Rezension: Zugezogen Maskulin – Alles Brennt

Rezension: Zugezogen Maskulin – Alles Brennt

Die ehemaligen Kinder vom Dorf, Grim104 und Testo, wohnen mittlerweile im großen Berlin und nennen sich Zugezogen Maskulin. Die beiden Rapper bringen am 13. Februar ihr neues Album „Alles brennt“ heraus. Eine Plattenkritik von Felix Sievers.
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Beschreibung

vor 9 Jahren
Die ehemaligen Kinder vom Dorf, Grim104 und Testo, wohnen
mittlerweile im großen Berlin und nennen sich Zugezogen Maskulin.
Der Name ist eine Anspielung auf die Berliner Rap-Kombos Westberlin
Maskulin (Klassiker) und Südberlin Maskulin (ziemlich bescheiden).
Die beiden Rapper machen schon seit einigen Jahren gemeinsam Musik
und bringen am 13. Februar ihr neues Album „Alles brennt“ heraus.
Obwohl sie online bereits ein Album und ein Mixtape veröffentlicht
haben, fühlt sich das Album doch wie ihr Debüt an. Vermutlich weil
ihre vorherigen Releases bisher ohne große Promotion einfach
kostenfrei online veröffentlicht wurden und keine nennenswerte
Medienresonanz bekommen haben. Doch spätestens nach dem großen
Feuilleton-Hype, ausgelöst durch die EP von Grim104 im vergangenen
Jahr, sind er und Zugezogenen Maskulin auf dem Radar aufgetaucht.
Obwohl es aufgrund des Hypes uncool sein könnte, muss ich
klarstellen: „Grim104“ ist für mich eines der besten Releases des
letzten Jahres. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an das
gemeinsame Album mit Testo – zugegebenermaßen eine schwierige
Ausgangssituation, um eine euphorische Review über das Album zu
schreiben. Das „wichtige“ formale Kriterium für ein Rap-Album haben
sie schon mal eingehalten: Mit 12 Songs liegen sie im Bereich der
perfekten Anzahl von Albumtiteln – die liegt nämlich zwischen 10
bis 14 Tracks. Thematisch geht’s im Gegensatz zur „Grim104“-EP
nicht um verrückte Geschichten rund ums Dorfleben. Eine wichtige
Rolle spielt auf diesem Album diesmal die Großstadt: Songs wie
„Schiffbruch“, „Oranienplatz“ oder auch „Agenturensohn“ drehen sich
beispielsweise um das Leben in Berlin und behandeln Themen wie die
Gentrifizierung, die Arbeit in einer Berliner Agentur und
unerfüllte Wünsche und Erwartungen an das Big City Life. Inhaltlich
werden dabei reihenweise gesellschaftliche und politische
Missstände in den wütenden Texten verarbeitet. Ihre linkspolitische
Einstellung lassen sie bei der Kritik auch immer wieder
durchblicken – dabei haben sie es nicht nötig zu beweisen, wie
krass politisch sie sind, sondern sagen trocken, was ihnen nicht
passt. Meist mit einer ordentlichen Portion Ironie und Sarkasmus.
Fans von K.I.Z. wird das bekannt vorkommen. Allerdings handelt es
sich bei Zugezogen Maskulin nicht um einen einfachen K.I.Z.-Klon.
Dafür ist ihr Ansatz zu ernsthaft und aggressiv. Trotzdem erinnert
Testos Flow in manchen Momenten an Maxim (von K.I.Z.). Grims Art
ist da noch eigenständiger. Er macht seinem wahnsinnigen Image alle
Ehre und flowt wie ein Verrückter durch die Songs. Wenn sich dabei
seine Stimme überschlägt, macht das richtig Spaß. Technisch rappen
beide auf sehr hohem Niveau. Durch ihre unterschiedlichen Stile
wird das Album besonders unterhaltsam. Trotzdem hakt es manchmal an
den Texten der Jungs. Statt der üblichen Abgedroschenheiten wären
tiefergehende kritische Auseinandersetzungen spannend. Schließlich
hat über die Hipster aus der Großstadt doch wirklich jeder schon
mal rumgemeckert. Insgesamt gibt es auf dem Album also eine
ordentliche Kritikschelle von zwei wütenden MCs auf Beats, die vor
Trap-Anleihen nur so strotzen. Ob ich das Album nach einem Jahr
immer noch so häufig hören kann, wie es bei der EP von Grim der
Fall war, weiß ich noch nicht. Doch wie es im Refrain von „Alles
brennt“ heißt: „Alles in uns brennt / In euch brennt's, in uns
brennt's / Ihr seid keine Fans - wir sind eine Gang“. Ich fühle
mich als Teil der Gang und bin sicher, dass die beiden Jungs hier
ein Album abgeliefert haben, das ich jedem Rap-Fan ans Herz legen
kann – unbedingt auschecken!

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