ergebnissen führt, weil – bei nahezu
identischen mittleren Messwerten für Cu – die mittleren
Cpl-Messwerte der einzelnen Institute, aber auch ein und desselben
Institutes aus verschiedenen Jahren erheblich von einander
abweichen. Diese offensichtlich systematische Abweichung der
Cpl-Messungen hatte zur Folge, dass sich für die Datensätze
unterschiedliche Cu/Cpl-Koeffizienten und damit unterschiedliche
Zahlen von Cu-Atomen pro Cpl-Molekül errechneten. Getrennte
Regressionsanalysen der Datensätze ergaben dann übereinstimmend für
die überwiegende Zahl (mehr als 90%) der Messungen in den Seren
keine statistisch signifikanten Cu-Konzentrationen im
nichtCplCu-Kompartiment (mittlere Konzentrationen unter 0,2 µmol/l)
und für die einzelnen Datensätze (also für jedes Labor für
bestimmte Zeitabschnitte) konstante Cu/Cpl-Koeffizienten zwischen
6,0 und 8,8. Bei einer mittleren GesCu-Konzentrationen von ca. 20
µmol/l im Serum errechnet sich somit für das nichtCplCu ein Anteil
von weniger 1%. Das Ergebnis bestätigt die Hypothese I dieser
Arbeit und die Mittelung von Evans et al. (1989) die bei direkten
Messungen in Seren von Menschen kein nichtCplCu (untere
Nachweisgrenze: 0,1 µmol/l) nachweisen konnten. Die für jedes Labor
(und für bestimmte Zeitperioden) als Konstante zu errechnenden
Cu/Cpl-Koeffizienten (Bestätigung der Hypothese II dieser Arbeit)
weisen daraufhin, dass die Cpl-Messmethoden nicht ausreichend
standardisiert und ihre Ergebnisse deshalb nicht geeignet sind, die
Hypothese III dieser Arbeit zu überprüfen: nur in einem der fünf
Datensätze konnte der erwartete Cu/Cpl-Koeffizient von 6 gefunden
werden. Im Verlauf der Untersuchungen dieser Arbeit erwies sich die
Ermittlung des Cu/Cpl-Koeffizienten mittels Regressionsanalyse
(OLS) als immer dann nicht möglich ist, wenn sich unter den
CuundCpl-Messwertepaaren stark abweichende Messungen, wie solche
mit einem Kupferüberschuss, befanden. Die Arbeit zeigt jedoch
Verfahren auf, wie diese Messungen im Datensatz erkannt und
entfernt werden können. Ein solches Vorgehen erwies sich jedoch als
überflüssig, weil sich herausstellte, dass der nach Berechnung des
Cu/Cpl-Quotienten für alle Serumproben eines Datensatzes ermittelte
Median der Quotienten (MedianCu/Cpl-Q) immer nahezu identisch ist
mit dem zugehörigen Cu/Cpl-Koeffizienten. Der MedianCu/Cpl-Q kann
in praxi in jedem Labor z. B. täglich oder wöchentlich anhand von
Routinemessungen bei Patienten ermittelt und dann anstelle des
Cu/Cpl-Koeffizienten verwendet werden. Ist der Cu/Cpl-Koeffizient
oder der (hier als gleichwertig gefundene) Median der
Cu/Cpl-Quotienten eines Laboratoriums bekannt, lässt sich aus den
Messwerten Cu und Cpl der CuSOLL-Wert der Probe ermitteln und ein
Überschuss an Cu, wie er z.B. bei Patienten mit Morbus Wilson oder
mit einer Kupfervergiftung vorkommt, ermitteln. Die entsprechenden
Formeln lauten: „deltaCu = CuIST- Cu/Cpl-Koeff. * CplIST“ bzw.
„deltaCu = CuIST- MedianCu/Cpl-Q * CplIST“. Auf diese Weise lässt
sich eine „echte“ Hypercuprämie (die hypercupraemia vera), die auf
ein Missverhältnis zwischen Cu und Cpl im Serum hinweist,
unterscheiden von der einfachen Hypercuprämie (der hypercupraemia
simplex), die immer dann auftritt, wenn Cpl im Serum z.B. bei
entzündlichen oder malignen Prozessen oder unter hormonellem
Einfluss bei Schwangerschaft oder Antikonzeption, erhöht ist.
Ausblick: Die in dieser Arbeit ermittelten Gesetzmäßigkeiten
zwischen den Konzentrationen von Cu und Cpl im Serum gesunder und
kranker Menschen erlaubt eine gezielte Suche nach
Patienten/Krankheiten mit Störungen im Kupferhaushalt; sie
ermöglicht insbesondere eine quantitative Bestimmung des
Kupferüberschusses im Serum von Menschen mit Morbus Wilson und den
Kupfervergiftungen als einen zur Diagnose führenden Befund.

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