Chirurgisches Management und Langzeitergebnisse in der Behandlung des Rahbdomyosarkomes der Blase und Prostata im Kindesalter

Chirurgisches Management und Langzeitergebnisse in der Behandlung des Rahbdomyosarkomes der Blase und Prostata im Kindesalter

Beschreibung

vor 20 Jahren
Lebensqualität zu erhalten ohne die Chance auf Überleben zu
kompromittieren ist ein Hauptziel in der Krebstherapie. Dies ist
eine große Herausforderung für das Rhabdomyosarkom im
Blasen-Prostata-Bereich im Kindesalter. Etwa 0.5-0.7 Fälle pro
einer Million Kinder unter 15 Jahren erkranken an einem
Rhabdomyosarkom, zwölf Prozent davon entstehen im Bereich der Blase
und Prostata. Zur Therapieoptimierung werden in Deutschland alle
Patienten in einem zentralen Studienregister der Cooperativen
Weichteilsarkomstudie (CWS) erfaßt. Ziel dieser Arbeit war es, den
Stand der deutschen Chirurgie in der Behandlung des
Rhabdomyosarkomes im Bereich Blase/Prostata im Kindesalter zu
erheben, das Überleben in Abhängigkeit des chirurgischen Vorgehens
zu ermitteln sowie Langzeitauswirkungen der Therapie zu erfassen.
Die Patienten wurden aus dem Datenpool der CWS von 1981 bis 1995
rekrutiert, wobei es sich um Patienten im Alter von 0-18 Jahren
handelte. Im ersten Teil der Arbeit wurde das Datenmaterial
retrospektiv aus den Studienakten und der Studiendatei erhoben und
jeweils fehlende Daten einzeln nachgefordert, um eine möglichst
umfassende Erhebung zu gewähren. Zunächst wurden die verschiedenen
Risikofaktoren, welche das Überleben beeinflussen, aufgearbeitet.
Das Patientengut wurde dann in Abhängigkeit des chirurgischen
Vorgehens in drei Behandlungsgruppen unterteilt (rein konservatives
Vorgehen, Blasenerhalt und Zystektomie) und deren Verteilung
bezüglich der Risikofaktoren dargestellt. Daraufhin wurde das
Gesamt- und ereignisfreie Überleben berechnet und in Abhängigkeit
des chirurgischen Vorgehens betrachtet. Diese Ergebnisse wurden im
Anschluß mittels Einzelfallbesprechungen näher beleuchtet. Im
Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurden im zweiten Teil dieser
Arbeit Langzeitauswir-kungen der Therapie mit Hilfe eines offenen
Patientenfragebogens ermittelt. Insgesamt konnten 58 Patienten in
die Auswertung aufgenommen werden, welche sich zu etwa gleichen
Teilen aus den einzelnen Studienlaufzeiten der CWS-81, CWS-86 und
CWS-91 rekrutierten. Die Mehrzahl der Patienten war männlich mit
einem Anteil von 85% (49/58). Die Altersbreite erstreckte sich von
10 Monaten bis 18 Jahre, wobei die Mehrzahl der Patienten im
unteren Altersbereich zwischen 1-3 Jahren liegt, mit einem
Altersmedian von 2 Jahren. Histologisch lag bei 55 Patienten ein
embryonales Rhabdomyosarkom vor, nur zwei hatten ein alveoläres und
in einem Falle war das Gewebe nicht näher differenzierbar. Die
Tumorgröße bei Diagnose war bei fast der Hälfte aller Patienten
(n=27) zwischen 5-10 cm, 20 Patienten hatten einen Tumor von
weniger als 5 cm, wobei in nur fünf Fällen der Tumor kleiner als
3cm war. In zehn Fällen fand sich eine Tumormasse von über 10cm.
Insofern eine Responsebestimmung erfolgen konnte (primär nicht
entfernte Tumormasse und ausreichende Bildgebung) zeigte das
Rhabdomyosarkom im Bereich der Blase/Prostata trotz überwiegend
embryonaler Histologie nur eine moderate Response. Nur bei zwei
Patienten fand sich eine komplette Response, etwa ein Drittel
zeigte ein gutes Ansprechen auf die Therapie, 14 Patienten hatten
eine schlechte Response und bei vier Patienten zeigte der Tumor
kein wesent-liches Ansprechen auf die konservative Therapie, wobei
in weiteren vier Fällen die Daten zur Responsebestimmung nicht
vorlagen. Da nach Aufteilung in Gruppen nach operativem Management
die Fallzahl zu gering war konnte eine statistische Auswertung
bezüglich Unterschiede in den Risikofaktoren nicht erfolgen. In
graphischer Darstellung zeigten sich keine wesentlichen
Unterschiede zwischen den Gruppen bezüglich Geschlecht, Alter und
Histologie. In Bezug auf die Tumorgröße fand sich in der Gruppe mit
blasenerhaltender Operation erwartungsgemäß ein relativ höherer
Anteil mit Tumoren unter 3cm Größe, jedoch überraschenderweise auch
ein größerer Anteil an Tumoren über 10cm Ausdehnung. Trotz
multimodalem Therapiekonzept erfolgte bei annähernd der Hälfte der
Patienten (n=26) eine Primärresektion, wobei in zwei Fällen primär
eine Zystektomie durchgeführt wurde, während in den restlichen 24
Fällen eine blasenerhaltende Operation erfolgte. Bei sieben dieser
Patienten konnte jedoch bei einer darauffolgenden Sekundäroperation
die Blase nicht mehr er-halten werden, so daß am Ende nur bei 17
der 24 primär blasenerhaltend operierten Patienten dies auch
dauerhaft war. Sekundär wurden 16 Zystektomien durchgeführt und 13
blasenerhaltende Operationen. Von den 26 Primäreingriffen konnte
nur in vier Fällen ein Stadium I erreicht werden. Bei weite-ren
vier Fällen war nach makroskopisch kompletter Entfernung der
Resektionsrand tumor-infiltriert (Stad II) und bei 11 Operationen
konnte der Tumor auch makroskopisch nicht komplett entfernt werden
(Stadium III) . Die Sekundäroperation führte in 15 Fällen zu einer
R0-Resektion. 13 weitere Sekundäroperationen führten zur
makroskopisch kompletten Tumorentfernung, wobei in drei Fällen die
Tumorfreihet des Resektionsrandes unklar blieb, in den übrigen zehn
Fällen der Tu-mor eindeutig den Resektionsrand infiltrierte. In
einem Falle verblieben auch bei der Sekundäroperation weitere
Tumorreste in situ. Insgesamt wurden letztendlich 18 Patienten
Zystektomiert wohingegen 30 Patienten blasenerhaltend operiert
werden konnten. 10 Patienten erhielten ausschießlich konservative
Therapie. Unter den blasenerhaltend operierten Tumoren war der
Tumorursprung zu je etwa einem Drittel vom Blasendach, Blasenboden
und der Prostata. In der Gruppe der Zystektomien ging der Tumor in
der Hälfte (n=11) vom Blasenboden aus. Sieben Tumore hatten ihren
Ursprung von der Prostata und in zwei Fällen war der Ursprung des
Tumors nicht differenzierbar. Sämtliche Tumoren mit Ursprung im
Blasendachbereich (ca. 15%) konnten blasenerhaltend reseziert
wer-den. Bezüglich des Überlebens hatte die Gruppe mit Blasenerhalt
mit einer absoluten 5-Jahres-Überlebensrate von 93% und einer
ereignisfreien 5-Jahres-Überlebensrate von 80% die besten
Ergebnisse, gefolgt von der konservativ behandelten Gruppe mit
absoluten und ereignisfreiem 5-Jahresüberleben von ebenfalls 80%.
Nach Zystektomie ergab sich nur eine absolute
5-Jahres-überlebensrate von 67%, wobei nur 50% fünf Jahre
ereignisfrei überlebten. Es wurde somit trotz radikaler
chirurgischer Therapie ein relativ schlechtes Ergebnis erzielt.
