064 — Getting Nothing Done — Teil 1

064 — Getting Nothing Done — Teil 1

Titel der heutigen Episode ist »Getting Nothing Done« — warum die höchst-technisierte Gesellschaft der Menschheit (jedenfalls in den Industrienationen) bei wesentlichen Infrastrukturprojekten kaum mehr etwas auf die Reihe bekommt. In dieser Episode m...
17 Minuten
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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

Beschreibung

vor 1 Jahr

Titel der heutigen Episode ist »Getting Nothing Done« — warum die
höchst-technisierte Gesellschaft der Menschheit (jedenfalls in
den Industrienationen) bei wesentlichen Infrastrukturprojekten
kaum mehr etwas auf die Reihe bekommt. In dieser Episode möchte
ich eine Diskussion über ein sehr wichtiges Thema anstossen, über
das ich in der letzten Zeit intensiv nachdenke. 


Teilen Sie meine Ansichten, oder nicht? Hat diese Episode Sie zum
Nachdenken angeregt? Schreiben Sie mir!


Es gibt auch eine englischsprachigen Artikel (mit Illustrationen)
von mir zu diesem Thema in den Referenzen.


Beschäftigt man sich ein wenig mit der Vergangenheit, ist es
geradezu atemberaubend, welche — zur damaligen Zeit noch neue —
Infrastrukturen wir in kurzer Zeit umsetzen konnten — vom
Panamakanal über die Wiener Hochquellwasserleitung bis zum
Messmer Plan in Frankreich.


In den letzten Jahren erleben wir allerdings, so mein Argument,
geradezu eine bleierne Stagnation, und dies nicht bei
»innovativen« Projekten, sondern bei Projekten, die wir hunderte
oder tausende Male in der Vergangenheit gebaut haben:
Konzerthallen, Brücken, Eisenbahnstrecken, Flughäfen,
Kernkraftwerke, Tunnel.


»I contrast the now common belief in an ever-faster pace of
innovation with the many unmistakable signs of technical
stagnation and slowing advances: there are limits to everything,
and invention and innovation cannot be exceptions.«, Vaclav Smil


Dieses Problem beschränkt sich nicht auf die »physische« Welt,
sondern findet sich in ähnlicher Weise in der virtuellen Welt der
Software. Dazu kommt, dass Software/IKT und physische
Infrastruktur in immer stärkerer Weise miteinander verbunden
sind, was die Problemlage verschärft.


»Die niedrig hängenden Früchte sind größtenteils gepflückt
worden, zumindest im Moment. [...] Die Große Stagnation hält an
und verschlimmert sich sogar noch, angetrieben von einer
zunehmend dysfunktionalen Politik.«, Tyler Cowan


Im ersten Teil versuche ich die Problemlage und Kontext
darzustellen und im zweiten Teil Ursachen zu untersuchen, die in
fünf Gruppen fallen:


Enttäuschung über die Digitalisierung und allgemeine
Stagnation in Forschung und Technologie

Regulierung, Bürokratie und Fokusverlust

Furchtgetriebenes Management und Verrechtlichung der
Gesellschaft

Fokus

Spezifischer Verlust der Fähigkeit, große Projekte zu
realisieren



Zuletzt gebe ich mögliche Pfade an, wie die Situation (in Europa)
verbessert werden könnte. Der wesentlichste Aspekt scheint mir
aber zu sein, diese Problematik breiter zu diskutieren und zur
Kenntnis zu nehmen, und sich nicht in Hype- und
Innovations-Marketing-Gerede zu verlieren.


»Der Forschungsaufwand steigt erheblich, während die
Forschungsproduktivität stark abnimmt. [...] es dauert etwa 13
Jahre, bis die Forschungsproduktivität um die Hälfte sinkt. Oder
anders ausgedrückt: Die Wirtschaft muss ihre
Forschungsanstrengungen alle 13 Jahre verdoppeln, nur um die
gleiche Gesamtwachstumsrate aufrechtzuerhalten.«, Nicholas Bloom


Der Fokus reicht dabei von erheblichen Qualitätsproblemen in der
Wissenschaft bis zu Regulierung und Management-Prinzipien.


Referenzen


Andere Episoden


Englischer Artikel im (an)sichten Blog

Episode 18: Gespräch mit Andreas Windisch: Physik,
Fortschritt oder Stagnation

Episode 23: Frozen Accidents

Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige
Universität!

Episode 31: Software in der modernen Gesellschaft – Gespräch
mit Tom Konrad

Episode 38: Eliten, ein Gespräch mit Prof. Michael Hartmann

Episode 40: Software Nachhaltigkeit, ein Gespräch mit Philipp
Reisinger

Episode 47: Große Worte

Episode 59 und 60: Wissenschaft und Umwelt



Fachliche Referenzen


Lee Vinsel, The Innovation Delusion, Currency (2020)

Years of Delays, Billions in Overruns: The Dismal History of
Big Infrastructure, New York Times (2021)

»Software Crisis«: Software Engineering, Report on a
conference sponsored by the NATO Science Committee, Garmisch,
Germany, 7th to 11th October 1968

»Facebook [ist] als datenverarbeitender Apparat so komplex,
dass er sich dem Verständnis von innen heraus entzieht« (2022)

Massive Datenpanne bei Uber: »Sie haben so vollen Zugriff auf
Uber« (2022)

»Ransomware legt US-Pipeline lahm« (2021)

Syniverse verarbeitet jährlich Milliarden von
Textnachrichten, und Hacker hatten jahrelang unbefugten Zugriff
auf das System." (2021)

»Ein Computerhacker hat sich Zugang zum Wassersystem einer
Stadt in Florida verschafft und versucht, eine "gefährliche"
Menge einer Chemikalie hineinzupumpen, sagen Beamte.  [...]
Aber ein Arbeiter entdeckte es zufällig und machte die Aktion
rückgängig.« (2021)

Lidl Cancels SAP-introduction after having sunk 500 Million
into it

Robert Gordon, Is US economic growth over? Faltering
innovation confronts the six headwinds, Working Paper
18315 (2012)

Tyler Cowan, The Great Stagnation, Dutton (2011)

Eric Weinstein and Peter Thiel, The Portal #001 (2019)

David Graeber im Gespräch mit Peter Thiel "Where did the
Future go?" (2020)

Brian Potter, When did New York start building slowly? (2023)

Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)

Nassim Taleb, What do I mean by Skin in the Game? My Own
Version, Medium (2018)

Gerd Gigerenzer, Risiko, Bertelsmann (2013)

Marc Andreessen im Gespräch mit Sam Harris, Making Sense #290
(2022)

David Graeber, The Utopia of Rules, Melville House (2016)

David Graeber, Bullshit Jobs, Penguin (2019)

Lukas Feiler erklärt in einer Podiumsdiskussion im Gespräch
mit mir

Vaclav Smil, Invention and Innovation: A Brief History of
Hype and Failure, MIT Press (2023)

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