Warum wurde Österreich so abhängig von russischem Gas? (Karl Rose)

Warum wurde Österreich so abhängig von russischem Gas? (Karl Rose)

42 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Rosemarie Schwaiger spricht mit dem Energieexperten und
OMV-Aufsichtsrat Karl Rose
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine herrscht die
Angst, dass Russland seine Gaslieferungen nach Europa einstellen
könnte. Vor allem Österreich wäre massiv betroffen, weil 80
Prozent des heimischen Gasbedarfs in Russland gedeckt werden.
Derzeit fließt weniger Gas als sonst. Hat das wirklich technische
Gründe, wie die Russen sagen? Oder soll damit Druck  auf
Europa erzeugt werden? Karl Rose, Energieexperte,
Universitätsprofessor und seit 2016 Mitglied des
OMV-Aufsichtsrats, gibt im Agenda-Austria-Podcast eine klare
Antwort: „Wladimir Putin zeigt damit seine Stärke und erinnert
die EU daran, dass er nicht nur ein Opfer von Sanktionen ist,
sondern selbst austeilen kann.“ Sollte es zu einem totalen Stopp
der Gaslieferungen kommen, wäre das für die heimische Wirtschaft
eine Katastrophe, meint Rose und rechnet für diesen Fall mit
einer schweren Rezession. 


Dass Österreich derart abhängig von russischen Gaslieferungen
wurde, ist für Rose leicht erklärt: „Das Angebot war einfach zu
verlockend. Alle anderen Optionen waren mindestens doppelt so
teuer. Sie können als Unternehmer nicht sagen, das kaufen wir
nicht. Dann sind Sie nicht mehr am Markt.“ Eine Diversifizierung
aus strategischen Gründen hätte von der Regierung beschlossen
werden müssen, meint der Fachmann. Aber vor dem russischen
Angriff auf die Ukraine habe es dafür keine Veranlassung gegeben.
„Da ist, wenn überhaupt, ganz Europa in der Schuld“, sagt
Rose. 


Auf dem Weltmarkt gebe es noch andere starke Abhängigkeiten, die
einem meist erst im Krisenfall bewusst würden, meint Rose. „Mir
war bis vor Kurzem nicht klar, dass halb Afrika hungert, wenn die
Ukraine kein Getreide liefert.“ Bei einigen neuen Technologien
wiederum sei China als Hersteller so dominant, dass der Rest der
Welt einen Ausfall kaum verkraften könnte. „Wenn es zu einem
Krieg in Taiwan kommt, werden wir die gleiche Diskussion führen
wie jetzt wegen Russland.“


Europa sei nicht zuletzt deshalb so abhängig von Gasimporten,
weil es die Erschließung und Förderung der eigenen Ressourcen
gestoppt habe. Auch in Österreich dürften beträchtliche Mengen
Gas im Boden des Weinviertels schlummern. Über eine Förderung
sollte man jetzt nachdenken, empfiehlt Rose. „Ich kann aber nicht
abschätzen, wie groß die Zustimmung der Gesellschaft dafür wäre.“
Solange russisches Gas fließt, hält er die Produktion in
Österreich für unrealistisch. 


Die Energiewende sei grundsätzlich zu schaffen, meint Karl Rose.
Allerdings werde sie möglicherweise länger dauern und teurer
werden, als die Politik derzeit verspricht. „Alle derzeitigen
Krisen zusammengenommen, rechne ich   persönlich mit einem
Wohlstandsverlust von etwa 20 Prozent.“ Es werde sehr wichtig
werden, die Lasten sozial ausgewogen zu verteilen. 


Das Risiko eines schweren Blackouts sei zuletzt deutlich größer
geworden, glaubt der Fachmann. „Früher hatten wir Blackouts, wenn
es zu wenig Energie gab. Jetzt haben wir Blackouts, wenn es zu
viel Energie gibt – typischerweise dann, wenn es stürmt und die
Windkraft sich nicht mehr aus dem System herausnehmen lässt.“
Ein-, zweimal sei Europa schon ganz knapp an einem großen
Stromausfall vorbei geschrammt, irgendwann werde es wohl
passieren, meint Rose. Er persönlich habe vorgesorgt und auch
seinen erwachsenen Kindern ans Herz gelegt, die wichtigsten
Vorräte parat zu haben - also Batterien, Wasser, Lebensmittel,
Gaskocher und Taschenlampe.  


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