Nach Betrachtung der Einzelfälle zeigte sich, daß die Zystektomie,
die in vielen Fällen eher spät und wohl auch im Sinne einer ultima
ratio durchgeführt wurde, oftmals das Leben des betroffenen
Patienten dann auch nicht mehr erhalten konnte. Es kam in der
Gruppe der zystektomierten Patienten relativ häufiger zu
Ereignissen (6 von 18) mit überwiegend metastatischen Geschehen,
nur in einem Falle kam es ausschließlich zum Lokalrezidiv.
Wohingegen nur sechs von 30 Patienten mit Blasenerhalt ein Ereignis
hatten und nur in einem dieser Fälle Metastasen auftraten. Jedoch
kam es hier eher noch zu späteren Todesfällen mit einem Abfall der
Absoluten Überlebensrate nach 10 Jahren auf 86%. Nach konservativer
Therapie kam es bei einem von 10 Patienten zum Lokalrezidiv, bei
einem weiteren Patienten lag eine Tumorprogression von. Bei
Erfassung der Langzeitprobleme gaben drei der zehn konservativ
behandelten Patienten Probleme im Bereich des Harntraktes an, wobei
in einem Falle nur geringe Kontinenzprobleme vorlagen, in den
beiden anderen jedoch weiterreichende Probleme einer Strahlenblase
auftraten, was in einem Falle zu Folgeoperationen mit letztendlich
kontinenter Harnableitung nach Blasenaugmentation führte. 11 der 30
Patienten mit blasenerhaltender Tumorresektion gaben Beschwerden im
Bereich des Harntraktes an, welche jedoch bei fast allen von
geringerer Problematik waren, im Sinne von milden
Kontinenzproblemen, Blasenentleerungsstörungen, Pollakisurie und
Hämaturie. Lediglich ein Patient benötigte weitere Operationen zur
vorrübergehenden äußeren Harnableitung, welche jedoch nach fünf
Jahren ohne weitere Konsequenz zurückverlagert werden konnte. Vier
Patien-ten in der Gruppe mit Blasenerhalt verstarben an einem
Tumorrezidiv, hatten bis dato jedoch keine Harntraktsymptomatik.
Die übrigen 15 Patienten blieben beschwerdefrei. Nach Zystektomie
hatten sechs Patienten ein kontinentes Stoma, 12 Patienten eine
inkontinente Form der Harnableitung. Bei sieben Patienten kam es zu
eher charakteristischen, Pouch- oder Stoma bedingten
Komplikationen, welche in vier Fällen Folgeoperationen nach sich
zogen. Sechs der Patienten mit inkontinenter Harnableitung
verstarben innerhalb der ersten drei Jahre nach Erstdiagnose.
Abschließend zeigt sich das Rhabdomyosarkom im Bereich
Blase/Prostata als Region mit geringer R0-Chance, umso mehr bei
Primärresektion. Dennoch ergibt sich eine akzeptable Prognose auch
nach mikroskopischen Tumorresten bei Therapieintensivierung. Es
zeigte sich auch, dass nach kompletter oder guter
Chemotherapieresponse eine Tumorresektion nicht zwingend ist. Die
5-Jahres Überlebensrate nach blasenerhaltender Operation ist
exzellent (93%), jedoch kommt es in einer nicht unerheblichen
Anzahl zu Rezidiven, die zu späteren Todesfällen führen und somit
die Langzeitüberlebensrate nach 10 Jahren auf nur noch 86%
reduziert. Hier stellt sich für die Zukunft die Frage, ob dieser
Verlust durch eine Optimierung der Lokaltherapie, unter anderem mit
dem Einsatz neuerer Therapieverfahren reduziert werden kann. Die
Zystektomie als lebenserhaltende Maßnahme bedarf einer kritischen
Selektion, um unnötige Zystektomien zu verringern. Zur
chirurgischen Therapieoptimierung ist primär die Grundlage einer
besseren, chirurgiegerechten Dokumentation zur Auswertung
chirurgischer Maßnahmen zu fordern. Die Selektion und Durchführung
der optimalen chirurgischen Therapie erfordert sehr viel Erfahrung
und sollte entsprechend in wenigen spezialiserten Kliniken
zentralisiert werden.

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