Snowboardfahren - eine Material- und Verletzungsanalyse bei qualifizierten Fahrern mit sportmedizinischen Konsequenzen

Snowboardfahren - eine Material- und Verletzungsanalyse bei qualifizierten Fahrern mit sportmedizinischen Konsequenzen

Beschreibung

vor 20 Jahren
In den Jahren 1975/76 bauten Jake Carpenter Burton und Tom Sims
ihre ersten Snowboards. Es waren die ersten Vertreter einer neuen
Generation von Snowboards. Mittlerweile sind die Snowboards nicht
mehr von den Skipisten wegzudenken. Bedingt durch diesen enormen
Boom wurden natürlich die Krankenhäuser und Ambulanzen in der Nähe
einschlägiger Skigebiete mehr und mehr mit Verletzten dieser neuen
Wintersportart konfrontiert. Aus diesem Grund war es notwendig sich
einmal eingehender mit dieser Problematik zu beschäftigen. Ziel
dieser Arbeit ist es die besonderen Eigenheiten (schräge
Fußstellung, feste Fixierung auf einem Board, etc.) dieser Sportart
näher zu beleuchten und aufgetretene Verletzungen zu analysieren
und in Relation zu den verschiedenen Bindungs- und Boardtypen zu
bringen. Als weitere Besonderheit ist die Betrachtung besonders
qualifizierter Fahrer zu nennen. Ausgewertet wurden die Fragebögen
von insgesamt 100 Verletzten. Die hauptsächlich männlichen Fahrer
(72%, gegenüber 28% weibliche) hatten ein Durchschnittsalteralter
von 21,5 Jahren. Der körperliche Allgemeinzustand wurde zumeist als
gut bis sehr gut beurteilt. Besonders häufig betroffen war der
Schulterbereich mit 20%, die Kniegelenke mit 18%, das Sprunggelenk
mit 17% und der distale Unterarm mit Handgelenk (15%). Finger (12%)
und Kopf (6%) waren etwas weniger häufig betroffen, ebenso die
Wirbelsäule (4%), die Unterschenkel (4%), die Oberschenkel (2%),
die Oberarme und das Abdomen (je 1%). Zur besseren Vergleichbarkeit
wurde der Körper in folgende vier Regionen eingeteilt (in Klammern
Verletzungshäufigkeit): • Obere Extremitäten (49%), • untere
Extremitäten (41%), • Kopf (6%), • Stamm (4%). Unter den
Verletzungsarten waren die Frakturen mit 38% am Häufigsten
vertreten, gefolgt von den Distorsionen mit 22%, den Kapsel-Band
Verletzungen mit 19% und den Luxationen mit 11%. Seltener traten
Schädelverletzungen (5%), Kontusionen (3%) und
Weichteilverletzungen (2%) auf. 65% der Frakturen traten an den
oberen Extremitäten auf, wohingegen bei den Distorsionen mit 50%
eher die unteren Extremitäten betroffen waren. Bei den Kapsel-Band
Verletzungen sind ebenfalls hauptsächlich die unteren Extremitäten
(84,2%) betroffen. Ein wesentlicher Punkt dieser Arbeit ist die
Betrachtung der verwendeten Ausrüstung der Verletzten. Da
vorwiegend DSDV registrierte Rennläufer befragt wurden ist der
Anteil an sogenannten Raceboards natürlich sehr hoch. In der
vorliegenden Studie fanden sich 46% Raceboardfahrer und 15%
Allroundboardfahrer. Freeridingboards waren mit 15% und
Halfpipeboards mit 24% vertreten. Die Verteilung der Bindungs- und
Schuhtypen muss man aufgrund der Charakteristik im Zusammenhang mit
der Verteilung der Boardtypen sehen. In 63% der Fälle kam eine
Plattenbindung mit Hardboot zum Einsatz. Die Softbindung in
Kombination mit einem Softboot wurde von 37% der Befragten
eingesetzt. Die Verteilung der beiden möglichen Fußstellungen,
„regular“ und „goofy“, ist wie schon in anderen Untersuchungen
festgestellt wurde mit 69% „regular“ und 31% „goofy“ sehr
uneinheitlich. Bei der Betrachtung des Lernverhaltens fiel auf,
