Retten wir die Welt! Oder lassen wir es lieber? (Vince Ebert)

Retten wir die Welt! Oder lassen wir es lieber? (Vince Ebert)

26 Minuten

Beschreibung

vor 10 Monaten

Angeblich bleiben uns nur noch ein paar Jahre, um die
Erderwärmung zu bremsen. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, die
Verbrennung fossiler Energie zu stoppen, wird die Erde zu einem
glühend heißen, in weiten Teilen unbewohnbaren Ort. So lautet die
Erzählung von Aktionsgruppen wie der Letzten Generation.  


 Vince Ebert, Physiker und Kabarettist, hält im aktuellen
Podcast der Agenda Austria dagegen: Einige Wissenschaftler und
die Medien hätten den Mythos aufgebracht, dass die Erde vor dem
Kollaps stehe. „Aber das ist wissenschaftlich nicht haltbar. Auch
der Weltklimarat spricht nicht von einem Mad-Max-Szenario“, sagt
Ebert.  „Natürlich bin auch ich der Meinung, dass wir ein
Problem haben. Aber wie wir in den westlichen Industrienationen
damit umgehen – runterfahren, verzichten, reduzieren – das ist
wenig zielführend.“ 


 Ohnehin werde die Entscheidung über den Klimawandel nicht
in Westeuropa getroffen, sondern in Lateinamerika und in
Südostasien. An unserer Verzichts-Ideologie würden sich diese
Staaten sicher kein Vorbild nehmen, meint Ebert. „Die einzige
konstruktive Herangehensweise wäre für mich, so attraktive
Technologien zu entwickeln, dass die anderen Länder sagen, das
wollen wir auch.“ Ganz allgemein müsse man über den Klimawandel
und die erforderlichen Maßnahmen dagegen eine offenere Debatte
führen, glaubt der gelernte Naturwissenschaftler. So wie es jetzt
laufe, sei ihm der Diskurs viel zu sehr moralisch
aufgeheizt.   


Vince Ebert hat über den Umgang mit der Erderwärmung ein
informatives und dabei sehr unterhaltsames Buch geschrieben. Es
trägt den Titel „Lichtblick statt Blackout: Warum wir beim
Weltverbessern neu denken müssen.“ Ein wesentlicher Fehler
besteht für ihn etwa darin, dass die Politik gerne den Eindruck
erwecke, erneuerbare Energieträge wie Wind und Sonne könnten
mittelfristig den gesamten Strombedarf decken. Dabei ginge in
Deutschland bei einer sogenannten Dunkelflaute (also einer Phase
ohne Wind und Sonnenschein) schon nach 40 Minuten das Licht aus.
„Wir haben in Deutschland einen Tagesverbrauch von etwa 1,4
Terawattstunden Strom, und wir können mit
Pumpspeicherkraftwerken, also mit großen Stauseen, nur etwa 40
Gigawattstunden speichern. Mehr ist nicht drin, und technologisch
hatte man bisher auch keine Idee, wie das zu ändern wäre“,
rechnet Ebert vor. „Deshalb macht es für mich überhaupt keinen
Sinn, ein Windrad oder einen Solarpark mehr zu bauen, solange
dieses Problem nicht gelöst ist.“ 


Er wünsche sich von der Politik mehr Ehrlichkeit, sagt Vince
Ebert im Podcast. „Manches ist einfach schwer oder noch gar nicht
erreichbar. Das sollte man den Leuten sagen. Es ist viel
schlimmer, rumzuhampeln und so zu tun, als wäre es eigentlich
kein Problem. Dadurch verlieren Sie Glaubwürdigkeit.“ Auch
Verzichtsappelle sind seiner Meinung nach nicht zielführend, weil
sie meistens von Menschen kämen, die sich sowieso alles leisten
könnten. „In dieser Aktivistenszene sind vorwiegend Jugendliche
aus großbürgerlichen Haushalten. Aber die hohen Strompreise
treffen vor allem Leute, die jeden Monat überlegen müssen, wie
sie mit ihrem Geld über die Runden kommen.“


Für die Protestaktionen der jüngeren Vergangenheit zeigt Ebert
trotzdem Verständnis. „Es ist das Privileg der Jugend, übers Ziel
hinauszuschießen. Wer heute 20 Jahre alt ist, hat ein Leben lang
nur gehört, dass die Welt bald untergehen wird. Da verstehe ich,
dass ein paar dieser jungen Leute durchdrehen und sagen, der
Zweck muss jetzt die Mittel heiligen.“ 


Vince Ebert, 55


Der gebürtige Deutsche hat an der Julius-Maximilians-Universität
in Würzburg  ein Physikstudium abgeschlossen und war
bayerischer Meister im Beachvolleyball. Seit über 20 Jahren ist
Ebert als Kabarettist und Moderator erfolgreich. Er hat mehrere
Bücher geschrieben, zuletzt „Lichtblick statt Blackout: Warum wir
beim Weltverbessern neu denken müssen“. Vince Ebert lebt in Wien.

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