Beschreibung

vor 19 Jahren
Es gilt heute als gesichert, dass eine starke genetische Komponente
in der Ätiologie der Schizophrenie vorliegt. In der vorliegenden
Arbeit wurden in einer Fall-Kontroll-Assoziationsstudie drei
genetische Polymorphismen in Genen des Interleukin-1-Genkomplexes
auf eine mögliche Assoziation mit Schizophrenie untersucht: die
Gene, die für die proinflammatorischen Interleukine Interleukin-1
alpha und Interleukin-1 beta kodieren, sowie das Gen, welches für
den antiinflammatorischen Interleukin-1-Rezeptorantagonist kodiert.
Dieser ist der natürlich vorkommende, endogene Gegenspieler von
Interleukin-1. Seine biologische Funktion scheint in der Kontrolle
des Ausmaßes der proinflammatorischen Interleukine zu liegen. Die
in der vorliegenden Arbeit untersuchten Gene liegen innerhalb einer
Genregion auf Chromosom 2p12-q22.1, die in einer groß angelegten
Meta-Analyse als einziger Genabschnitt eine genomweite signifikante
Kopplung erreichte (Lewis et al. 2003). Daher sind die Gene des
Interleukin-1-Genkomplexes positionelle Kandidatengene in der
Pathogenese der Schizophrenie. Außerdem sind die Interleukine
deswegen sehr interessante Proteine für die Schizophrenie, da sie
den Metabolismus von Neurotransmittern und die Hirnentwicklung
beeinflussen sowie Informationen zwischen Zellen des peripheren
Immunsystems und des zentralen Nervensystems vermitteln können. Im
Blut, in der Zerebrospinalflüssigkeit sowie im präfrontalen Cortex
schizophrener Patienten konnten veränderte Konzentrationen von IL-1
und IL-1RA im Vergleich zu Kontrollen beobachtet werden. Dies weist
auf eine Dysregulation der Interleukine in der Schizophrenie hin.
Da Anomalien bei der Hirnentwicklung, den Neurotransmittersystemen
und dem Immunsystem als mögliche Pathomechanismen der Schizophrenie
betrachtet werden, ist es durchaus vorstellbar, dass eine genetisch
bedingte Störung in dem sensitiven Gleichgewicht zwischen pro- und
antiinflammatorischen Interleukinen in der Schizophrenie zumindest
teilweise krankheitsauslösend oder -beeinflussend sein kann. Für
diese Fragestellung wurden Allel- und Genotypfrequenzen eines
C-889T-Basenaustauschpolymorphismus im Promotor des Interleukin-1
alpha-Gens, eines C-511T-Basenaustauschpolymorphismus im Promotor
des Interleukin-1 beta-Gens sowie eines variable number of tandem
repeats (VNTR) -Polymorphismus im zweiten Intron des
Interleukin-1-Rezeptorantagonist-Gens untersucht. In der
vorliegenden Arbeit konnte keine Assoziation zwischen den
untersuchten Polymorphismen der Gene des Interleukin-1 alpha und
beta mit der Diagnose Schizophrenie festgestellt werden. Bei dem
untersuchten Polymorphismus des IL-1RN konnte ein Trend in Richtung
einer selteneren Häufigkeit des Allels 2 bei Schizophrenen
nachgewiesen werden. Die Analyse von Haplotypen des
IL-1-Genkomplexes auf Assoziation mit Schizophrenie ergab keinen
Zusammenhang. Die vorliegenden Ergebnisse sprechen dafür, dass das
seltenere Vorkommen des Allels 2 des IL-1RA bei den Schizophrenen
einen Einfluss auf das Entstehungsrisiko der Schizophrenie haben
könnte, indem es zu einer Verschiebung der sensitiven Balance des
Interleukin-1-Genkomplexes zwischen pro- und antiinflammatorischen
Interleukinen zugunsten der proinflammatorischen Interleukine
führt. Dieser Befund bekräftigt die Hypothese, dass eine
überschießende Aktivierung des Immunsystems in der Pathogenese der
Schizophrenie eine Rolle spielen könnte. Außerdem weist er darauf
hin, dass die Dysregulation der Interleukine bei den Schizophrenen
zumindest teilweise genetisch bedingt sein könnte. Die Ergebnisse
sprechen somit für eine mögliche schützende Rolle des Allels 2 des
Interleukin-1-Rezeptorantgonisten vor der Entstehung der
Schizophrenie. Dieser Befund wurde durch neuste Studien von
Zanardini et al. (2003) und Bocchio-Chiavetto et al. (2002), in
denen die Träger des IL-1RN Allel 2 signifikant seltener bei den
Schizophrenen vertreten waren, unterstützt.

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