dass die 50% der Befragten sich die Sportart selbst beigebracht
hatten. In 23% der Fälle fungierte ein Freund als Lehrer und in 27%
der Fälle war ein ausgebildeter Snowboardlehrer beim Erlernen der
Sportart behilflich. Die Frage nach der Fahrpraxis bis zum
Unfallereignis wird immer viel diskutiert. In dieser Studie lag die
erste Saison mit 25% eindeutig an der Spitze. Betrachtet man die
erste Saison aber genauer, so stellt sich heraus, dass das
Unfallrisiko erst nach dem 10. Tag Fahrpraxis mit 81% der Befragten
deutlich ansteigt. Das Fahrkönnen der untersuchten Fahrer lag mit
71% sportlicher Fahrer oder Experten auf einem sehr hohen Niveau.
Trotz dieses hohen Niveaus führten nur 48% ein Aufwärmtraining
durch. Dies ist umso verwunderlicher, da die Mehrzahl der Befragten
aktive Rennläufer waren. Da der Snowboarder eine schräge Position
auf seinem Sportgerät einnimmt stellt sich die Frage ob sich ein
Snowboarder bevorzugt Verletzungen auf einer Seite zuzieht. In 64%
der Fälle war die in Fahrtrichtung vorne liegende Seite betroffen
und nur in 25% der Fälle die in Fahrtrichtung hinten liegende
Seite. Der Rest mit 11% konnte keine Angaben bezüglich der
Lateralität machen. Sehr interessante Ergebnisse lieferte die
Untersuchung der eingesetzten Schutzkleidung. Nur in 38% der Fälle
kam überhaupt Schutzkleidung zum Einsatz. Bemerkenswert ist die
Tatsache, dass nur in zwei Fällen es zu einer Verletzung an einem
geschützten Körperteil gekommen ist. Hieraus lässt sich
schlussfolgern, dass die zur Verfügung stehende Schutzkleidung
vermehrt eingesetzt werden sollte. Die Industrie ist aufgefordert
diesem Bereich vermehrt ihr Augenmerk zu schenken. Bei den äußeren
Bedingungen standen insbesondere schlechte Schneearten (Altschnee
31%, Eis 31%) im Vordergrund. Die Annahme, dass Verletzungen
bevorzugt bei schlechtem Wetter vorkommen bestätigte sich nicht.
65% der Verletzungen passierten bei Sonne und guter Sicht. Bei den
Verletzungsmechanismen standen die „Frontside-Stürze“ mit 43% im
Vordergrund, gefolgt von den „Backside-Stürzen“ mit 24% und den
Stürzen nach einem „Sprung“ mit 28%. Eher selten waren Stürze beim
Liftfahren mit 4%. In 20% der Fälle kam es zu Kollisionsunfällen
(11% mit festem Gegenstand, 7% mit einem Skifahrer und 2% mit einem
anderen Snowboarder). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im
Kollektiv sehr viele aktive Rennläufer erfasst wurden welche häufig
Kontakt mit Slalomstangen haben (11% Kollisionen mit festem
Gegenstand). Einen signifikanten Zusammenhang zwischen verletzter
Körperregion und verwendetem Boardtyp gab es nicht. Ebenso nicht
zwischen verwendetem Schuhtyp und verletzter Körperregion. Bei der
Untersuchung der verletzten Körperregion in Abhängigkeit vom
Fahrzustand ergaben sich ebenfalls keine signifikanten Ergebnisse.
Tendenziell überwiegen die Verletzungen der unteren Extremitäten
bei Stürzen über die Frontside- Kante mehr als bei Stürzen über die
Backside-Kante. Bei den Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen waren
die Fallzahlen zu klein um vernünftige Aussagen treffen zu können.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass zukünftig eine verbesserte
Schulung der Snowboardanfänger und verbesserte Schutzkleidung ins
Zentrum des Interesses rücken sollte um die Anzahl der Verletzten
möglichst klein zu halten.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: